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Die Studierendenschaft des Institut für Künste und Medien an der Universität Potsdam wehrt sich gegen den Rauswurf ihres Professors Johannes Ungelenk.

© Andreas Klaer

„Wir wurden übergangen“: Wissenschaftler kritisieren Entscheidung der Uni Potsdam

Elf Professorinnen und Professoren protestieren gegen die Entscheidung der Uni Potsdam, Johannes Ungelenk eine ordentliche Professur zu verwehren. Jetzt hat sich eine Uni-Sprecherin geäußert.

Nachdem mehr als hundert Studierende letzte Woche an der Universität Potsdam gegen den Weggang des Literaturwissenschaftlers Johannes Ungelenk protestiert hatten, gibt es nun auch deutliche Kritik aus der Wissenschaft: Elf Professorinnen und Professoren der Kultur- und Literaturwissenschaft aus ganz Deutschland haben in einem Brief an Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) die Entscheidung der Uni kritisiert, Ungelenk nach sechs Jahren Juniorprofessur trotz fachlich guter Leistungen eine ordentliche Professur zu verwehren.

„Es bleibt unverständlich, wie die zentrale Tenure-Kommission, ein beratendes Gremium ohne fachliche Expertise, zu einer Empfehlung kommen kann, die der Einschätzung aller zugezogenen Fachwissenschaftlerlnnen […] diametral widerspricht“, heißt es in dem Brief. Die Nachbesetzung der Professur sei „argumentfrei abgelehnt worden“.

Bei den elf Absenderinnen und Absendern handelt es sich um die Personen, die in der Fakultäts-Tenure-Kommission saßen, um über Ungelenks Berufung zu entscheiden. Sie kommen unter anderem von der Gothe-Universität in Frankfurt am Main, der Freien Universität Berlin, der Universität Bonn und der Universität Wien. Eine der Unterzeichnerinnen ist Annette Simonis, die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Sie alle hatten für die Berufung votiert.

Professor Johannes Ungelenk soll die Universität Potsdam verlassen, obgleich seine Fachkolleginnen und -kollegen anderer Meinung sind.

© Andreas Klaer

Neben der Fakultäts-Tenure-Kommission entscheidet jedoch auch noch die von Fachfremden besetzte Zentrale Tenure-Kommission über Berufungen, in der auch Uni-Präsident Oliver Günther sitzt. Diese hatte die Berufung abgelehnt. „Eine Beratung zwischen Fakultäts- und zentraler Tenure-Kommission hat nicht stattgefunden, über den negativen Ausgang des Verfahrens wurden wir vom Präsidium nicht in Kenntnis gesetzt“, heißt es in dem Brief.

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„Es stellt sich die Frage, wofür externe Wissenschaftlerlnnen den Aufwand betreiben, ausführliche, differenzierte Gutachten zu schreiben oder mehrfach nach Potsdam zu reisen, um vor Ort den Kandidaten zu hören und seine Leistungen zu diskutieren, wenn am Ende unsere fachliche Einschätzung schlicht übergangen wird“, heißt es weiter.

Der Fall geht vor Gericht

Das Ministerium äußert sich öffentlich nicht zu dem Konflikt: „Der Vorgang ist eine hochschulinterne Angelegenheit und die rechtlichen Fragen werden momentan vor Gericht geklärt“, sagt Sprecherin Ricarda Nowak auf PNN-Nachfrage. Ungelenk, der noch bis Ende März an der Uni Potsdam beschäftigt ist, geht rechtlich gegen die Entscheidung vor.

„Die negative Entscheidung erfolgte nicht – wie in der Presse dargestellt – ausschließlich oder maßgeblich aufgrund der Drittmittelbilanz“, sagt Uni-Sprecherin Silke Engel auf Nachfrage der PNN. „Selbstverständlich kann Tenure [die Berufung zur ordentlichen Professur, Anm. d. R.] auch gewährt werden, wenn gar keine Drittmittel eingeworben wurden.“ Studierende von Ungelenk hatten der Universität vorgeworfen, dass der Juniorprofessor wegen angeblich zu wenig eingeworbener Drittmittel nicht zum ordentlichen Professor berufen wurde.

„Tenure-Entscheidungen basieren immer auf einer Würdigung des Gesamtbildes“, so Engel weiter. Genau dies habe nicht stattgefunden, kritisieren die Verfasserinnen und Verfasser des Briefes an Schüle, denn Ungelenk habe erst letztes Jahr den Fachkongress der deutschsprachigen Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft „mit großem Erfolg in Potsdam ausgerichtet“. Zudem hatte er bereits seit 2021 praktisch die Arbeit einer Professorin am Lehrstuhl mitübernommen, die damals krankheitsbedingt ihren Dienst beendet hatte.

Als Reaktion auf die Proteste hat Uni-Präsident Oliver Günther angekündigt, sich Anfang März mit den Studierenden zu einem Gespräch zu treffen.

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