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Fliegender Zahnarzt. Dr. Peter Kunter in Aktion.

© imago sportfotodienst

Autogrammpost von Dr. Peter Kunter: Wie ich mich in die Eintracht verliebte

Unser Autor drückte als Grundschüler der Eintracht die Daumen. Angefangen hat es mit einer Spielankündigung zum DFB-Pokalfinale 1974 in einer Programmzeitschrift.

Früher war es das erste Stadionerlebnis, die geografische Nähe zum Klub, und heutzutage ist es immer häufiger das Lieblingsteam auf der Playstation. So kommt es, dass Knirpse aus Wattenscheid zum Barca-Anhänger werden. Wege, Fußballfan zu werden, gibt es viele. Meist fängt das jung an und hält ein Leben lang. Bei mir war der Weg zu einer heftigen frühen Fußballliebe eher absurd, denn er führte über die – „Hörzu“.

Die Fußballweltmeisterschaft 1974 war für mich als Grundschüler das erste größte Fußballerlebnis. Es lief ja auch alles glatt. Ein paar Wochen nach Deutschlands Titelgewinn entdeckte ich eine Ankündigung in besagter Programmzeitschrift, illustriert mit einem goldenen Pokalbildchen. Es ging um das DFB-Pokalfinale, es wurde in jenem Jahr nicht direkt nach der Bundesliga-Saison, sondern erst nach der WM ausgespielt. Hamburger SV gegen Eintracht Frankfurt lautete die Ansetzung.

Nun konnte ich nach dem WM-Titel natürlich die deutsche Sieger-Elf samt Klubzugehörigkeit runterbeten. Sechs Bayern, zwei Gladbacher, ein Kölner – und zwei Frankfurter. Nämlich der große Jürgen Grabowski und der Strafraumfallkünstler Bernd Hölzenbein. Und damit war klar, wem meine Sympathien im Pokalfinale von 1974 gehörten. Der Eintracht.

Die Eintracht gewann in der Verlängerung und es war um mich geschehen

Am 17. August verfolgte ich in Schwarzweiß, Farbfernseher bekamen wir erst zu Olympia 1976, das Drama im Düsseldorfer Rheinstadion. In der Verlängerung ebnete Hölzenbein mit dem 2:1 den Weg zum 3:1-Erfolg der Eintracht, die erstmals Pokalsieger wurde.

Leider konnte ich meine Freude nirgends teilen, nicht mal in meinem E-Jugend-Team im Westharz. Damals hielten viele zu Bayern, noch mehr zu den immer größer werdenden Mönchengladbachern, selbst Hertha war in der Verlosung. Aber die Eintracht? Die fand außerhalb Hessens niemand doll.

Ich rauschte mit der Eintracht trotzig (meist samstags am Radio) durch „meine“ erste Bundesligasaison, die für die Bayern und ihre Weltmeisterspieler mit dem 0:6 bei Kickers Offenbach begann. Die Eintracht dagegen enttäuschte nicht, war zwei Spieltage sogar Tabellenführer, und – dem Himmelsei dank – bot der „Kicker“ noch einen Starschnitt von Jürgen Grabowski an! Ich habe ihn mit Klarlack (stabiler) bearbeitet, und von da an prangte er an der Wand. Gleich neben meinem ersten Autogramm eines Fußballers, das ich per Post erbeten hatte (mit frankiertem Rückumschlag) – das kam von Dr. Peter Kunter, dem Torwartzahnarzt der Eintracht, gebürtiger Berliner und Strafstoßtöter zudem.

Frankfurt hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht betreten, das erste Spiel der Eintracht sah ich am letzten Spieltag 1974/1975 in Braunschweig, ein Sieg hätte gereicht zur Vizemeisterschaft. Aber es lief nicht, Willi Neuberger verschoss einen Elfmeter in Halbzeit eins. Braunschweig siegte 2:0, Hertha (ja wirklich) wurde Vizemeister, die Eintracht Dritter. Allerdings folgte dann wenig später im selben Jahr der zweite Frankfurter Pokalsieg, Charly Körbel schoss das einzige Tor beim Erfolg gegen den MSV Duisburg.

Doch irgendwie erkaltete die Liebe zur Eintracht absurderweise bei der EM 1976. Dem Finale gegen die Tschechoslowakei verweigerte ich mich nach 0:2-Rückstand als Zuschauer. Ich riss den unschuldigen Grabowski-Starschnitt von der Wand (die Eintracht-Legende hatte 1974 seine Karriere im Nationalteam beendet). Erst nach dem 2:2 kurz vor Schluss, Hölzenbein (90.), saß ich wieder am Röhrengerät. Dann aber kam das Elfmeterschießen, ohne Hölzenbein natürlich.

Andere Mannschaften (Hannover 96, ein wenig Hertha und später Blau-Weiß 90) wurden für mich immer wichtiger, auch wegen der Nähe. Aus der Pubertät herausgekommen, war das weg mit der SGE. An engen Maßstäben gemessen war ich also nie Fan. Aber so viele Menschen, die ein Autogramm von Dr. Peter Kunter haben, dürfte es nicht geben.

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