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Antonio Brown, hier noch im Trikot der New England Patriots.

© AFP

BIG FOUR - die US-Sport-Kolumne: Antonio Brown leistet sich einen Skandal zu viel

Football-Star Antonio Brown fliegt innerhalb weniger Monate bei drei NFL-Klub raus. Diesmal steht ein besonders schwerer Vorwurf im Raum: Vergewaltigung.

Julian Edelman versucht sich seit kurzem auf einem neuen Feld. Der Football-Profi der New England Patriots hat eine eigene kleine Modekollektion herausgebracht, auf den Pullovern und T-Shirts steht geschrieben: „America’s Worst Nightmare Tour“. Amerikas schlimmste Albtraum-Tour also.

Edelman zählt sogleich die Mannschaftskameraden auf, die in den Stadien der National Football League (NFL) Angst und Schrecken verbreiten sollen: angefangen bei Superstar-Quarterback Tom Brady über, na klar, sich selbst bis hin zu seinem Receiver-Kollegen Antonio Brown.

Wobei, mittlerweile muss es korrekt heißen: ehemaligen Receiver-Kollegen. Antonio Brown, einer der bestbezahlten, bekanntesten und spektakulärsten Ballempfänger der Liga, hat es nämlich auch beim Serienmeister in Boston geschafft, entlassen zu werden.

Die Patriots hatten den 31-Jährigen erst vor wenigen Tagen unter Vertrag genommen, nun ist das professionelle Arbeitsverhältnis nach einem einzigen Einsatz schon wieder beendet – weil sich Brown selbst für die skandalerprobte NFL ein Ding zu viel geleistet hat. Der neueste Vorwurf, den der Beschuldigte mit aller Entschlossenheit bestreitet: Er soll eine Physiotherapeutin belästigt und vergewaltigt haben. Das entsprechende Strafverfahren läuft, auch die NFL ermittelt.

Der Fall steht am Ende einer langen Liste von Verfehlungen, die sich Brown in den vergangenen Jahren geleistet hat. So unbestritten seine sportliche Klasse sein mag, so groß ist auch sein Ego. Einmal landete Brown allen Ernstes mit einem Heißluftballon auf dem Football-Feld, bevor er das Training aufnahm. Die New England Patriots waren innerhalb eines Jahres bereits der dritte Verein, der Brown zunächst verpflichtete und dann wieder entließ.

Los ging alles bei den Pittsburgh Steelers, für die Brown von 2010 bis 2018 Pässe fing. In acht Jahren wurde er sieben Mal in den Pro Bowl berufen, das All-Star-Spiel der NFL. In der Liste der von Spielern gewählten „Top 100 Players“ landete er stets unter den besten zehn. Brown, geboren in Miami und aus armen Verhältnissen zum Multi-Millionär aufgestiegen, war ein Superstar in den USA, eine schillernde Figur.

In der eigenen Wohnung randaliert

Und es war wie so oft in der NFL: Aufgrund seiner sportlichen Leistungen sahen Trainer und Manager oft darüber hinweg, dass sich Brown abseits des Feldes aufführte wie die Axt im Walde. Über die sozialen Netzwerke veröffentlichte er einmal ein Video aus dem Heiligtum der Pittsburgh Steelers: der Umkleidekabine. Darüber hinaus kritisierte er öffentlich Mitspieler, warf ihnen Bälle an den Kopf, randalierte in seinem Wohnkomplex.

Überhaupt gab es kaum ein Vergehen, dessen sich Brown nicht schuldig machte: mehrfach rast er mit Tempo 170 durch eine 90er Zone, er wird gegenüber seiner Ex-Frau gewalttätig. Kein Fettnäpfchen lässt er aus.

Irgendwann reißt den Verantwortlichen in Pittsburgh der Geduldsfaden, die Steelers schicken Brown zu den Oakland Raiders – und da macht Brown genau so weiter wie in den Jahre zuvor. In der HBO-Dokumentation „Hard Knocks“, die NFL-Teams durch die Saisonvorbereitung begleitet, liefert er sich einen lautstarken Disput mit Mike Maycock; er beleidigt den Raiders-Manager rassistisch und droht ihm öffentlichkeitswirksam Prügel an.

Wenig später tritt Brown in einen Streik und begründet diesen Schritt mit dem neuen Helm, den die NFL aus Sicherheitsgründen zum Saisonstart eingeführt hat. Er könne damit einfach nicht spielen, sagt Brown und bleibt fortan daheim auf der Couch. Jeden Versuch der Kontaktaufnahme seitens des Vereins lässt er unbeantwortet. Antonio Brown ist vorübergehend nicht zu erreichen.

Kein Cent statt 50 Millionen Dollar

Zwei Wochen später fliegt er auch in Oakland raus, von seinem ursprünglich ausgehandelten 50-Millionen-Dollar-Vertrag für drei Jahre sieht er keinen Cent. Schließlich erbarmt sich Titelverteidiger New England und nimmt Brown in den Kader auf. Patriots-Trainer Bill Bellichick gilt als harter Knochen, der selbst dem größten Superstar die Flausen austreiben und mit schwierigen Charakteren umgehen kann. Gleich in seinem ersten Spiel gegen die Miami Dolphins fängt Brown einen Touchdown-Pass.

Viele Experten sagen: Die ohnehin hoch gehandelten Patriots werden mit Brown nur ganz schwer zu stoppen sein auf ihrem Weg zum siebten Super-Bowl-Titel ihrer Vereinsgeschichte. Wiederum sieben Tage später hat sich der Fall erledigt, es ist aus und vorbei: Brown wird wieder einmal entlassen. Diesmal allerdings steht im Gegensatz zu seinen bisherigen Fehltritten ein schwerer Vorwurf im Raum: die Vergewaltigung einer Physiotherapeutin.

Brown selbst reagiert wie so oft über die sozialen Netzwerke und erklärt via Twitter sein Karriereende. Er werde künftig nicht mehr in der NFL spielen, schreibt er. Schwer vorstellbar, dass ihn überhaupt noch ein Klub unter Vertrag genommen hätte.

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