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Kann heilsame Wirkung haben_ Gemeinsames Laufen.

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So läuft es: Besser gemeinsam als einsam

Unser Kolumnist hat mit seinem besten Freund schon so manches Leid geteilt. Die gemeinsamen Läufe waren und sind häufig Trostspender.

Früher gab es für mich nichts Schöneres, als alleine zu laufen. Früh am Morgen, wenn die Stadt gerade erwachte, wenn die Sonne aufging. Seit dem vergangenen Wochenende ist das anders. Seit Samstag gibt es nichts, was ich lieber habe als die gemeinsamen Läufe mit meinem besten Freund. Immer schon hatten diese Läufe einen besonderen Stellenwert in meinem Leben, doch nun hat sich noch einmal etwas verändert. Mit nur einem einzigen Lauf. Wir beide mussten die letzten sechs Monate eine Auszeit vom Laufen nehmen. Es gibt viele Dinge, die uns verbinden. Leider seit kurzer Zeit auch die Angst vor dem Tod. Wir sind beide auf unsere Weise vor dem Tod weggelaufen, ohne ihn aus dem Auge zu verlieren. Ich gebe zu, es gibt durchaus schönere Dinge, die Freunde miteinander verbinden können. Wobei, gibt es etwas Besseres, als gemeinsam zurück ins Leben zu laufen? In unserem Fall könnte man es Restlaufzeit nennen. Die Zeit, die uns ab jetzt noch bleibt – und das werden hoffentlich viele Jahre sein – wollen wir gerne mit wunderbaren Lauferlebnissen bestreiten.

Vergangenen Samstag war es für uns beide der erste lange Lauf. Und wir suchten uns eine Strecke aus, die für uns sicher die schönste Strecke der Welt ist. Weil wir auf diesen 18 Kilometern schon so manches Leid geteilt haben und Traurigkeit, Freude, Ärger und viele Emotionen mehr auf dem Weg gelassen haben, um mit freiem Kopf im Ziel anzukommen. Ich nenne sie unsere Gesundstrecke. Wir haben uns in vielen schweren Situationen gesund gelaufen. Und so war es auch dieses Mal. Wir beide wussten nicht, ob wir den Weg schaffen würden, ob wir schon wieder bereit sind, ob unsere Körper durchhalten, unsere Lungen und Herzen die Kraft aufbringen konnten.

Ohne es deutlich auszusprechen starteten wir. Mit leicht wackeligen Beinen. Ein Mix aus Angst, Respekt und doch Vertrauen schlich durch meinen Körper, durch seinen auch, glaube ich. Wir sprachen kaum. Jeder kämpfte – und das war immer schon so – seinen eigenen Kampf. Doch etwas war anders. Ich hängte mich mit vollem Vertrauen hinter meinen besten Freund. Er lief voraus. Ohne es auszusprechen, legte ich mein Vertrauen einfach in seine Füße. Und von Meter zu Meter, von Kilometer zu Kilometer füllte sich mein Körper mit Vertrauen, Kraft und neuem Mut. Das Gesundlaufen ist etwas sehr Privates. Und besonders wichtig für alle die, die lange nicht gelaufen sind. Das Gesundlaufen ist sehr langsam, sehr achtsam. Man achtet auf sich und den anderen. Ich wünsche Ihnen einen Partner, mit dem Sie sich gesundlaufen. Gerade dann, wenn Sie nicht wissen, ob es schon wieder geht. Und auch das nächste Mal will ich gerne einige Meter hinter ihm laufen. Und wenn es nur deshalb ist, weil es mir so gut tut. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

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