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Didier Drogba, der Ivorer, Mann von der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire).

© AFP

Duden und WM: Ach Ivorer!

Sagt man nun Ghanaer oder Ghanesen? Und wie nennt man eigentlich die Spieler von der Elfenbeinküste? Der Duden klärt zur WM die Fans auf. Unser Autor Stephen Bench-Capon – Brite, Wahlberliner, Cambridge-Absolvent in Germanistik – macht sich einen Reim darauf.

Alle 14 Tage erscheint der Duden-Newsletter mit Erklärungen und Tipps zum richtigen Sprachgebrauch. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit der Fußballweltmeisterschaft. Die skurrile Welt der Einwohnerbezeichnungen wirft bei jedem Turnier ein paar Fragen auf. Diesmal muss man wissen: die Menschen aus Paraguay heißen Paraguayer, nicht Paraguayaner, die aus Nigeria allerdings Nigerianer, nicht Nigerier, die aus Ghana Ghanaer, nicht Ghanesen, die von der Elfenbeinküste nicht Elfenbeinküster, sondern Ivorer, wegen Cote d'Ivoire, französisch für Elfenbeinküste. Das alles lässt sich lernen. Zum Glück scheiden die San Marinolesen immer in der Quali aus – sonst könnte es schwierig werden.

Dennoch haben wir Briten es noch viel schwerer. Die Liverpudlians (Liverpool) und die Glaswegians (Glasgow) lassen sich unproblematisch orten. Bei den Brummies (Birmingham) und den Geordies (Newcastle) kann es aber schwierig werden. Die Anwendung der deutschen Sprachregeln scheint mir da vergleichsweise leicht. So kennt man demnach Manchesteraner und Norwichauer. Auch Londöner sind genau so lecker wie Hamburger.

Dem Wortschatz des Fußballs entstammt laut Duden auch allerlei Kreatives. Ein "Gurkenpass" ist ein schlechter Pass, in Österreich heißt ein schlechter Torwart ein "Eiergoalie". Den Einfluss aus der Gastronomie findet man auch auf der Insel, nur würziger. Tunneln heißt beispielsweise "nutmeg" (Muskatnuss). Der ehemalige Arsenalspieler und Sky-Experte Paul Merson nannte einmal in wilder Aufregung den Torpfosten die "beans on toast" (gebackene Bohnen auf Toastbrot). Dazu passt "butterfingers"– der Name für einen englischen Torwart, der ausnahmsweise nicht gut fangen kann. Die Bolzplätze in Großbritannien sind immer eine reiche Quelle für sprachliche Kreativität. So sagt man für "Mach’ einen Kopfball": "Get your swede on it!" (Triff ihn mit deiner Kohlrübe!)

Die Sprache der Fans unterscheidet sich auch von Land zu Land. Die einheimische Fansprache erscheint jeweils dem Ausländer kurios. Wenn ein englisches Tor fällt, kommt ein lautes "Get in!" (rein da!), was nicht unbedingt vom Spielverständnis zeugt. Anders herum ist das deutsche "Auf geht’s, Deutschland schießt ein Tor!" für den Engländer eine Versimpelung der komplexen Taktik des Spiels. Der mag die Taktik nicht wirklich verstehen, aber ein paar Wörter dafür kennt er schon: "Garry Owen" heißt zum Beispiel ein harter Bolz in den Himmel, so hoch wie es geht. Im Vergleich zu den Deutschen und Briten benehmen sich spanische Fans vorbildlich unparteilich. So hört man dort den Vers: "Alcohol, alcohol, alcohol alcohol alcohol. Hemos venido a emborracharnos, el resultado nos da igual!" (Alkohol, Alkohol, Alkohol Alkohol Alkohol. Wir sind gekommen, um zu saufen, das Ergebnis ist uns egal!)

Man sagt, Fußball sei die einzige Sprache, die keine Grenzen kennt. Doch manchmal kommt es zu verwirrenden Übersetzungen. Der 16-Meter-Raum ist 16,5 Meter groß, weil die Fußballer die 18 Yard halt nicht so genau abguckten. Zum Glück sind deutsche Autobauer nicht so fahrig, denn ein BMW mit dreieinhalb Türen wäre nicht so populär. Auch im zeitlichen Raum ist man nicht so konkret mit den Lehnwörtern. Das englische "half time" beschreibt die Pause, nicht die Halbzeiten.

Nicht alle Fußballbegriffe kommen aber von der Insel. Die Russen lehnen ihre Wörter für Torpfosten sowie Latte aus dem Deutschen. Allerdings nicht die, die in Deutschland verwendet werden. So heißt das ganze Torgerüst in Russland einfach "stanga".

Innerhalb des deutschen Sprachgebiets nutzen die Schweizer und die Österreicher mehr Begriffe aus dem Englischen als die Deutschen. Ein Eckstoß heißt bei ihnen "Corner" und aus einer Torvorlage wird ein "Assist" gemacht. Ein Tor bei ihnen ohnehin eher selten. Andere Ausdrücke werden nicht direkt, sondern als Lehnübersetzungen übernommen. So gibt es auf Schweizer Erstazbänken den "Bänkleinwärmer" (eng. bench warmer). Manchmal bringen wir, also wir alle, alles durcheinander. Tischfußball bezeichnet man in Deutschland mit dem englischen Wort "Kicker", obwohl die Engländer von "foosball“ sprechen. Und die Franzosen? Durchaus logisch - "le baby-foot".

Stephen Bench-Capon

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