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Kultur: Mit Eifer bei der Sache

Kibbuz-Jugendorchester Israel spielte in der „Blechbüchse“

„Musik ist die wichtigste Kraft, mit deren Hilfe Menschlichkeit entsteht“, haben sich die sechzehn Mitglieder des Kibbuz-Jugendorchesters Israel zu ihrem Credo erhoben. Zurzeit touren sie erstmals durch Deutschland, geben Konzerte, pflegen in Schulen den christlich-jüdisch-muslimischen Dialog. Nun machten sie auf Einladung der Jüdischen Gemeinde Potsdam am Dienstag im Theaterhaus Am Alten Markt Station. Auf der Bühne müssen sie mit deren rechter Hälfte vorlieb nehmen, da links der offene „Dreigroschenoper“-Graben gähnt. Das nur aus Streichern bestehende Ensemble sitzt eng beieinander. Würde dem optischen Zusammenhalt auch der akustische folgen?

Die Zuhörer, größtenteils der russisch-jüdischen Community der Stadt zugehörig, wählen ihre Plätze passenderweise auch rechtsseitig. So verliert die „Blechbüchse“ manches von ihrem Fabrikhallenambiente, entsteht trotz spärlicher „Füllung“ fast eine familiäre Atmosphäre. Einen Programmzettel gibt es nicht. Stattdessen wird mündlich das jeweilige Stück angesagt, verbunden mit ein paar Worten zum Herkommen der 14- bis 18-jährigen Schüler des Musikzentrums der Region Yzreel Tal, in Galiläa in der Nähe der Stadt Nazareth gelegen. Auch dort pflege man Multikulti. Und das Einstudieren anspruchsvoller Werke. Mit Eifer sind sie bei der (Vorführ-)Sache.

Man hört es bereits bei einem dreisätzigen Concerto für Streicher von Antonio Vivaldi. Leicht ist ihr Bogenstrich, filigran ihr Klangbild, aber leider nicht sehr sauber. Da hat ihr väterlich wirkender An-Leiter, der Dirigent Uri Chen, noch viel Arbeit vor sich. Auffällig: Sie können schön leise spielen. Mit Freude vernimmt''s das Ohr – hier und im weiteren Verlauf ihres anderthalbstündigen Musizierens. Weniger erfreulich das intonationsgetrübte Zusammenklingen von je vier ersten und zweiten Geigen, beispielsweise in der „Don Quixote“-Suite von Georg Philipp Telemann. Erfolgreich bringen sie dagegen die zahlreichen tonmalerischen Affekte zum Ausdruck: des Titelhelden Kampf gegen die Windmühlenflügel, Dulcineens Betörungen, Rosinantes Trippelschritte beim Ritt durch die Sierra Den getragenen Ausdruck des traditionellen Gebets „Naguin“, einst in Töne gebracht von Rabbi Nahmann von Breslau, treffen sie intuitiv. Nicht weniger berührend hört sich der elegische bis leidenschaftlich aufbegehrende Gestus von Paul Hindemiths Trauermusik für Cello und Streicher an. Als Solist weiß Hay Khen, Sohn des Dirigenten, leicht und ausdrucksstark zu artikulieren.

Um von weiterer Vielseitigkeit zu künden, erklingt der zweite und dritte Satz aus Johann Sebastian Bachs d-Moll-Klavierkonzert BWV 1052. Dazu wird der moderne, leider total unsauber klingende (Theater-)Flügel gleich einem barocken Continuoinstrument zwischen zweite Geigen und Bratschen geschoben – was unnötig langes Umbauen erspart. Des Dirigenten Schwiegertochter Gabriela Goda-Khen greift, weitgehend romantisch empfindend, in die Tasten. Da vor allem die hohen Streicher vergessen haben, ihre Instrumente nachzustimmen, summieren sich die falschen Frequenzen nach physikalischer Gesetzmäßigkeit. Eine Zumutung für die Ohren. Manchmal klingt''s gar wie Spelunken-Jennys Kneipenklavier. Zwei englische Volkslieder in der Bearbeitung für Streichorchester, beschließen das beifällig aufgenommene Programm.Peter Buske

Peter Buske

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