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Druck! Druck! Druck! John Patricks Teams sind für ihre aggressive Verteidigung bekannt. Mit Aufsteiger Würzburg überrascht er in dieser Saison die ganze Liga.

© picture alliance / Sport Moments

Würzburgs Trainer John Patrick: Alba gegen den Herrn der Wespen

Für Marco Baldi hat die Spielweise des nächsten Alba-Gegners "nichts mit richtigem Basketball zu tun". Aber ob nun richtig oder falsch – Würzburg ist zurzeit äußerst erfolgreich.

Marco Baldi hatte sich gerade beruhigt. Eben noch hatte sich der Geschäftsführer von Alba Berlin in Rage geredet über die Härte und Schiedsrichterbeeinflussung des Gegners Frankfurt Skyliners – der nach der Niederlage am Samstagabend ironischerweise selbst Protest gegen einige Schiedsrichterpfiffe einlegte. Beim Gedanken an das nächste Spiel ging der Puls bei Baldi danach schon wieder hoch. Gegen Frankfurts Spielweise sei immerhin noch „mehr Basketball drin“, als gegen den nächsten Gegner, den Würzburg Baskets. „Das wird noch einen Tacken schärfer“, kündigte Baldi vor dem Heimspiel um 20 Uhr in der Arena am Ostbahnhof zu tun. „Das hat mit richtigem Basketball nichts zu tun.“

Ob richtig oder falsch – Würzburg ist zurzeit äußerst erfolgreich. Trainer John Patrick übernahm den Aufsteiger vor Saisonbeginn und machte die Baskets zu einem Überraschungsteam der Bundesliga, im Moment liegt Würzburg auf dem fünften Rang. „Wir sind sicher nicht die talentierteste Mannschaft der Liga“, sagt John Patrick. „Aber wir versuchen, um jeden Ball zu kämpfen.“ Der große Einsatz und unbedingte Wille zeichnet alle Mannschaften von Patrick aus. Der Amerikaner arbeitete zuvor fünf Jahre lang in Göttingen. Dort gewann er 2010 sogar die Eurochallenge, dem drittwichtigsten Europapokal. Das Markenzeichen des 44-Jährigen ist eine extrem aggressive Verteidigung, die den Gegner aus dem Rhythmus bringen soll und ihn bereits beim Ballvortrag stört. Patricks Taktik hat Würzburg in dieser Saison zur besten Verteidigung der Liga verholfen. Kein anderes Team provoziert mehr Ballverluste (18,1 pro Spiel), schwächere Wurfquoten (40,7 Prozent) und eine geringere Korbausbeute (65,0).

Marco Baldi sieht die Spielweise der Würzburger kritisch. Er spricht von „einen Wespenschwarm“, der auf einen niedergehe: „Da gehen drei Mann auf einen Gegenspieler drauf, von denen zwei umfallen und dann sofort den Schiedsrichter bestürmen.“ Trainer Patrick habe wie schon in Göttingen auch als Würzburger Coach die Schiedsrichterbeeinflussung zum System erkoren. „John Patrick ist ein sehr kluger Kopf, der ist nach Deutschland gekommen, hat die Lage analysiert – und wie die Schiedsrichter pfeifen.“

Alba hat noch eine Rechnung mit Würzburg offen

Bei Heimspielen würden zudem die Zuschauer großen Einfluss nehmen und protestieren, „es ist nicht schön da“, sagt Baldi. Die Atmosphäre mache den Job für die Schiedsrichter nicht einfacher. „Beim Hinspiel in Würzburg hat unser Trainer Gordon Herbert nach 14 Minuten beim Schiedsrichter gefragt, warum er keine Fouls mehr gegen Würzburg pfeift“, berichtet Baldi, „er antwortete: Wenn ich so weiterpfeife, haben die bald keine Spieler mehr auf dem Platz.“ Patrick hilft dabei seine sympathisch wirkende Art. Der gut Deutsch sprechende Vater von fünf Kindern hatte die Unparteiischen im Hinspiel anscheinend wieder einmal auf seine Seite gebracht. Alba leistete sich 19 Ballverluste und verlor 65:84.

Der Mann mit dem schwarzen Rollkragenpullover kennt die Vorwürfe gegen seine Philosophie, ernst nimmt Patrick die Kritik aus Berlin aber nicht: „Das klingt eher wie ein nervöser Hilferuf als eine akkurate Beschreibung.“ Wie jeder Coach versuche er nur, die Stärken seiner Spieler zu nutzen und ihre Schwäche zu kaschieren. „Und in Würzburg sind wir jetzt athletisch genug, um in der Verteidigung richtig Druck zu machen“, sagt Patrick. Den Vorwurf, seine Spieler würden routinemäßig halten, stoßen und foulen, will er nicht gelten lassen.

„Natürlich bekommt man viele Fouls gepfiffen, wenn man mit den Händen anstatt mit den Füßen verteidigt“, sagt er. „Oder wenn man unkonzentriert ist.“ Aber es sei keineswegs so, dass er seine Spieler dazu anhalte, sich mit unfairen Mitteln auf ihre Gegner zu stürzen. „Ich möchte spielen wie ein Tennisprofi, der mit harten Schlägen Druck von der Grundlinie macht – und dann gezielt attackiert“, sagt Patrick. „Und nicht wie jemand, der auf gut Glück ans Netz stürmt.“

Die Berliner haben laut Baldi noch eine Rechnung mit Patrick und seinen Würzburgern offen. Über eine Tatsache ist sich der Berliner aber schon vor dem Spiel im Klaren: „Schön wird es nicht werden.“

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