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Jubeltraube. Die Unioner nach dem 1:0 durch Robert Zulj.

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Update

Leidenschaft schlägt Trägheit: 1. FC Union Berlin besiegt Hamburger SV 2:0

Der 1. FC Union meldet sich mit einem 2:0 gegen den HSV im Aufstiegsrennen zurück. Für die Hamburger sieht es dagegen jetzt ziemlich düster aus.

Von David Joram

Wenn die Fußballer des Hamburger SV auf Reisen gehen, bringen sie meist viele Fans mit. Und dass die viel Schall und Rauch verbreiten, ist ebenfalls bekannt. Das Zweitliga-Spitzenspiel zwischen ihrem HSV und dem 1. FC Union eröffneten sie mit beißendem schwarz-blauen Qualm. Allerdings legten die Hamburger Spieler über weite Strecken des Spiels keinen genauso farbenfrohen wie krawalligen Auftritt hin wie ihre Fans. Für die Farbtupfer sorgten die Berliner, die pünktlich zum Hit lieferten. Am Ende stand ein hochverdienter 2:0 (0:0)-Sieg, Robert Zulj und Grischa Prömel hießen die umjubelten Torschützen.

Den Auftritt der Hamburger fasste HSV-Sportdirektor Ralf Becker drastisch zusammen. „Absolut schlecht“ sei die zweite Halbzeit gewesen, beklagte er. „Man kann Spiele verlieren, darf das aber nicht so machen wie wir in der zweiten Halbzeit. Das war eine Katastrophe.“ Zumal die erste Halbzeit, wie Trainer Hannes Wolf fand, auch „nicht gut“ war, sondern nur „okay.“

Wolf verzichtete zunächst auf seine etatmäßigen Stürmer Manuel Wintzheimer und Pierre-Michel Lasogga. Und Lewis Holtby hatte die Aussicht auf die Reservebank dazu bewogen, komplett auf die Reise nach Berlin zu verzichten – was für einigen Ärger im Hamburger Lager gesorgt hatte. Seine Meinung habe er zwar nochmal revidieren wollen, „aber das Ding war dann durch“, erläuterte Becker. Zugleich gab der Sportdirektor bekannt, dass Holtby auch in den nächsten drei Spielen nicht mehr für die HSV-Profis auflaufen werde.

Während es beim HSV spürbar knisterte, durfte sich Unions Trainer Urs Fischer über eines der stärksten Saisonspiele seiner Elf freuen. „Ich glaube vor allem die Art und Weise, wie sich die Mannschaft präsentiert hat, war wichtig“, sagte er und nahm Bezug auf das zuvor schwache Auswärtsspiel in Fürth: „Das war aus meiner Sicht die richtige Antwort, die wir gegeben haben.“

Beide Trainer überraschten mit ihren Aufstellungen

Nach dem Kurztrainingslager in Kienbaum hatte sich Fischer für eine überraschende Personalie entschieden. Julian Ryerson durfte im rechten Mittelfeld beginnen, der letztmals am 20. Spieltag beim 2:3 gegen den FC St. Pauli auf dem Platz stand. „Julian arbeitet schon seit einigen Wochen sehr hart, er ist in jedem Training präsent“, begründete Fischer die Personalie. „Er hat seinen Teil dazu beigetragen, dass die Mannschaft als Mannschaft funktioniert“, lobte er.

22.012 Zuschauer, unter ihnen der ehemalige Diskus-Olympiasieger Robert Harting, sahen einen pomadig bis passiv agierenden HSV, während die Heimelf schwungvoll startete. Wie von Kapitän Christopher Trimmel zuvor gefordert, spielten die Berliner mutig, offensiv ambitioniert, defensiv abgeklärt, giftig in den Zweikämpfen.

Nach gerade mal 53 Sekunden kombinierten sich die Berliner über die rechte Seite ansehnlich zu ihrer ersten Torchance. Abdullahis Vorlage verwertete Stürmer Sebastian Andersson aber ungenügend, der Ball flog am Tor vorbei. Union blieb im Vorwärtsgang und erarbeitete sich gegen erstaunlich passive Hamburger einige Eckbälle. Gefahr entstand dabei indes nur einmal, als Hamburgs Torwart Julian Pollersbeck zu einem Blindflug ansetzte, der folgenlos blieb.

Nach 18 Minuten setzten die Hamburger dann doch einen ersten Akzent, einen dicken sogar. Bakary Jatta, der normalerweise so schnell wie Usain Bolt die Linie entlang sprinten kann, setzte Aaron Hunt glänzend in Szene. Was der technisch versierte Spielmacher mit dem Ball anstellte, wurde seinem Ruf nicht gerecht. Im direkten Duell mit Unions Torwart Rafal Gikiewicz zögerte er lange, überlegte lange – und schlenzte den Ball dann doch deutlich übers Tor. Es war die erste Möglichkeit der Hamburger in diesem für beide Teams so wichtigen Spiel.

Nach einer halben Stunde stand Gikiewicz der Gästeführung erneut im Weg, diesmal rettete er per Kopf gegen Jatta. Den Unionern fehlte im letzten Drittel häufig die letzte Idee, um Pollersbeck größere Aufgaben stellen zu können. Während die Intensität in den Zweikämpfen hoch blieb, nahm das technische Niveau bis zur Halbzeitpause eher ab, die ligaweit besten Abwehrreihen verrichten ihren Dienst zuverlässig.

Nach der Pause folgte die Frischzellenkur

Nach der Pause folgte die Frischzellenkur. Der agile wie pfiffige Abdullahi stupste Gideon Jung am Hamburger Strafraumeck den Ball vom Fuß, blickte hoch, passte sanft in die Mitte, wo Robert Zulj ebenso sanft den Ball ins rechte Eck schob. Pollersbeck sprang machtlos hinterher, die Berliner führten nach 46 Minuten 1:0, die Fans sangen das Lied vom Einzug in die Bundesliga, die Stimmung war ohnehin schon erstligareif.

Union blieb dran, Parensen verpasste aus kürzester Entfernung das sicher geglaubte 2:0, Andersson nur knapp eine Flanke Ken Reichels. Vom HSV? Kam nichts – abgesehen von Pierre-Michel Lasogga. Nach knapp einer Stunde wechselte er von der Bank ins Sturmzentrum, begleitet von zahlreichen Pfiffen des Berliner Publikums. Der unglücklich agierende Jung musste weichen. Engagierter blieben die Berliner, allen voran der starke Abdullahi. Nach 72 Minuten zwang er Pollersbeck zu einer Glanztat, danach durfte er entkräftet und unter tosendem Beifall der Heimfans den Platz verlassen, Polter ersetzte ihn. Wenig später brachte Fischer noch Kroos für Ryerson.

Und Kroos, kaum auf dem Platz, setzte Douglas Santos so energisch nach, dass dieser sich zu einem Fußtritt gegen den am Boden liegenden Berliner hinreißen ließ. Ein Rudel bildete sich, das Schiedsrichter Sascha Stegemann auflöste, indem er Kroos und Santos die Gelbe Karte zeigte. Die Union-Fans tobten durchaus berechtigt. Der Unmut über die Entscheidung hielt nur kurz an. Grischa Prömel schickte den Ball aus 22 Metern an den rechten Innenpfosten und von dort weiter ins Netz. Ein Traumtor, das wie bestellt zu diesem Spiel passte.

In der Tabelle zogen die Berliner dank des besseren Torverhältnisses am HSV vorbei und stehen nun auf dem dritten Platz, einen Punkt hinter dem SC Paderborn, der gegen Heidenheim 3:1 gewann. Fest steht nach diesem Spieltag, dass es für alle Beteiligten noch ein bunter Aufstiegskampf werden dürfte.

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