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Gegen Darmstadt werden Union und Urs Fischer spielerische Lösungen aufzeigen müssen.

© imago/Nordphoto

Auswärtsspiel bei Darmstadt 98: Der 1. FC Union und die ungewollte Favoritenrolle

Am 2. Spieltag der Fußball-Bundesliga reist Union zu Aufsteiger Darmstadt. Die Berliner sind Favorit, eine Rolle, mit der sie jetzt häufiger zurechtkommen müssen.

Von Sven Fröhlich

Auf dem Papier sind die Rollen vor dem Spiel des 1. FC Union beim SV Darmstadt 98 klar verteilt: Champions-Leauge-Teilnehmer trifft auf Aufsteiger, ein inzwischen etablierter Bundesligist auf einen langjährigen Zweitligisten. 15 Millionen Euro hat sich Union ihren teuersten Neuzugang Robin Gosens kosten lassen, in etwa die Hälfte des Marktwerts der gesamten Darmstädter Mannschaft. Union ist eindrucksvoll mit einem 4:1 gegen Mainz in die Saison gestartet, Darmstadt hat im Hessenderby mit 0:1 gegen Frankfurt verloren. Klare Vorzeichen vor dem Aufeinandertreffen am Samstag (15.30 Uhr/Sky) also?

Union-Trainer Urs Fischer möchte von einer Favoritenrolle nichts wissen: „Es ist für uns nicht relevant und nicht entscheidend für die Herangehensweise.“ Vielmehr gelte es, das Gesicht und die Basics auf den Platz zu bekommen, man müsse sich „am Limit bewegen.“ Fischer war sich sicher: „Das wird eine eklige Aufgabe.“ Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht sprach vom kommenden Gegner als der nächste „absolute Hochkaräter“. Als solcher wird man Union auch vor heimischer Kulisse am Böllenfalltor empfangen. Die routinierten Unioner „Basics“ dürften dort einem echten Härtetest unterzogen werden.

Denn Unions Kryptonit sind weiterhin Mannschaften, die den Ball gar nicht zwangsläufig haben möchten. Tiefstehende Teams, die dem Gegner über weiter Strecken das Zepter in die Hand drücken und über Umschaltspiel, Konter, lange Bälle und Standards gefährlich werden möchten. Also Mannschaften wie Union selbst. Bereits in der Vergangenheit tat man sich gegen eben jene Mannschaften schwer – insbesondere in Auswärtsspielen. Darmstadt teilte sich in der vergangenen Spielzeit den Titel als beste Heimmanschaft der Zweiten Liga.

Wir haben zu viele Phasen im Spiel, wo wir passiv wurden, wo wir unpräzise wurden.

Union-Trainer Urs Fischer über die Schwächen seiner Mannschaft.

Gegen Mainz hätte Union keinen besseren Start erwischen können. Bereits in der ersten Spielminute traf Kevin Behrens zum 1:0, in der Folge konnte man den Gegner kommen lassen und über Umschaltmomente Nadelstiche setzen. Darmstadt auf der anderen Seite konnte in einem zähen Spiel gegen Frankfurt lange gut dagegenhalten. „Da wäre über 90 Minuten auch ein Unentschieden möglich gewesen“, sagte Fischer. Offensiv strahlte Darmstadt hingegen kaum Gefahr aus.

Union wird im zweiten Ligaspiel dementsprechend in die unliebsame Rolle des Favoriten – des Spielmachers – gedrückt werden. Gegen Darmstadt wird sich zeigen, ob man dieser Aufgabe gewachsen ist. Im Auftaktspiel blitzten gerade in der ersten Hälfte bereits Ansätze durch, dass sich die Köpenicker über die Sommerpause hinweg fußballerisch weiterentwickelt haben. Trotz deutlicher Siege in Pokal und Liga sieht Fischer aber weiterhin Verbesserungspotenzial: „Wir haben zu viele Phasen im Spiel, wo wir passiv wurden, wo wir unpräzise wurden.“ Daran gelte es zu arbeiten.

Es gehe ja auch darum, führte Fischer weiter aus, „sich reinzuarbeiten, reinzukommen in eine Meisterschaft. Eine Formation zu finden, ein Gerüst aufzubauen, das einen eine ganze Spielzeit begleitet.“ Vorstellbar ist, dass Union gegen Darmstadt also auch Veränderungen an der ersten Elf vornimmt.

Durch die Ausfälle von Rani Khedira, Lucas Tousart, Janik Haberer, András Schäfer und Laurenz Dehl herrscht weiterhin Personalmangel im zentralen Mittelfeld. Aus sportlicher Sicht gäbe es zwar keinen Grund die Aufstellung gegenüber dem letzten Spieltag zu verändern, angesichts der zu erwartenden Defensiv-Einstellung Darmstadts würde sich jedoch ein Mittel anbieten, das Urs Fischer in dieser Saison neu in sein Repertoire mitaufgenommen hat.

Wie bereits im Pokal oder in der Vorbereitung könnte Union in einer 3-4-3-Formation auflaufen und etwa mit Sheraldo Becker statt Brenden Aaronson spielen. Das hätte den Vorteil, mehr Druck auf die gegnerische Abwehrkette auszuüben. Auf der rechten Schiene wäre Josip Juranovic die offensivere Alternative für Christopher Trimmel. Das Pendant auf der linken Seite stellt für Urs Fischer hingegen ein Luxusproblem dar.

„Natürlich habe ich den Anspruch, hier auch zu spielen. Das verstecke ich auch nicht“, sagte Robin Gosens. Gegen Mainz zeigte sein Konkurrent Jerome Rousillon allerdings einen starken Auftritt auf der linken Abwehrseite, Gosens kam in der 66. Minute für ihn ins Spiel. „Robin ist seit einer Woche da, logisch, dass das noch Zeit braucht“, sagte Urs Fischer. „Aber eins ist auch klar: Ich kann nicht noch fünf, sechs Wochen warten. Es zählt einmal mehr wieder am Samstag.“ Auch im Hinblick auf die neu erlangte Favoritenrolle Unions.

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