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Doppelball: Johannes Thiemann hat im Training der Nationalmannschaft viel zu tun.

© Harald Tittel/dpa

Alba Berlins Nationalspieler: Johannes Thiemann und der WM-Traum

Mit dem Basketball-Nationalteam bereitet sich Thiemann auf die WM vor. Die Konkurrenz auf seiner Position ist groß – ein Spieler muss das Team noch verlassen.

In Berlin ist es noch nicht ganz 15.30 Uhr, als Johannes Thiemann sagt: „Jetzt geht’s dann bald auch wieder ins Bett.“

Nein, der Basketballprofi von Alba Berlin hat sich nicht in der Uhrzeit vertan und leidet auch nicht unter akuten Müdigkeitsschüben. Thiemann befindet sich seit Donnerstag in Tokio, und dort ist der Tag schon sieben Stunden weiter. Und wer den Jetlag schnell loswerden will, muss sich möglichst bald dem lokalen Rhythmus anpassen.

Das hat auch der Deutsche Basketball-Bund erkannt. Zehn Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft in China ist Thiemann also mit seinen Kollegen der Nationalmannschaft nach Ostasien aufgebrochen, um sich möglichst frühzeitig auf die Bedingungen vor Ort einzustellen. Am 1. September steht für das Team von Bundestrainer Henrik Rödl in Shenzhen das Auftaktspiel in Gruppe G gegen Frankreich an. Allmählich wird es also ernst.

Das gilt besonders für Thiemann. Denn der zählt zu den Spielern, die sich noch nicht ganz sicher sein können, dass sie zum Turnierstart dann auch tatsächlich zum Team gehören. 16 Namen umfasste der vorläufige Kader, den Rödl Anfang des Monats zur Vorbereitung nominierte. Noch vor dem ersten Testspiel gegen Schweden strich der Bundestrainer mit dem vormaligen Berliner Joshiko Saibou und Karim Jallow zwei Spieler, während des Supercups in Hamburg traf es dann NBA-Profi Moritz Wagner. Die 13 verbliebenen Spieler flogen nun mit nach Japan, doch einer von ihnen wird vor Turnierbeginn noch die Heimreise antreten müssen.

„Das ist natürlich eine ganz bittere Situation“, sagt Thiemann. „Aber man versteht da die Sicht des Trainers.“ Der will sich schließlich möglichst lange alle Optionen offenhalten – insbesondere falls es Verletzungen geben sollte. Beim Testspiel-Sieg am Freitag gegen Tunesien (89:70) knickte etwa Aufbauspieler Maodo Lo um. Die Konkurrenz im Kader ist dennoch groß, besonders auf Thiemanns Position unter dem Korb: Dort sind mit Maxi Kleber, Daniel Theis, Johannes Voigtmann und Danilo Barthel vier inzwischen etablierte NBA- bzw. Euroleague-Spieler gesetzt.

Groß oder klein?

Thiemann sieht die Situation deshalb realistisch: „Mir war von vornherein bewusst, dass ich nicht zur Nationalmannschaft komme und da meine 20, 25 Minuten spiele“, sagt er. „Wenn ich einen Spot im Team bekomme, dann ist es der fünfte Big Man.“ Hoffnung gibt ihm die EM vor zwei Jahren: Auch dort hatte er sich kaum Chancen ausgerechnet, gehörte dann jedoch zu den Überraschungen des Kaders. „Ich bin ein Spieler, der viel Energie bringt und hart verteidigt“, sagt Thiemann. „Das ist eine Qualität, die man immer im Team gebrauchen kann.“

Bundestrainer Rödl dürfte das ähnlich sehen. Er wird sich allerdings die Frage stellen, ob er angesichts des Talents unter dem Korb und der ohnehin schon recht groß gewachsenen Spieler im Kader nicht eher auf Thiemann verzichten kann als auf einen weiteren Aufbauspieler wie den Dreierspezialisten Andreas Obst oder die Allzweckwaffe Isaac Bonga. Nach dem vorletzten Test vor der WM gegen Japan am Samstag (8 Uhr, live bei Magenta Sport) will er seine Entscheidung bekanntgeben. „Es kommt so, wie es kommen soll“, sagt Thiemann nüchtern.

Schafft der 25-Jährige den Sprung in den Kader, wäre er dort neben dem als gesetzt geltenden Niels Giffey der zweite Spieler von Alba Berlin. Die Saisonvorbereitung des Basketball-Bundesligisten läuft seit dieser Woche wieder, Thiemann nutzte die Gelegenheit und traf sich an den freien Tagen vor der Abreise nach Japan noch einmal mit Teamkollege Luke Sikma.

Einer muss noch raus: Moritz Wagner (Nummer 13) hat das Team bereits verlassen.
Einer muss noch raus: Moritz Wagner (Nummer 13) hat das Team bereits verlassen. Auf dem Teamfoto vor dem Testspiel gegen Ungarn fehlen mit Robin Benzing, Daniel Theis und Maxi Kleber drei Spieler, die noch im Kader stehen.

© Axel Heimken/dpa

Doch auch aus der Ferne verfolgen Thiemann und Giffey, was in Berlin so los ist. Im Bus des Nationalteams sitzen die beiden praktischerweise direkt beieinander. „Wir quatschen viel, auch über die Saison, die neuen Spieler, die Vorbereitung“, erzählt Thiemann. „Man verfolgt, wer gekommen ist, schaut sich vielleicht mal ein paar Videos auf Instagram an und spitzt so ein bisschen rein.“

Der Fokus gilt nun jedoch dem Nationalteam. „Wir haben jetzt alle langsam richtig Bock auf die WM“, sagt Thiemann. Alle fünf bisherigen Vorbereitungsspiele gewannen er und seine Kollegen. Die ganz großen Gegner haben die Spieler dabei aber noch nicht gesehen. Während sich die Favoriten des Turniers wie Spanien und die USA oder auch Griechenland und Serbien bereits gegenseitig auf den Zahn gefühlt haben, zählen die bisherigen Gegner des deutschen Teams eher zu den Außenseitern der WM oder nehmen gar nicht erst daran teil.

Johannes Thiemann hat damit keine Probleme: „Ich glaube, es ist gut, wie wir das aufgebaut haben“, lobt er den Plan, sich erst einmal gegen schwächere Teams zu finden und das Niveau der Testspielgegner dann nach und nach anzuheben. Der größte Brocken der Vorbereitung wartet im letzten Testspiel am Mittwoch mit Australien. „Da werden wir sehen, wo wir letztendlich stehen“, sagt Thiemann. Ob er dann noch dabei sein darf, entscheidet sich bereits an diesem Wochenende.

Leonard Brandbeck

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