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Marcin Polak (links) und Michal Ladosz hatten Bronze gewonnen.

© Imago

Dopingverdacht bei den Paralympics: Bronze-Gewinner vorläufig suspendiert

Den Paralympics droht der erste Dopingfall. In der Pandemie wurden die Kontrollen teilweise eingestellt. Das deutsche Team wurde seit März wieder getestet.

Den Paralympics in Tokio droht ihr erster Dopingfall. Der polnische Bahnradfahrer Marcin Polak, der zuvor die Bronzemedaille gewonnen hatte, wurde nach einem positiven Dopingtest am Freitag vorläufig suspendiert. Polak, der in der 4000-Meter-Einzelverfolgung der Männer an der Seite seines Piloten Michal Ladosz Dritter wurde, wurde positiv auf den verbotenen Blutbooster Epo getestet. „Der Fahrer wurde bis zur endgültigen Entscheidung der Angelegenheit vorläufig suspendiert“, schrieb die International Cycling Union (UCI) in einer Erklärung.

Während der Corona-Pandemie waren Dopingkontrollen unter Kontaktbeschränkungen nur schwer möglich. Zu Beginn der Pandemie stellte die Nationale Antidoping-Agentur (Nada) in Deutschland für zwei Monate ihre Testbesuche komplett ein. Im Anschluss war es den Sportlerinnen und Sportlern noch länger möglich, Kontrollen durch die Angabe vermuteter Covid-19-Symptome abzusagen. Der Versuch, unter Einhaltung der Hygienevorschriften die Ansteckungsgefahr zu minimieren, führte weltweit zu einer geschwächten Garantiemöglichkeit für den sauberen Sport.

Im Bericht der Nada werden für das vergangene Jahr 129 Proben von Para-Sportlerinnen und -Sportlern aufgeführt, 2019 waren es 293. In diesem Jahr fand das Testprogramm im Hinblick auf die Paralympics dann „planmäßig und auf einem gewohnt hohen Niveau“ statt, wie die Nada vergangene Woche berichtete. Bei den 133 deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Paralympics sowie den benannten Guides wurden seit März 140 Kontrollen vollzogen. Zusätzlich zu den Urinproben wurden in 28 Fällen auch Blut entnommen. 96 Proben wurden in die Langzeitlagerung überführt und können bis zum Jahr 2031 erneut analysiert werden.

Die Nada startete Remote-Testungen

Die Nada war im vergangenen Jahr auf so genannte Remote-Testungen umgestiegen und startete das Pilotprojekt „Dried Blood Spot (DBS)“. Die freiwillig teilnehmenden Athletinnen und Athleten, die unter anderem dem Perspektivkader für die Olympischen Spiele angehörten, bekamen ein Testkit zur Bluttropfenentnahme zugesandt. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt erhielten sie einen Videoanruf und führten den Test unter Aufsicht durch. Im Anti-Doping-Labor in Köln wurde das Blut anschließend untersucht. Da das DBS-Verfahren noch nicht lizensiert war, hatten die Sportlerinnen und Sportler keine Konsequenzen zu befürchten. Zu Olympia und den Paralympics 2022 in Peking ist die Methode nun offiziell anerkannt.

Von einer Vervielfachung der Dopingfälle ging Michael Cepic trotz der weltweiten Kontrollpause aber nicht aus. „Du kannst nicht drei, vier Wochen reinhauen und dann glauben, das fällt nicht auf“, sagte der Chef der österreichischen Antidoping-Agentur zum ORF. Sorgen bereite ihm allerdings „das Russische Modell“ – ein Mikrodosingmix aus anabolen Steroiden, der – zumindest momentan – kaum nachzuweisen sei.

Rund 30 Athleten wurden in den letzten Jahren gesperrt

Was generell unter die verbotenen Substanzen fällt, ist im Para-Sport nicht immer ganz eindeutig. Viele Paralympics-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer benötigen bestimmte Medikationen von der Dopingliste zur Behandlung ihrer Beeinträchtigungen und besitzen dafür Ausnahmegenehmigungen. Deutlich höhere Zahlen an zurückgenommenen Positivtestungen im Vergleich zu Olympia sind eine der Folgen. Hinzu kommen Methoden wie das 1994 verbotene Boosting: Querschnittgelähmte erhöhen ihre Belastungsfähigkeit durch eine Herzfrequenzsteigerung, in dem sie sich an Stellen, an denen sie nichts empfinden, Schmerzen zufügen.

Rund 30 Athletinnen und Athleten wurden in den vergangenen drei Jahren weltweit wegen Dopingvergehen mit Sperren belegt, wie das Internationale Paralympische Komitee vermeldete – von Meldeversäumnissen über Cannabiskonsum bis hin zu Epo und der Einnahme von Muskelaufbaupräparaten war alles dabei. Im Gewichtheben häuften sich die Fälle – aber auch im Para-Eishockey oder beim Marathonlauf wurde gedopt. Die letzten Anschuldigungen in Deutschland liegen zehn Jahre zurück, als im Para-Tischtennis in fünf Fällen ein Maskierungsmittel nachgewiesen wurde, das verbotene Substanzen im Körper verschleiern kann.

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Das 2014 vom Staatsdoping erschütterte Team der Russen war bei den letzten Sommerspielen in Rio ausgeschlossen worden. In Tokio ist es nun wieder mit mehr als 200 Teilnehmenden vertreten – allerdings wie schon bei den Olympischen Spielen unter neutraler Flagge. Dieser Bann gilt für die Russen, denen zwischen 2012 und 2015 in 35 Fällen im Para-Sport Doping nachgewiesen wurde, bis Ende 2022.

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier,

Lilith Diringer

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