zum Hauptinhalt
ARCHIV - 08.08.2022, Berlin: Das Logo des öffentlichen Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist an der Fassade am Sitz des Senders an der Masurenallee angebracht. Inmitten der RBB-Krise wollen CDU und SPD in Berlin einen Gehaltsdeckel für Führungskräfte in dem öffentlich-rechtlichen ARD-Sender einführen. (zu dpa: «RBB-Krise: Berliner Koalitionsvertrag sieht Gehaltsdeckel vor») Foto: Monika Skolimowska/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Monika Skolimowska

RBB-Untersuchungsausschuss in Potsdam: „Anstellungsverhältnisse der Intendanten waren nie Thema der Rechtsaufsicht“

Im RBB-Untersuchungsausschuss im Brandenburger Landtag sagt ein ehemaliger Spitzenbeamter aus. Aufs Glatteis führen können die Abgeordneten ihn nicht.

In der Potsdamer Staatskanzlei gehörte er Jahrzehnte lang zum innersten Machtzirkel: Sascha Bakarinow, 67 Jahre alt, heute Rechtsanwalt in Kleinmachnow. Doch vor seiner Pensionierung war der Jurist zunächst als Leiter des Referats „Kabinett, Landtag und Rundfunk“ und später dann als Leiter der Abteilung „Regierungsplanung und Koordinierung“ eine Schlüsselfigur im politischen Potsdam: Keine Kabinettssitzung und keine Landtagssitzung fand statt, ohne dass die jeweiligen Ministerpräsidenten vorher von Bakarinow gebrieft wurden.

Streckenweise vorgeführt

Und Bakarinow war auch für die Rechtsaufsicht der Staatskanzlei über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zuständig. Weswegen der Jurist am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags zum RBB-Skandal erschien. Doch der Versuch der Abgeordneten, dem erfahrenen Beamten Versäumnisse nachzuweisen, scheiterte. Im Gegenteil: Streckenweise führte Bakarinow das Gremium vor. „Der Ausschnitt, den die Rechtsaufsicht betrachtet, ist die Frage, ob der Medienstaatsvertrag und der RBB-Staatsvertrag eingehalten werden, und ob sich die Entscheidungen der Intendanz im Rahmen der Verfassung bewegen“, sagte Bakarinow. „Überprüft wird die Gleichwertigkeit der Standorte Berlin und Potsdam, die Gleichmäßigkeit der Berichterstattung aus beiden Ländern.“ Die Anstellungsverhältnisse der Intendanten oder der Direktoren oder auch das geplante Digitale Medienhaus seien dagegen nie Thema der Rechtsaufsicht gewesen.

Aber sonderlich aktiv wurde die Rechtsaufsicht über den RBB bislang offenbar nicht. Bakarinow führte in der Zeugenvernehmung im Ausschuss einige, wenige Fälle auf, in denen die Rechtsaufsicht tätig werden musste. Nach einem Schriftwechsel mit dem RBB räumte der Sender aber stets die Probleme ein, und versprach, sie abzustellen. „Ich habe ein Naturvertrauen zu öffentlich-rechtlichen Einrichtungen: Wenn man mir erklärt, wir werden unser Verhalten ändern, dann glaube ich das mal“, sagte Bakarinow. Doch auf die verwunderte Nachfrage etwa der Abgeordneten Dennis Hohloch (AfD) und Peter Vida (BVB/Freie Wähler) erklärte er: „Aber ich gucke natürlich zum Beispiel bei der Vorlage des nächsten Wirtschaftsplans dann auch darauf, ob die das wirklich auch gemacht haben – das ist doch selbstverständlich.“ Rügen oder andere konkrete Maßnahmen musste die Staatskanzlei aber bisher nicht aussprechen.

Es gibt dort zwar eine Diskussion – aber in der Regel ist es so, dass das, was von der Intendanz in den Rundfunkrat hineingegeben wird, so auch wieder aus dem Rundfunkrat herausgeht.

Sascha Bakarinow, war früher in der Potsdamer Staatskanzlei für die Rechtsaufsicht über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zuständig

Eine andere Position nahm im Ausschuss am Freitag indes der emeritierte Leipziger Jurist Christoph Degenhart ein. Er betonte, dass eine effektive Rechtsaufsicht gerade im Bereich der Wirtschaftlichkeit und des finanziellen Gebarens einer Rundfunkanstalt auch im Interesse der Rundfunkfreiheit waren. Die vom Brandenburger Untersuchungsausschuss behandelten Fragen, wie etwa das von Patricia Schlesinger eingeführte Bonussystem, seien „in vollem Umfang der Rechtsaufsicht zugänglich“, sagte Degenhart. „Denn es handelt sich hier um Fragen, wo kein mittelbarer Einfluss auf Programminhalte vorliegt.“ Rechtsaufsicht durch den Staat müsse nicht prinzipiell als Eingriff in die Rundfunkfreiheit gesehen werden. „Sie ist Voraussetzung dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Verfassungsaufgaben wahrnehmen kann.“

Mit Rundfunkrat abgerechnet

Kein gutes Haar ließ der Spitzenbeamte Bakarinow dagegen am Rundfunkrat des RBB. „Eine Sitzung des Rundfunkrates ist das Festival der Intendanz“, sagte Bakarinow. „Es gibt dort zwar eine Diskussion – aber in der Regel ist es so, dass das, was von der Intendanz in den Rundfunkrat hineingegeben wird, so auch wieder aus dem Rundfunkrat herausgeht.“ Eine Anspielung auf das berühmte Strucksche Gesetz, wonach kein Gesetz ein Parlament so verlässt, wie es in das Parlament hineingetragen wurde. Die Rundfunkratsmitglieder hätten stets nur die Interessen ihrer entsendenden Organisation im Blick gehabt, macht Bakarinow deutlich.

„Aber den wenigsten Rundfunkratsmitgliedern ist zum Beispiel der Zusammenhang zwischen ihren Entscheidungen und der Höhe der Rundfunkbeiträge bewusst gewesen.“ Die Staatskanzlei habe irgendwann sogar den Versuch gemacht, alle Brandenburger Rundfunkratsmitglieder zu einer Klausurtagung zusammenzurufen. Denn man wollte die Mitglieder des Gremiums für die größeren Zusammenhänge sensibilisieren.

Nach dem aktuellen Skandal freilich sieht auch Bakarinow Veränderungsbedarf. „Man wird die Kontrollinstrumente des Rechnungshofs nachschärfen müssen“, sagte Bakarinow. „Man wird die Verantwortung des Senders gegenüber dem Landtag nachschärfen müssen.“ Es müsse ein Mechanismus entstehen, der deutlich mache, dass der Rundfunk staatsfern organisiert bleibe, sich aber in das bestehende Gefüge öffentlich-rechtlicher Einrichtungen einordnen müsse. „Das bekommen Sie am Besten dadurch hin, dass sie den Sender rechenschaftspflichtig machen“, sagte Bakarinow. „Und die Rechenschaftspflicht des RBB gegenüber den Rundfunkräten hat nicht funktioniert.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false