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Nachdenklich: Bruno Labbadia sucht eine neue Hierarchie bei Hertha.

© Andreas Gora/dpa

Bruno Labbadia sucht die neue Hierarchie: Wer sind die neuen Chefs bei Hertha BSC?

Hertha BSC beginnt wieder mit dem Training. Coach Bruno Labbadia fahndet schon einmal nach neuen Führungspersönlichkeiten.

Bevor es für die Fußballprofis von Hertha BSC das erste Mal nach der vierwöchigen Pause mit dem Ball raus auf den Rasen ging, wollte Bruno Labbadia noch ein paar Worte an sie richten. Einer seiner zentralen Punkt für die mehrwöchige Vorbereitung auf die kommende Bundesligaspielzeit wird das Thema Eigenverantwortung sein.

Der 54-jährige Trainer erzählte seinen Spielern am Dienstagvormittag eine Geschichte aus ihrem direkten Umfeld. Zwei Klubmitarbeiter hätten sich in den vergangenen vier Wochen hervorgetan und sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. 52 Aufgaben hätte man ihnen gestellt, sie hätten sie in mehren Tag- und 13 Nachtschichten zu aller Zufriedenheit abgearbeitet.

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Sie hätten in dieser Zeit auf Vieles verzichtet. Ihre Namen nannte Labbadia nicht, aber sie hätten in bester und beispielhafter Weise Eigenverantwortung gezeigt. „Das wollte ich meinen Spielern heute vor dem Start noch mit auf den Weg geben“, erzählte Labbadia in einer kleinen Medienrunde und sagte: „Das sollen meine Spieler wissen, was hier für sie getan wird.“

Am Dienstagabend sollten noch die Matratzen kommen. Dann wird es vollbracht sein. „Wir haben für alle Spieler hier Schlafplätze geschaffen“, erzählte Herthas Trainer. Er und sein Trainerteam hätten aus verschiedenen Gründen auf ein auswärtiges Trainingslager verzichtet, dafür aber den Wunsch hinterlegt, auf dem Vereinsgelände adäquate Bedingungen zu schaffen. „Wir werden hier lange Tage verbringen mit Frühstück und Mittagessen, zwischen den Einheiten können die Spieler ruhen“, sagt Labbadia.

„Wir wollen überall besser werden“, sagte der Trainer, als er auf das Saisonziel angesprochen wurde. „Das ist doch klar, wir wollen besser abschneiden als vergangene Saison.“ Einen konkreten Tabellenplatz nannte der Trainer nicht, auch formulierte er nicht expliziert das Ziel Europa.

Aber genau daran wird Hertha gemessen werden. Und das nicht nur von den Fans. Spätestens mit der erneuten Aufstockung seines finanziellen Engagements über seine Tennor Holding durch Investor Lars Windhorst sind die Ansprüche an Herthas Führung andere geworden. Bis in den Herbst hinein wird Windhorst dann 374 Millionen Euro (für 66,6 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KgaA) investiert haben. Windhorst erwartet sichtbare sportliche Fortschritte. Jetzt.

Sieben Spieler, darunter Führungsfiguren, haben den Verein verlassen

Vor ziemlich genau einem Jahr war Windhorst mit zunächst 125 Millionen Euro eingestiegen, doch der erhoffte Aufschwung unter dem neuen Trainer Ante Covic blieb aus. Im Gegenteil, dessen Nachfolger, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri, konnten den Maximalabsturz verhindern.

Nach teilweise chaotischen Momenten hatte Hertha erst unter Labbadia gerade noch so die Kurve gekriegt und war am Ende auf Platz zehn gelandet. Die Bilanz ist ernüchternd: Hertha ist im Jahr eins nach Trainer Pal Dardai sportlich nicht voran gekommen und steht in der Abschlusstabelle nur dank eines besseren Torverhältnisses vor dem Stadtrivalen 1. FC Union.

Aufgalopp: Herthas Profis sind wieder unterwegs.
Aufgalopp: Herthas Profis sind wieder unterwegs.

© Matthias Koch/Imago

Inzwischen haben sieben Spieler den Verein verlassen, darunter Führungsfiguren wie Vedad Ibisevic und Per Skjelbred, die die Gruppe stark beeinflusst und geprägt haben. Die Mannschaft wird eine neue Hierarchie brauchen und mithin eine neue Achse auf dem Feld. „Wir haben eine funktionierende Achse verloren, wir müssen eine neu aufbauen“, sagte Labbadia.

Einer, der dafür in Frage kommt, ist der Franzose Lucas Tousart, der bisher einzige Neuzugang. Weitere werden folgen. Man müsse eine neue Struktur aufbauen, und man müsse bei den Transfers eine richtige Auswahl treffen. Das Problem daran sei, dass „die Spieler, die man gut findet, auch andere gut finden“, erzählte Labbadia.

„Unsere Ansprüche sind hoch“

Der Transfermarkt werde coronavirus-bedingt ein anderer sein, er wird auch bis Oktober geöffnet bleiben. „Was wir jetzt machen, wird die Geschicke der kommenden zwei, drei bis fünf Jahre mitbestimmen“, sagte Labbadia. Der Verein müsse dabei aufpassen, dass die Transfers nicht das Gehaltsgefüge sprengten, „und wir uns dann in ein paar Jahren fragen, was haben wir denn hier gemacht?, so Labbadia. „ Ich weiß aus eigenen Erfahrung: Im Sommer werden die meisten Fehler gemacht.“

Bei der Auswahl neuer Spieler setzt Herthas Trainer vor allem auf Qualität. „Lieber verzichte ich auf ein, zwei Spieler, investiere dafür aber in Qualität.“ Dabei sei auch wichtig, inwiefern er selbst die jungen und entwicklungsfähigen Spieler, über die Hertha verfügt und auf die Labbadia auch setzt, besser macht.

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Beispielsweise wolle Hertha einen Torwart verpflichten, der nicht nur in Konkurrenz zu Stammtorhüter Rune Jarstein treten, sondern „der auch eine Nummer eins sein kann“, sagte Labbadia. „Wir suchen keine Nummer zwei“, das gelte auch für alle anderen Planstellen. „Unsere Ansprüche sind hoch.“

Natürlich hätte er diese Spieler gern schon jetzt in der Vorbereitung dabei, aber es könne sich auch ziehen. Die nächsten Einheiten wird Bruno Labbadia also erst einmal mit jenen 19 Feldspielern und drei Torhütern angehen, die am Dienstag auf dem Trainingsplatz waren. Dazu kommen noch Ondrej Duda, Niklas Stark und Santiago Ascacibar, die erst in ein paar Tagen einsteigen können.

Von nun an erwartet Herthas Trainer bei der täglichen Arbeit eine hohe Eigenverantwortung, eine persönliche Bereitschaft und Willigkeit, besser für sich und für das Team werden zu wollen. Wer das nicht aufbringe, sei am falschen Platz, „dann müssen wir eine Lösung finden“.

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