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Höher gings nicht. Mit 700 000 Euro Ablöse war Flügelstürmer Moritz Stoppelkamp Paderborns teuerster Neuzugang.

© Reuters

Bundesliga-Saisonvorschau (1): SC Paderborn: "Krassester Außenseiter der Ligageschichte"

Am 22. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 52. Saison. In unserer Vorschau testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 1: SC Paderborn.

Was hat sich verbessert beim SC Paderborn?

Der Mond ist im Mai auf die Erde gekracht. So weit sei der SC Paderborn von der Bundesliga entfernt gewesen, sagte Präsident Wilfried Finke nach dem Aufstieg. Der Verein hat eine Mondlandung hingelegt, die Verschwörungstheoretiker noch unglaubwürdiger finden als 1969. Trainer André Breitenreiter nennt den 53. Bundesligisten den „krassesten Außenseiter der Ligageschichte“. Der Etat ist mit 34 Millionen Euro der kleinste aller 18 Klubs, aber das war schon in der Zweiten Liga meist so. Der sensationelle Aufstieg ist in erster Linie zum Schuldenabbau und für die Wimpelsammlung im Vereinsheim gut, jeder Punktgewinn wäre fast eine Planübererfüllung.

Wer sind die Stars des SC Paderborn?

Wie bitte, Stars? In Paderborn? Wer soll denn die bezahlen? Der Marktwert des gesamten Kaders beträgt geschätzte 20 Millionen Euro, etwas weniger als der eines Beins von Mario Götze. „Wir spielen in der Liga des Weltmeisters“, sagt Trainer Breitenreiter, dass der Verein die Spieler dahin mitnehme, sei ein Privileg. Selbst für Zweitliga-Torschützenkönig Mahir Saglik (15 Treffer), Freistoßkünstler Alban Meha (zwölf Tore) und Kapitän Uwe Hünemeier. Einige Profis kickten vor kurzem noch in der Landes- oder Bezirksliga, bevor der Klub sie entdeckte. Ein Star ist nicht mal der teuerste Transfer Moritz Stoppelkamp, der für 700 000 Euro von 1860 München kam.

Wer hat das Sagen beim SC Paderborn?

Von seinem XXL-Schreibtisch hat Präsident Wilfried Finke alles im Blick: das Stadion direkt gegenüber, seine Möbelhauskette und den Verein, den er in 17 Jahren von der Regional- in die Bundesliga führte. Finke ist ein klassischer Mäzen, der das Geld vor dem Ausschütten vorher abzählt, aber alle Fäden stramm über seinen Tisch spannt und sich rühmt, Spieler- und Trainertalente wie den heutigen Berliner Jos Luhukay und den jetzigen Leverkusener Roger Schmidt selbst entdeckt zu haben.

Das wird auch bis zu seinem Rückzug im November 2015 so bleiben. In seinem Schatten glänzt der sportliche Leiter Michael Born, den Finke schon mal entließ und wieder einstellte, mit klugen Transfers und Vertragsverlängerungen. Und Trainer Breitenreiter, in Havelse entdeckt, ließ die Mannschaft mit mutigem Offensivfußball zum Aufstieg stürmen. Für die Erste Liga hat der 40-Jährige eine Jobgarantie. Von ganz oben, also von Finke.

Was erwarten die Fans vom SC Paderborn?

Ruhige Freitagabende. Die Gespräche mit den Stadionanwohnern, die gegen Lärm nach 22 Uhr geklagt hatten, liefen bisher ergebnislos. Die ersten Bundesligaspiele der Vereinsgeschichte werden also bis auf Weiteres samstags und sonntags stattfinden. Dabei ist es selten laut. Viele Zuschauer nutzen bei der An- und Abfahrt die 1900 Fahrradstellplätze. Die meisten der 150 000 Einwohner Paderborns sind aber so euphorisch, wie es Ostwestfalen nur sein können. Es soll sogar nach Dortmund- und Schalke-Bars erste Paderborn-Fankneipen in der Stadt geben. Obwohl der Verein die Dauerkartenpreise um bis zu 90 Prozent erhöht hat, konnte er die teuersten Abo-Tickets der Bundesliga allesamt verkaufen. In den vergangenen zehn Jahren war das Stadion zehn Mal ausverkauft, das dürfte nun zum Dauerzustand werden. Es sei denn, man müsste doch irgendwann freitags spielen und dafür ins Stadion des Erzrivalen nach Bielefeld umziehen.

Was ist in dieser Saison möglich für den SC Paderborn?

Es gibt zwei Szenarien: In der ersten Variante, Modell Fürth oder Braunschweig, dümpelt Paderborn weitgehend chancenlos am Tabellenende herum, bis auch dem Letzten die Lust auf Bundesliga vergeht. Weitaus freundlicher klingt das Modell Augsburg: Entgegen allen Prognosen etabliert sich der Abstiegskandidat Nummer eins in der Liga. Breitenreiter hat als Spieler Ähnliches in Unterhaching erlebt, mit Paderborn sei es „nicht ausgeschlossen, dass wir für Überraschungen sorgen, die zum Klassenerhalt reichen können“. Man werde „keinen Mauerfußball spielen“. Überraschen oder untergehen also. Alle Testspiele gegen höherklassige Gegner gingen bisher verloren. Wer sein Geld gerne auf Außenseiter platziert, sollte diesmal vorsichtig sein: Anders als zu Robert Hoyzers Zeiten ist Paderborn keine sichere Wette mehr.

Und sonst?

Neben Außenseiterlyrik gibt es auch forsche Prosa aus Paderborn. „Ein Nico Burchert versucht sich immer, an dem Maximalen zu orientierten“, sagt der Ersatztorwart in einem Video, das im Internet kursiert. „Das sollte unser Ziel sein, ganz oben mitzuspielen.“ Was anmaßend klingt, ist eine gelungene Parodie auf Oliver Kahn, entstanden bei einer Interviewschulung:

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Wenn es mit der Bundesliga also nicht klappt, kann ein Nico Burchert als Titandouble beim ZDF anfangen.

Morgen Folge 2: 1. FC Köln

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