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Mathias Gidsel ist der aktuell vielleicht beste Handballer der Welt

© Imago/Eibner/

Beim Sieg der Füchse Berlin in Skjern: Mathias Gidsel auf Heimatbesuch

Der Berliner Ausnahme-Handballer ist in Skjern geboren. Am Dienstag spielte er in seiner Heimatstadt mit den Füchsen – und erlebte einen in vielerlei Hinsicht merkwürdigen Abend.

So ruhig war es in der jüngsten Vergangenheit selten, wenn Mathias Gidsel einen Treffer erzielt hat. Besonders nicht in Dänemark. Doch nachdem sich der Nationalspieler den Ball stibitzt und das Spielgerät nach einem kleinen Zwischenspurt erfolgreich im Tor untergebracht hatte, blieb es still. Sicher, Gidsel war mit den Füchsen im Rahmen der European League zu Gast in Skjern, doch zumindest mit vereinzeltem Applaus in seiner Geburtsstadt hatte der 23-Jährige schon gerechnet. Einen Bonus für den dänischen Weltmeister, der zudem zum wertvollsten Spieler des Turniers sowie zum besten Schützen gekürt worden war, gab es indes nicht.

Nicht einmal von seiner Mutter Helle. „Wenn das Spiel losgeht, weiß ich, auf welcher Seite ich stehe. Ich feuere Skjern immer an. Ich bin grün im Herzen”, hatte sie bereits im Vorfeld angekündigt – und hielt Wort. Als Verantwortliche für die VIP-Betreuung und anderer Marketing-Aufgaben des Vereins, den sie bereits seit Jahren begleitet, stand sie an diesem Abend hinter ihrem Arbeitgeber, so wie schon einige Male zuvor, als ihr Sohn mit GOG Gudme zu Gast gewesen ist.

Mathias Gidsel, dessen Vater im Übrigen beim Hauptsponsor von Skjern Handbold arbeitet, schien das alles aber nur noch mehr zu motivieren. Nach nur 46 Sekunden hatte er sich bereits die erste Gelbe Karte verdient, keine Minute später folgte die eingangs beschriebene Spielszene, die mit dem ersten Tor für die Berliner verbunden war. „Wenn du aus Skjern kommst und hier einen Großteil deiner Kindheit verbracht hast, dann ist das ein ganz besonderes Spiel”, sagte Gidsel, der seine ersten Handballschritte in genau der Arena gemacht hat, in der er nun gegen das Publikum anspielen musste.

Trotz der rund 3000 erschienenen dänischen Fans manövrierten sich Gidsel und seine Teamkollegen jedoch überzeugend durch die stimmungsgeladene Halle. Nicht zuletzt, weil der Linkshänder bereits in der ersten Viertelstunde viermal traf. Doch manchmal wollte er auch zu viel. Manchmal waren seine Pässe zu risikobehaftet, manchmal war sein Abschluss zu vorschnell – so wie es ebenfalls bei seinen Nebenmännern bei Zeiten der Fall war, sodass der zwischenzeitige Sechs-Tore-Vorsprung der Berliner in der 51. Minute beim Stand von 22:22 verspielt war, bevor das Pendel wieder umschlug.

„Wir haben wirklich gut angefangen und vor allem in der Defensive überzeugt. Aber in der zweiten Halbzeit wurde es etwas komplizierter. Trotzdem fahren wir mit fünf Toren Vorsprung zurück nach Berlin. Das ist eine gute Ausgangslage für das Rückspiel in einer Woche”, war Gidsel am Ende mit dem 28:23-Endstand zufrieden. Und wenngleich er ein paar Fehler mehr als üblich gemacht hatte, bewies der Rückraumspieler doch, dass das Vertrauen, das man in der Region Midtjylland damals in ihn gesetzt hatte, nicht unbegründet war.

Gidsel galt einst als zu schmächtig für den Profi-Handball

Denn Skjerns aktueller Cheftrainer Claus Hansen hat auch Gidsel einmal trainiert. Er war es, der dem damals wie heute schmächtigen Spieler Mut zusprach, seinen Weg zu gehen, nachdem ihn zuvor viele als körperlich untauglich für den Handballsport abgestempelt hatten. „Mathias erinnert alle, die in der Talententwicklung arbeiten, daran, dass man sehr vorsichtig sein muss, jemanden vorschnell zu beurteilen oder zu stigmatisieren”, sagte Hansen unlängst über seinen einstigen Schützling.

Gidsel fand seinen Weg schließlich über GOG Gudme in die dänische Nationalmannschaft, kann mit seinen 24 Jahren bereits zwei Weltmeistertitel, Silber bei Olympia und Bronze bei der Europameisterschaft vorweisen. Und wenn er mit den Füchsen weiter derartige Erfolge feiert, dürften die nächsten Titel auf Vereinsebene nicht lange auf sich warten lassen.

Als einziges Team haben die Berliner bisher in der European League alle ihre Spiele gewonnen und mit dem Sieg in Skjern einen weiteren Schritt in Richtung Viertelfinale gemacht. Vor dem entscheidenden Rückspiel steht nun allerdings erst einmal das Prestigeduell beim THW Kiel am Sonntag (14 Uhr/Sky) in der Bundesliga bevor. Und da dürften Gidsel dann – wenn auch nur aus der Ferne – wieder einige Menschen mehr aus der Heimat die Daumen drücken.

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