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Sport: Werbung pur

Turbine Potsdam gewann als erste ostdeutsche Fußballmannschaft im Olympiastadion den DFB-Pokal

Turbine Potsdam gewann als erste ostdeutsche Fußballmannschaft im Olympiastadion den DFB-Pokal Es konnte gar nichts schief gehen. Am Vorabend hatte Potsdams Oberbürgermeister auf dem offiziellen Empfang des Deutschen Fußball-Bundes die Trophäe schonmal kurz beschworen, am Sonnabendfrüh hatte der Vereinspräsident noch frischen Beelitzer Spargel für DFB- Chef Gerhard Mayer-Vorfelder besorgt, und am späten Nachmittag lieferten die Fußballerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam im Berliner Olympiastadion ein so tolles Spiel gegen den 1. FFC Frankfurt, dass sie den DFB-Vereinspokal ganz einfach gewinnen mussten. Erstmals holte sich damit eine ostdeutsche Fußballelf an traditionsreicher Pokalstätte die Trophäe. Den Männern des FC Energie Cottbus (0:2 gegen den VfB Stuttgart) und des 1. FC Union Berlin (0:2 gegen den FC Schalke 04) war dieser Triumph 1997 bzw. 2001 versagt geblieben. Verständlich daher die Riesenfreude, die nach 90 Minuten herzerfrischenden Potsdamer Spiels (siehe auch links) bei Turbine-Mannschaft und -Fans ausbrach. Die Kickerinnen bestürmten ihren Trainer und holten ihn – mitten im ZDF-Interview – zu einem spontanen Tänzchen von der Kamera, ehe sie auf dem Spielfeld im Kreis tanzten. Da reihten sich auch Ministerpräsident Matthias Platzeck, Potsdams Stadtoberhaupt Jann Jakobs und Frauen-Minister Günter Baaske, die die letzte halbe Stunde ein Stück neben Potsdams Mannschaftsbank mitgefiebert hatten, in den Reigen ein. Als Ariane Hingst schließlich bei der Siegerehrung von Bundespräsident Johannes Rau den Pokal überreicht bekam, kannte der Jubel kein Ende mehr. „Reißen Sie sich von dem Mann los“, bat der wartende Rau Turbines Mannschaftsführerin, als Mayer-Vorfelder mit ihr noch ein Schwätzchen halten wollte – um anschließend halb in Deckung zu gehen, als Hingst den Pokal mit großem Schwung aus der Drehung in die Höhe riss „Ich bin noch ohne Worte. Unser größter Traum wurde heute wahr. Wir brauchten dieses Jahr einen Titel, und den Pokal kann uns jetzt niemand mehr nehmen “, strahlte Ariane Hingst nach der Ehrenrunde ihrer Elf, und auch Petra Wimbersky dachte da längst nicht mehr nach ihrem vergebenen Elfmeter. „Was soll“s, wir waren heute gut drauf und haben verdient gewonnen.“ Was Nadine Angerer bekräftigte: „Frankfurt hatte nicht den Hauch einer Chance.“ Und Navina Omilade bekam sich kaum ein. „Das ist der Wahnsinn. Vor allem die Art und Weise, wie wir unsere vielen Chancen herausspielten. Das war Werbung für unseren Verein.“ Fürwahr: Neben dem klaren Ergebnis war auch Turbines spielerische Dominanz Werbung pur für den Frauenfußball: 30 000 Fans zollten den Potsdamerinnen im Stadion ihre Anerkennung dafür, im Durchschnitt 2,12 Millionen Zuschauer – das machte einen Anteil von 23,7 Prozent– waren an den Fernsehern dabei. Sie sahen „Turbienen“, die dem zuletzt fünffachen Pokalgewinner vom Main nicht den Hauch einer Chance ließen. Peggy Kuznik verurteilte gemeinsam mit Inken Becher Weltfußballerin Birgit Prinz fast zur Wirkungslosigkeit, in der Mitte knüpften Ariane Hingst und Viola Odebrecht die Fäden, vorn sorgten Conny Pohlers, Jennifer Zietz und Anja Mittag immer wieder für Torgefahr. „Wir waren alle total motiviert und können mit unserer Leistung insgesamt zufrieden sein“, meinte Anja Mittag, die zu den auffälligsten Pokal-Akteurinnen gehörte. „Es ist einfach nur geil, dass wir heute der ganzen Welt gezeigt haben, dass wir nicht die ewigen Zweiten sind,“ erklärte Viola Odebrecht. „Wir haben heute eine Top-Form erwischt und hätten noch mehr Tore machen können“, sagte Conny Pohlers, und Jenny Zietz erzählte: „Nach meinem Tor hatte ich eine Gänsehaut und dachte nur: genial, genial, genial.“ Auch in den Katakomben wurde weiter gefeiert. Immer wieder wurde der Pokal mit Sekt gefüllt, und das Polizeiorchester Brandenburg gab den Siegerinnen vor ihrer Kabine ein Ständchen, wobei Franziska Liepack zeitweise den Taktstock schwang. Und ehe es zur Siegerparty heim nach Potsdam ging (siehe Seite 9), bewiesen Potsdams Kickerinnen bei Moderator Michael Steinbrecher im ZDF-Sportstudio am Potsdamer Platz in eleganten weißen Hosenanzügen, dass sie auch außerhalb des Stadions Siegertypen sind.

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