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Sport: Berlins vergessene Sieger Vor 50 Jahren wurde der SC Tegel Amateurmeister

Berlin - Wenn die Zeit dafür reif ist, will Volker Behnke seine Gitarre rausholen. Er wird dann auch singen, der Text ist schon geschrieben.

Berlin - Wenn die Zeit dafür reif ist, will Volker Behnke seine Gitarre rausholen. Er wird dann auch singen, der Text ist schon geschrieben. Der besteht im Wesentlichen aus elf Namen: Jürgen Faist, Horst Jahn, Wolfgang Hahn, Rainer Lehmann, Norbert Mrosek, Klaus Bold, Jürgen Schröder, Ingo Stütze, Karl Bölk, Horst Gräbe und Volker Behnke. Zur Melodie von „Griechischer Wein“ ergeben sie die gesungene Mannschaftsaufstellung des SC Tegel.

Behnke will seine alten Mitspieler mit dem Lied überraschen, wenn sie heute zusammenkommen. Vor 50 Jahren wurden sie mit dem SC Tegel deutscher Amateurmeister. Das war bis dahin noch keiner Fußballmannschaft aus Berlin gelungen. Im Endspiel gab es einen überraschenden 1:0-Sieg gegen den Favoriten Tura Bonn.

50 Jahre. Ein halbes Jahrhundert. Viel Zeit ist seitdem vergangen. Volker Behnkes Haar ist mit der Zeit deutlich grauer geworden. Er trägt jetzt eine Brille, und die 100 Meter läuft er auch nicht mehr unter elf Sekunden. So wie damals, als er nach eigener Aussage der schnellste Amateurfußballer Berlins war. Fit ist Behnke noch immer. Er treibt täglich Sport, die Figur ist drahtig. Dazu haben ihn die Vorbereitungen für die Jubiläumsfeier auf Trapp gehalten. Er organisiert sie zum Großteil allein. Den SC Tegel gibt es nicht mehr, nach der Fusion mit dem SC Heiligensee nennt sich der neue Klub jetzt Nordberliner SC. Und von dort erhält er keine Unterstützung, sagt Behnke. Er findet, der Erfolg sei überhaupt in Berlin in Vergessenheit geraten. Aber er will sich dieser Tage nicht ärgern, sondern lieber in der Vergangenheit schwelgen.

An den 30. Juni 1962 erinnert er sich, als wäre es gestern gewesen. Der Flug nach Düsseldorf, das Hotel, der Ausflug in den Wuppertaler Zoo, das Spiel – alles ist Behnke im Gedächtnis geblieben. „Für uns war das etwas Besonderes. Raus aus der geteilten Stadt und dann ein Spiel zu bestreiten vor 12 000 Leuten – einmalig.“ So viele Zuschauer waren gekommen ins Wuppertaler „Stadion am Zoo“. Die Bundesliga wurde erst ein Jahr später eingeführt, Endspiele der bis 1999 ausgetragenen Amateurmeisterschaft waren sehr populär. Die meisten Fans kamen aus dem nahegelegenen Bonn, um ihre Mannschaft siegen zu sehen. Bonn hatte 1962 bis zum Finale kein Spiel verloren, der Sieg gegen die jungen Berliner galt als sicher. Auf dem Siegerkranz war bereits Tura Bonn eingraviert. Die Bonner Überheblichkeit ging soweit, dass Torhüter Schattulat Mitte der zweiten Halbzeit bei einem Freistoß auf die Mauer verzichtete. Ein Fehler. Karl Bölk drosch den Ball ins Tor. „Dem Schattulat haben später noch die Finger gebrannt“, sagt Volker Behnke. Bonn warf anschließend alles nach vorn, aber mit Glück und dem Können von Torwart Jürgen Faist siegte Tegel. Zur Belohnung gab es 200 Mark und ein Abendessen.

Jürgen Faist hat auch heute sein Kommen zugesagt, so wie viele der Tegeler Meistermannschaft. Ein geselliger Tag mit vielen Erinnerungen und alten Freunden soll es werden, sagt Behnke. Und mit einer Überraschung. Einer Gesungenen. Elf Namen, dazu die Melodie des alten Hits von Udo Jürgens. Volker Behnke freut sich schon. Sebastian Stier

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