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Potsdamer Mitglieder der Seebrücke bei einer Demo im Jahr 2020.

© Manfred Thomas

Lippenbekenntnisse statt Taten: Seebrücke Potsdam kritisiert Oberbürgermeister Schubert

Potsdamer Vertreter der Initiative „Sichere Häfen“ werfen der Ausländerbehörde „strukturell rassistisches“ Vorgehen vor. Die Stadt weist die Vorwürfe zurück.

Die Potsdamer Lokalgruppe der Flüchtlingsrettungsinitiative „Sichere Häfen“ hat scharfe Kritik an der Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) geübt.

Zum vierten Jahrestag des Stadtverordnetenbeschlusses zur Erklärung von Potsdam als „Sicherem Hafen“, die auch Schubert zu seinem persönlichen Anliegen gemacht hat, und drei Jahre nachdem Potsdam die bundesweite Koordination der Initiative übernommen hat, stellen die lokalen Vertreter der Gruppe Schubert ein vernichtendes Urteil aus. „Die Bekenntnisse zur zivilen Seenotrettung scheinen nach der Zeit nur noch wie Lippenbekenntnisse, denen keine Taten folgen“, heißt es in der Position der Potsdamer Initiativ-Vertreter.

2400
Geflüchtete hat die Stadt Potsdam im Jahr 2022 aufgenommen.

Konkret wird die Arbeit der Potsdamer Ausländerbehörde bemängelt, die laut „Sichere Häfen“-Vertreter „strukturell rassistisch agiert und Asylbewerber:innen gängelt“. Demnach würden Ermessensspielräume zugunsten betroffener Geflüchteter nicht ausgeschöpft. „In den letzten Jahren hat sich ihre Aussicht auf ein Bleiberecht nicht verbessert und die Stadt hat sich überhaupt nicht bemüht, ein ehrliches Interesse an diesen Menschen zu signalisieren.“

Erneut Kritik an Ausländerbehörde

Vorwürfe gegen die Potsdamer Ausländerbehörde sind nicht neu. So werden dem Amt unter anderem Kettenduldungen vorgeworfen. Der damit verbundene unsichere Aufenthaltsstatus erschwere die Wohnungs- und Arbeitssuche und führe zu psychischen Belastungen, heißt es immer wieder. Außerdem wurde wiederholt der ruppige Ton von Behördenmitarbeitern kritisiert. Die Vertreter der Initiative konstatieren gnadenlos: „Wie wichtig das Thema Migration und Integration Schubert wirklich ist, erklärt sich von selbst.“

Die Stadt muss endlich Willkommenspolitik als Priorität setzen.

Vertreter der Initiative Seebrücke Potsdam.

Die mangelhafte Umsetzung von der Verlegung Geflüchteter aus Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen und Wohnverbünde steht ebenso auf der Liste der Kritikpunkte. Konkret verweist man auf die Verlängerung der Gemeinschaftsunterkunft Handelshof.

Allerdings muss die Stadt angesichts steigender Flüchtlingszahlen und des schon jetzt zu knappen Wohnraums auch weitere Unterbringungsmöglichkeiten schaffen. Daher sind Gemeinschaftsunterkünfte unumgänglich, hieß es schon im Oktober aus der Stadt, mehrere Standorte seien in der Prüfung oder bereits in der Planung.

Initiative will Schwimmwesten im Stadtgebiet aufhängen

Die Stadt wies die Vorwürfe am Montag auf PNN-Anfrage zurück. „Vor allem der Vorwurf, die Kolleginnen und Kollegen würden strukturell rassistisch agieren, ist unhaltbar und diffamierend“, machte Stadtsprecher Jan Brunzlow klar. Potsdam habe allein in diesem Jahr mehr als 2400 Geflüchtete aufgenommen. Diese würden seitens der Ausländerbehörde betreut – „zusätzlich zu allen anderen Potsdamer:innen ohne deutschen Pass“, so Brunzlow.

„Dass dies aufgrund der aktuellen Situation nicht immer in einem gewünschten Zeitrahmen möglich ist, ist kein Potsdamer Phänomen“, gestand der Stadtsprecher Mängel ein. Brunzlow verwies gleichsam auf neu geschaffene Stellen, es werde zudem weiter Personal in dem Fachbereich aufgebaut.

Die Aktivisten der Potsdamer Seebrücke wollen nun anlässlich des UN-Tags der Menschenrechte am 10. Dezember 20 Schwimmwesten und Schilder an gut sichtbaren Orten im Stadtgebiet aufhängen, um an die Geflüchteten, die auch in diesem Jahr auf ihrer Fluchtroute im Mittelmeer ertrunken sind, zu erinnern. Die Forderung der Potsdamer Seebrücke-Vertreter: „Sichere Fluchtwege.“ Und man nimmt Potsdam als Koordinatorin des Bündnisses in die Pflicht: Die Stadt müsse „endlich Willkommenspolitik als Priorität setzen“.

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