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Ramona Schröder, ehemals Geschäftsführerin der Arbeitsagentur in Potsdam, ist seit gut zwei Jahren für Berlin und Brandenburg zuständig.

© PNN/Andreas Klaer

Sonderfall Berlin: Große Dynamik auf dem Arbeitsmarkt

Die vielen Krisen belasten kaum die Beschäftigung. Arbeitsagentur ist optimistisch und will sich noch mehr auf Weiterbildung konzentrieren.

Im Krisenjahr 2022 hat Berlin „einen richtig großen Schritt getan“ in Richtung einer früheren Normalität. Das betrifft jedenfalls den Arbeitsmarkt, über den sich Ramona Schröder, die Chefin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag überwiegend positiv äußerte. Und zwar sowohl im Rückblick als auch in ihrer Prognose für 2023. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten werde voraussichtlich um 1,7 Prozent auf 1,67 Millionen steigen, während der Zuwachs im Bundesdurchschnitt nur bei rund ein Prozent liege. „Wichtig ist für 2023, dass wir weiter in die berufliche Qualifizierung investieren“, sagte Schröder. Dazu soll auch das neue Weiterbildungsgeld beitragen, das hauptsächlich für Langzeitarbeitslose ohne Berufsabschluss gedacht ist.

In Berlin waren 2022 im Durchschnitt 179.000 Personen arbeitslos gemeldet, fast 20.000 weniger als 2021. Die Arbeitslosenquote lag bei 8,8 (Vorjahr: 9,8) Prozent – das liegt trotz der positiven Entwicklung noch deutlich über der bundesweiten Quote von 5,3 Prozent. Brandenburg dagegen hat mit 5,6 Prozent schon fast den Bundesdurchschnitt erreicht. Vergangenes Jahr waren 78.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger arbeitslos gemeldet, 4000 weniger als 2021.

Vor allem im Süden Brandenburgs gebe es derzeit einen großen Arbeitskräftebedarf, sagte Schröder und erklärte das mit der Wachstumsachse vom Wissenschaftsstandort Adlershof bis zur Lausitz. Für Tesla hätten die Arbeitsagenturen rund 1000 Arbeitskräfte vermittelt, davon stammten etwa 60 Prozent aus Berlin, sagte Schröder.

Bis zu 70.000 Ukrainer betreut

„Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt unglaublich hoch“, sagte die Agentur-Chefin. In Berlin gelte das für die Bereiche Information/Kommunikation, Gastgewerbe, Handel und wirtschaftsnahe Dienstleistungen, in Brandenburg dagegen hauptsächlich in der Metall- und Elektroindustrie/Fahrzeugbau, aber auch in Handel und Gastgewerbe, in der Pflege sowie im öffentlichen Dienst. Auf die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns von 10,40 Euro auf zwölf Euro zum 1. Oktober habe es auf dem Arbeitsmarkt keine Reaktionen gegeben, sagte Schröder. Die von Arbeitgebervertretern und Ökonomen geäußerte Sorge vor einem Arbeitsplatzabbau war offenbar unbegründet.

470.000
Personen werden allein in Berlin von den Jobcentern finanziell unterstützt

„Erhebliche Kopfschmerzen“ haben den Jobcentern die Betreuung von geflüchteten Ukrainern gemacht, die zum 1. Juni aus dem Asylbewerbersystem in das System der Grundsicherung aufgenommen wurden, berichtete Lutz Mania, der Geschäftsführer des Jobcenters Berlin-Mitte. Bis zu 70.000 geflüchtete und erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer habe man betreut, inzwischen seien es noch rund 20.000, davon verfügten knapp 15 Prozent über deutsche Sprachkenntnisse und etwa die Hälfe lerne gegenwärtig Deutsch. Neben der Sprache sei die Anerkennung der Berufe die größte Hürde, sagte Mania. Aus Sicht der Berliner IHK sollten Ausbildungsmanager an den beruflichen Schulen die Integration Geflüchteter unterstützen. Ferner müsse das Landesamt für Einwanderung mehr Personal bekommen.

Eine weitere große Herausforderung war für die Jobcenter die Einführung des Bürgergelds Anfang des Jahres. Fast 470.000 Personen werden allein in Berlin durch die Jobcenter unterstützt. Rund 65.000 Menschen habe man im vergangenen Jahr aus dem damaligen Hartz-IV-System in den ersten Arbeitsmarkt intergrieren können, sagte Mania. Die 164.000 Leistungsbezieher ohne Berufsabschluss wolle man ab Juli mit dem dann möglichen Weiterbildungsgeld von 150 Euro/Monat ansprechen. „Davon versprechen wir uns viel“, sagte Mania.

Die Bundesagentur selbst ist mit etwa 12.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in der Region. Allein in den zwölf Berliner Jobcentern arbeiten rund 8000 Personen.

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