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Emma Hinze (l.) überlegt noch, während Lea Sophie Friedrich schon glücklich mit Silber ist.

© Reuters

85 Tausendstel fehlen im Teamsprint zum Olympiasieg: Emma Hinze, Lea Sophie Friedrich und „das Problem“ Silber

Die Bahnradfahrerinnen Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich holen im Teamsprint Silber. Für Dreifachweltmeisterin Hinze soll das noch nicht alles gewesen sein.

Wenn 85 Tausendstel über Gold und Silber entscheiden, kann die Freude bei den so knapp Geschlagenen schon einmal etwas gedämpfter ausfallen. So wie bei Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich am Montag nach der Entscheidung im olympischen Teamsprint der Bahnradsportlerinnen im Izu-Velodrom. „Zuerst war ich ein bisschen enttäuscht, denn wir wollten die Goldmedaille gewinnen“, sagte Hinze auf der Pressekonferenz nach dem Rennen. Inzwischen aber sei sie schon „stolz“ auf ihre Silbermedaille.

Nun ist es im Sport immer so eine Sache, einen Wettkampf mit einer Niederlage beenden zu müssen und sich darüber trotzdem zu freuen. „Das Problem ist: Wenn man Silber gewinnt, hat man trotzdem den Lauf verloren“, erklärte Hinze. In dieser Hinsicht hatte Anfahrerin Friedrich ihrer Sprintkollegin etwas voraus, auch wenn sie Gold ebenfalls zunächst nachtrauern musste. Doch schon bei der Siegerehrung noch in der Halle war ihr das Glück anzusehen, als ihr Hinze die Medaille um den Hals hing und beide sich wenig später umarmten.

Zumal sich die 21 (Friedrich) und 23 Jahre (Hinze) alten Teamsprinterinnen nichts vorzuwerfen hatten. Im Finale stellten sie einen neuen deutschen Rekord auf – den dritten im dritten Rennen des Wettbewerbs. Nur die Chinesinnen Bao Shanju und Zhong Tianshi waren eben noch den winzigen Tick schneller. Hinze kam zwar in der letzten Runde immer näher heran an einen möglichen Olympiasieg, aber es reichte diesmal nicht ganz.

Bei der Bahnrad-WM im vergangenen Jahr in Berlin hatte Emma Hinze noch drei Titel gewonnen, unter anderem den im Teamsprint – damals noch mit Pauline Grabosch. Weil Friedrich seinerzeit im Velodrom in der Qualifikation gefahren war, darf sie sich aber ebenfalls Weltmeisterin nennen. Diesmal schaute Grabosch als Ersatzfahrerin zu, letztmals vermutlich. Denn der Teamsprint der Frauen wird künftig wie bei den Männern schon länger üblich mit drei Fahrerinnen bestritten.

Im Bahnradsport hatte es seit der WM 2020 in Berlin kaum internationale Wettkämpfe mehr gegeben

„Es war ein sehr guter Auftakt für uns, aber die Feier wird nur klein ausfallen, denn wir haben ja noch einiges vor uns“, sagte Bundestrainer Detlef Uibel. Im ersten Rennen gleich eine Medaille – Olympia hätte für die deutschen Bahnradsportler deutlich schlechter beginnen können. Vor allem angesichts der Tatsache, dass vor den Spielen eigentlich niemand wirklich wusste, wo sie oder er steht. „Die Konkurrenz war aufgrund der fehlenden Wettbewerbe vor Tokio schwer einzuschätzen“, sagte Uibel.

Und das galt auch für die eigene Form. Emma Hinze hat nach ihrer herausragenden WM praktisch kein Rennen auf höchstem Wettkampfniveau mehr bestritten. Wegen Corona, das den internationalen Bahnradsport praktisch komplett zum Erliegen gebracht hatte, aber auch wegen einer Knieverletzung. „Ich kann meine aktuellen Zeiten nur mit denen von vor anderthalb Jahren vergleichen“, sagte sie noch vor dem Olympia-Auftakt und äußerte die Hoffnung, nach dem Teamsprint schon mehr zu wissen.

[Höhepunkte, TV-Termine und Zeitplan der Olympischen Spiele hier auf einen Blick]

In Tokio geht es für Hinze und Friedrich am Mittwoch im Keirin weiter, Hinze ist auch dort als amtierende Weltmeisterin am Start. „Ich merke schon, dass Druck da ist, aber ich lasse es nicht an mich heran“, hatte sie vor Olympia erklärt. Hinze ist seit der WM in Berlin das neue Gesicht ihres Sports und damit in gewisser Weise die Nachfolgerin von Kristina Vogel, die 2012 den Teamsprint gewann, in Rio noch Gold im Sprint folgen ließ und nach ihrer Querschnittslähmung nun als TV-Expertin in Tokio arbeitet.

„Es gibt inzwischen viel mehr Leute, die sich für mich interessieren und auch ein paar Werbeanfragen“, berichtete Hinze über ihre gestiegene Bekanntheit in Deutschland. Für sie hätte sich dadurch aber nichts geändert. „Ich gehe nicht anders an die Wettkämpfe heran als vorher, sondern bin genauso nervös, weil ich nicht weiß wie es ausgeht.“ In dieser Hinsicht dürfte die Silbermedaille vom Montag ein bisschen zur allgemeinen Beruhigung beigetragen haben.

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