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Der Meister ist ausgerufen. Wie hier von Thomas Müller. Jetzt geht es für die Bayern darum, die Punkte in der Liga nicht herzuschenken, sondern in Spiellaune zu bleiben für den DFB-Pokal und die Champions League.

© Kraft

Nach dem Meistertitel: Bayern hat Hunger auf mehr

In den restlichen Ligaspielen wird Trainer Jupp Heynckes wohl mehr rotieren, doch herschenken werden die Bayern nichts – schließlich warten noch weitere Trophäen. Und der Konkurrenzkampf im Team ist hart.

Es war die 63. Minute im Spiel gegen Eintracht Frankfurt, als Jupp Heynckes seinen Außenstürmer Arjen Robben zur Bank bat. Jedem Zuschauer im Stadion war klar, dass diese Auswechslung gegen Franck Ribéry keine Strafe sein sollte, auch keine taktische Maßnahme. Jupp Heynckes wollte Arjen Robben einfach schonen, für das Rückspiel des FC Bayern im Viertelfinale der Champions League am Mittwoch in Turin. Der Holländer kennt das, meist ist er dankbar, seinen fragilen Körper vor offiziellem Dienstschluss pflegen zu können. An diesem Tag war es anders: Gegen Frankfurt trottete Arjen Robben beleidigt vom Feld und zog eine Schnute, als wollte ihn Heynckes im WM-Finale austauschen.

Arjen Robben hat sich dann bald wieder beruhigt, nach dem Spiel hüpfte er genau wie seine Kollegen über den Rasen und besang die 23. Münchner Meisterschaft. Aber dennoch ist sein Missmut ein Zeichen, mit welcher Mentalität die Bayern in dieser Saison zu Werke gehen. „Wir sind hungrig“, sagt Franck Ribéry. Die Mannschaft ist sogar so hungrig, dass sie Woche um Woche siegt, obwohl die Meisterschaft eigentlich ja bereits seit längerem so gut wie feststeht – auch wenn sie den Münchnern erst seit Samstag rechnerisch nicht mehr zu nehmen ist. Für die Konkurrenz in der Bundesliga verheißt dies auch in den letzten sechs Partien der Saison nichts Gutes, selbst wenn es gegen die bajuwarische B-Elf geht. Unkenrufe, dass die Mannschaft vor den Entscheidungen in Pokal und Champions League durch das Schaulaufen in der Bundesliga an Spannung verlieren könnte, nötigen Jupp Heynckes deshalb nur ein Lächeln ab.

„Ich weiß die Mannschaft schon so aufzustellen, dass wir Leistung abrufen“, hat Heynckes vor Wochen auf die Frage nach einer drohenden Langeweile geantwortet. Gegen Frankfurt zeigte der Trainer der Bayern, was er damit meinte. Während Jürgen Klopp in Dortmund die gesamte Offensive und sogar Torwart Roman Weidenfeller rausrotierte, fehlten bei den Münchnern von der vermeintlichen Startaufstellung gegen Turin nur der später eingewechselte Franck Ribéry, der erkältete Mario Mandzukic und Daniel van Buyten. Kein Stammspieler will auf der Bank sitzen, wenn nach 90 Minuten die Meisterschaft gefeiert werden soll. Es sind diese kleine Gesten, mit denen ein Trainer ein Team bei Laune hält.

Aber natürlich wird Heynckes die nächsten Spiele wohl großflächiger rotieren. Und dann hat er den Luxus, dass die B-Elf nominell trotzdem noch stärker ist als die meisten Konkurrenten, und dass die Ersatzspieler ebenso hungrig sind wie die Führungsspieler. „Wer auf dem Platz steht, gibt sein Bestes“, sagt Bastian Schweinsteiger und meint damit Kollegen wie Rafinha, Jerome Boateng, Xherdan Shaqiri und auch Claudio Pizarro. Sie alle haben die vergangene Saison vor Augen, als beim Finale gegen Chelsea plötzlich so viele Spieler fehlten, dass Anatoli Timoschtschuk und Diego Contento aufliefen – und sich deshalb nun jeder anbieten will, wenn er die Chance bekommt.

Dass es keinen Spaß macht, gegen diese Bayern zu spielen, weiß der Hamburger SV am besten. Die Münchner hatten einen solchen Spaß am Spiel, dass sie auch beim Stand von 4:0 nicht auf Sparmodus umschalteten. Stattdessen gewannen sie 9:2 – und ärgerten sich ohne Ironie über die Gegentore. Man nimmt es Kapitän Philipp Lahm deshalb ab, wenn er am Rande des im Hinblick auf Turin sehr moderaten Meisterjubels ankündigt: „Wir haben noch ein paar Rekorde vor uns. Wir wollen noch den ein oder anderen knacken.“ Elf Siege in elf Rückrundenspielen haben sie schon, eine Bestmarke. Lahm will nun „jedes Spiel gewinnen“. Unter anderem können sie die meisten Punkte in einer Saison schaffen (bisher Dortmund in der Saison 2011/2012 mit 81 Zählern) und die höchste Tordifferenz herausschießen (bisher Bayern im Jahr 1973 mit 64 Treffern). Ob sie es tatsächlich schaffen, die Bundesliga auch weiterhin ernst zu nehmen und somit insgesamt konzentriert zu bleiben, wird sich wohl auch auf das größte verbleibende Ziel auswirken: den Gewinn der Champions League. „Das ist die Königsklasse“, sagte Uli Hoeneß mitten hinein in den Meistertrubel am Samstag. „Da wollen wir so weit wie möglich kommen.“

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