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Die Siegerehrung nach dem Landespokalfinale musste aufgrund der Randale abgebrochen werden.

© Jan Kuppert/dpa

Randale beim Landespokalfinale: Brandschaden in Babelsbergs Seele

Nach den Ausschreitungen beim 0:1 von Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus hat die Aufarbeitung begonnen. "Das sind keine Fußballfans", sagt der DFB.

Da ist etwas kaputt gegangen an diesem Abend in Babelsberg. Als nach der 0:1-Niederlage des SV Babelsberg 03 im Fußball-Landespokalfinale gegen Energie Cottbus Böller und Rauchbomben auf den Rasen flogen, wurde ein Tabu gebrochen. Der Rasen galt bislang als heilig. „Hört auf mit dem Scheiß“, rief Stadionsprecher Thoralf Hintze. Doch die Dummheit war nicht empfänglich für die Vernunft. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat die Ausschreitungen nun am Mittwoch scharf verurteilt. „Einigen Besuchern ging es leider in keiner Weise um Fußball. Das sind keine Fußballfans, wir werden uns von ihnen den Finaltag der Amateure nicht kaputtmachen lassen“, sagte der für den Amateurfußball zuständige DFB-Vizepräsident Rainer Koch in einer veröffentlichten Erklärung.

Am Montag war es in mehreren Finalspielen zu Randale gekommen. Beim Spiel zwischen Babelsberg und Cottbus musste aus Sicherheitsgründen die Siegerehrung vertagt werden. Am Tag nach dem Landespokalfinale hatte die Aufarbeitung der Randale begonnen. „Und sie wird noch eine Weile dauern“, sagte Christian Lippold, Sicherheitsbeauftragter des SV Babelsberg 03. „Derzeit sind wir dabei, Videomaterial zu sammeln, das dann gemeinsam mit der Polizei ausgewertet wird.“ Insgesamt waren bei der als Hochrisikospiel eingestuften Partie gegen Cottbus 500 Polizisten und 220 Ordner im Einsatz. 9000 Zuschauer waren im Stadion.

Viel Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt

Über fünf Wochen hinweg wurde das Sicherheitskonzept für das Cup-Finale erarbeitet. „Das hat in seinen Grenzen funktioniert“, sagte Lippold. Das große Problem sei letztlich gewesen, dass in massivem Umfang Pyrotechnik ins Karl-Liebknecht-Stadion geschmuggelt wurde. „Als klassischer Reflex heißt es dann immer: Die Kontrollen waren zu lasch“, so Lippold. „Aber dem kann ich bei uns widersprechen.“ Vielmehr sei die Kontrollsituation „intensiver als jemals“ gewesen. In den Tagen vor dem Spiel und am Finaltag wurde das Stadiongelände überwacht, Sprengstoffhunde suchten es ab. „Aber wenn Leute, etwas reinbekommen wollen, dann schaffen sie es auch. Nicht selten geschieht das über Frauen und ältere Menschen“, sagte der SVB-Sicherheitsbeauftragte. Etwa würden die Feuerwerkskörper anal oder im Genitalbereich eingeschleust. „Das können wir aus Persönlichkeitsrechten natürlich nicht kontrollieren.“

Auch sind mitunter Personen, die in den Spieltagsbetrieb eingebunden sind, Helfer. Vor dem Spiel gab es laut Lippold einen Bestechungsversuch bei einem Ordner. „Der hat das sofort gemeldet. Aber denjenigen, der das Geld geboten hatte, konnten wir nicht stellen.“ Auch von einem anderen Versuch, Pyrotechnik auf das Stadion-Areal zu bringen, berichtete er. Vor dem Spiel sei ein Fahrzeug am Stadion vorbeigefahren – aus ihm wurde ein Beutel mit Feuerwerkskörpern über den Zaun geworfen. Dieser wurde beschlagnahmt, das Auto fuhr davon. Es sei „wie bei Räuber und Gendarm“, sagte Lippold: „Wenn Kanäle aufgedeckt werden, über die Dinge reinkommen, dann werden neue entwickelt.“

Cottbusser Anhänger fielen kaum negativ auf

Anders als beim Regionalligaspiel im April 2017, als es im Fanblock des FC Energie Cottbus zu Nazi-Krawallen kam, fielen die Cottbusser Anhänger diesmal kaum negativ auf. Die FCE-Fans hätten sich „hervorragend verhalten“ und sich nicht provozieren lassen, sagte Siegfried Kirschen, Präsident des Fußball-Landesverbandes Brandenburg. Völlig ruhig blieben aber auch sie nicht. Nach den Pyroattacken aus der Babelsberger Nordkurve kochten im Energie-Lager ebenfalls die Emotionen hoch. Eine Gruppe versuchte, ein Zauntor zum Spielfeld aufzudrücken, was Ordner unterbinden konnten.

In Folge der Derby-Ausschreitungen 2017 hatte sich die Initiative „Schon immer die Mehrheit – Energiefans gegen Nazis“ gegründet. Deren Aufkleber sind beispielsweise an diversen Orten Potsdams zu finden. Beim Pokalfinale am Montag hing nun auch erstmalig eine entsprechende Fahne am Zaun vor dem Block. Jedoch nur kurz. Wie Augenzeugen berichteten, wurde sie durch Personen aus dem eigenen Fansektor wieder abgerissen.

Tobias Gutsche

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