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Geht doch mit dem Baggern. Volleys-Außenangreifer Adam White hat sich in die Mannschaft gespielt. Der Australier verdrängte sogar Robert Kromm.

© Kai-Uwe Heinrich

Champions League: BR Volleys: Adam White ist plötzlich Hoffnungsträger

Die Volleys setzen im entscheidenden Champions-League-Spiel auf Adam White. Der hatte vor wenigen Wochen noch den Zorn des Managers auf sich gezogen.

Es ist gleichermaßen das Gemeine wie das Schöne im Sport: Dass es so schnell gehen kann. Dass man der Buhmann, die Lachnummer, der Verlierer oder was auch immer sein kann und wenige Wochen, Tage und manchmal sogar nur Momente später hat sich alles gedreht. Keiner lacht mehr, plötzlich ist man ein Held. Bis das nächste Spiel wieder alles ins Gegenteil verkehrt. Im Falle von Adam White ist es aber noch nicht so weit. Am Dienstag, einen Tag vor dem so wichtigen Champions-League-Spiel gegen den polnischen Vertreter Jastrzebski Wegiel in der Berliner Max-Schmeling-Halle (20 Uhr), sagt der Außenangreifer der BR Volleys: „Ich bin glücklich, dass es gerade so gut läuft.“

Das war vor wenigen Monaten noch anders. Ende November vergangenen Jahres schlurfte der Australier vom Parkett der Schmeling-Halle in Richtung Umkleidekabine. Und wenn so ein 2,03-Meter-Riese Schultern und Kopf hängen lässt, dann macht das einen besonders mitleiderregenden Eindruck. White hatte mit dem Volleyball-Bundesligisten BR Volleys mal wieder ein Spiel verloren, das Pokal-Viertelfinale gegen den TSV Herrsching. White war eingewechselt worden und mit ihm spielten die Volleys besser, aber nicht so gut, dass es für einen Sieg reichen sollte. Was den Abend für den Spieler der Volleys niederschmetternd gemacht haben dürfte, waren die Aussagen von Kaweh Niroomand. Der Manager der BR Volleys ist ein emotionaler Mensch, und es gibt Momente unmittelbar nach Niederlagen, da sagt Niroomand manchmal Dinge, die eher einem Zörnchen denn austarierter Überlegung entspringen. Und so diktierte er an jenem Novemberabend den Reportern in den Block, dass er sich von White schon die ganze Saison über viel mehr erwartet habe, dieser schlecht in der Annahme sei und er sich so langsam frage, warum ihm dieser Spieler von mehreren Personen im Klub empfohlen worden sei. Es war dies ein brutal schlechtes Zwischenzeugnis des Klubchefs für seinen Angestellten; und es machte die Sache für White bestimmt nicht besser, dass Niroomand sein Missfallen derart laut hinausposaunte.

Oder vielleicht doch? Denn diese Frage stellt sich, seit White die Wandlung vom Buhmann zum Helden vollzogen hat. „Der Manager war unzufrieden“, sagt White. „Aber das war ich mit mir auch.“ Inzwischen ist bei den Volleys niemand mehr unzufrieden mit dem Spieler, der vor dieser Saison vom französischen Klub Tours VB zu den Berlinern gewechselt war – auf Anraten des vor wenigen Wochen gefeuerten Volleys-Trainers Luke Reynolds. „Es fühlt sich einfach großartig an, wenn man so hart arbeitet und dann auch in der Startformation steht“, sagt White.

"An Robert kommen wir nicht vorbei"

Paradoxerweise fand White mit dem Ende seines Förderers Reynolds den Weg in die Startformation der Volleys. Der neuer Trainer Stelian Moculescu ist ein Mann, der so viele Jahre und Erfolge im Volleyball auf dem Buckel hat, dass er offenbar keine Angst hat, Dinge in Frage zu stellen, die im Grunde als unantastbar gelten. So haben sich bei den Volleys in den vergangenen Jahren die Angreifer Paul Carroll und Robert Kromm wegen ihrer charakterlichen und spielerischen Vorzüge zu den Stützen der Mannschaft entwickelt. Kromm ist der Kapitän, der in seiner langen Karriere im Volleyball ziemliche jede Situation schon einmal erlebt hat und von dessen Erfahrung die Volleys oft profitiert haben. Kromm aber kämpfte in dieser Saison mit seiner Form, der junge Reynolds traute sich aber nicht, den 33-Jährigen aus der Mannschaft zu nehmen. Moculescu tut dies – der Profiteur ist White. „Stelian Moculescu hat über so viele Jahre auf höchstem Level Volleyball trainiert“, sagt White, „vielleicht versteht er das Spiel noch ein bisschen besser als Luke Reynolds.“

Selbst Whites ärgster Kritiker, Manager Niroomand, sagt inzwischen über den 28-Jährigen. „Er macht das gut. Aber er kann es noch besser. Wir haben einfach sehr große Erwartungen an ihn.“ Die hat Niroomand auch an seinen langjährigen Kapitän Kromm, den er sportlich längst nicht abgeschrieben hat. „Wenn wir Deutscher Meister werden wollen, werden wir an Robert nicht vorbeikommen“, sagt Niroomand. „Es ist ja oft so, dass wenn die Wohlfühloase aufgebrochen wird, eine Qualitätssteigerung erfolgt.“

Der 65-Jährige hat dies schon öfter beobachtet. Zuletzt im November vergangenen Jahres, als er einen Spieler öffentlich an den Pranger stellte, der wenige Wochen später ein Hoffnungsträger des Teams geworden ist: der Australier Adam White. Gut möglich daher, dass Niroomand in wenigen Wochen wieder froh sein wird um seinen dann vielleicht wiedererstarkten Kapitän.

Vorher aber müssen die Volleys ihr letztes Champions-League-Gruppenspiel gegen Jastrzebski Wegiel mit mindestens einem 3:1-Satzerfolg gewinnen, um in die nächste Runde einzuziehen. Der Mann, der den Unterschied ausmachen kann, ist vielleicht Adam White. „Ich habe meinen Rhythmus hier gefunden“, sagt er. „Ich bin voll fokussiert.“

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