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Das Hinspiel-Derby gewann Union 1:0 gegen Hertha - damals noch vor Zuschauern in der Alten Försterei.

© REUTERS/Annegret Hilse

Chaos bei Hertha, Ruhe bei Union: Fußball-Berlin ist eine Stadt der Extreme

Hertha und Union lassen sich nicht erst seit den Windhorst-Millionen kaum vergleichen. Ein bisschen mehr Ruhe täte aber auch Hertha gut. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Julian Graeber

Die vergangenen Tage waren gewissermaßen eine kleine Reise in die Vergangenheit. In eine Zeit, als Berlin nur einen Klub in der Fußball-Bundesliga hatte. Hertha hier, Hertha dort, Hertha überall. Dass der 1. FC Union mittlerweile nicht nur ebenfalls erstklassig ist, sondern in der Tabelle sogar vor dem Big City Club in spe steht, konnte man bei all dem Chaos um den Rücktritt von Jürgen Klinsmann fast vergessen.

Viele Vereine würde es verrückt machen, in der öffentlichen Wahrnehmung so in den Hintergrund gedrängt zu werden. Bei Aufsteiger Union ist das eher nicht der Fall. Denn der wichtigste Schlüssel zum bisherigen Erfolg in den anderthalb Jahren unter Urs Fischer ist die Ruhe – und die war seit dem Aufstieg nie so groß wie in den vergangenen Tagen.

Während Hertha zuletzt eher wie ein Unterhaltungsbetrieb mit angeschlossener Fußballabteilung wirkte, wird bei Union nur über Sport gesprochen. Wichtige Entscheidungen wie die Vertragsverlängerungen von Manager Oliver Ruhnert oder Stürmer Sebastian Andersson werden ohne großes Tamtam vermeldet, aus der Mannschaft dringt nichts nach außen und die Tabellensituation stimmt auch. Dass dabei die Unterhaltung für Außenstehende manchmal etwas kurz kommt, nimmt der Klub gerne in Kauf.

Natürlich sind Hertha und Union sehr unterschiedlich. Die Charlottenburger sind ein etablierter Bundesligist und hatten auch ohne die Windhorst-Millionen schon einen ganz anderen Anspruch als der Aufsteiger. Das Umfeld ist unruhiger, auch der mediale Druck ist größer – und das wird bei all den europäischen Träumen in Zukunft eher noch mehr.

Während die Fans bei Union auch nach einem 0:5 gegen Dortmund noch singen, fühlt sich eine Heimniederlage von Hertha gegen Mainz schon wie ein halber Weltuntergang an.

Vergleichen lassen sich beide Klubs deshalb kaum. Ein bisschen mehr Ruhe täte Hertha aber sicherlich gut – und für diese Erkenntnis muss der Klub nicht mal nach Köpenick gucken. Unter Pal Dardai hat Hertha mit dieser Devise jahrelang solide gearbeitet. Das war phasenweise vielleicht langweilig, aber allemal erfolgreicher als das Chaos der vergangenen Tage, Wochen und Monate.

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