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Aus dem GERICHTSSAAL: Die Rehe verscheucht

Anklage: Jäger drohte Wandersleuten mit der Flinte

Aus dem GERICHTSSAALAnklage: Jäger drohte Wandersleuten mit der Flinte Beelitz - Dietmar D.* (66) saß am Abend des 7. Juli 2004 auf einem Hochstand in Beelitz, das Gewehr im Anschlag, Rehwild im Visier. Dann kamen drei Spaziergänger mit ihren Hunden. Die Rehe flüchteten in großen Sätzen. Der Jäger schwang sich wutentbrannt in sein Auto, traf an einem Spargelfeld wenig später erneut auf die Personengruppe. „Er hielt an und brüllte, er werde unsere Hunde erschießen, wenn wir sie das nächste Mal wieder frei herumlaufen lassen“, berichtet Karina K.* (37) im Zeugenstand. „Dabei waren die Windhunde an der langen Laufleine. Das hat er wohl im ersten Moment nicht gesehen.“ Statt Ruhe zu geben, habe der Mann erregt und aggressiv erklärt, zwei Stunden nach Sonnenuntergang hätten sie in dieser Gegend nichts zu suchen. Er könne nicht immer genau sehen, worauf er schießt. „Unter Umständen würde es uns dann genauso ergehen, wie der jungen Frau in Neustadt/Dosse, die jetzt im Rollstuhl sitzt“, so die Zeugin. „Ich sah das Gewehr auf dem Beifahrersitz und hatte in dem Moment richtige Angst.“ Dietmar D. – angeklagt wegen Bedrohung mit einem Verbrechen – wiegelt ab. „Ich hatte am Morgen zufällig in der Zeitung gelesen, ein Jäger habe eine Frau, die sich widerrechtlich im Maisfeld aufhielt, für ein Wildschwein gehalten und einen Schuss abgegeben. Mit diesem Beispiel wollte ich die Leute warnen. Schließlich ist es ein Risiko, sich im Jagdgebiet aufzuhalten.“ Keinesfalls habe er geäußert, den Hunden und ihren Haltern absichtlich etwas anzutun, beteuert der Jäger. „Die Waffe war selbstverständlich entladen.“ „Meine Frau und ich wollten mit unseren Hunden ein neues Spargelfeld in der Nähe unseres Hauses umrunden. Da schien die Sonne übrigens noch. Plötzlich kam Herr D. rasant auf uns zugefahren, dass es nur so staubte, und schrie, wir müssten damit rechnen, angeschossen zu werden“, empört sich Karsten K.* (41). „Er hat uns schlichtweg verboten, auf dem Feldweg spazieren zu gehen.“ Dann habe er die Sache mit dem Wildschwein zum Besten gegeben. „Bei mir kam das so an, als wolle er uns klarmachen, dass einem Jäger sowieso nicht viel passiert, wenn er einen Menschen erwischt.“ Der Verteidiger von Dietmar D. mischt sich ein. Zufällig habe er auch jenen Schützen juristisch vertreten, der die Maispflückerin mit einem Schwarzkittel verwechselte. „Das war ein tragischer Unfall. Der Mann erhielt eine Bewährungsstrafe“, stellt der Rechtsanwalt klar. Keinesfalls habe Dietmar D. den Ausgang dieses Verfahrens als Freibrief verstanden, verantwortungslos herumzuballern. „Haben Sie sich über die Spaziergänger geärgert, die Ihnen die Rehe verscheuchten, oder wollten Sie sie wirklich nur warnen?“, fragt der Staatsanwalt. „Die Leute sollten die Hunde an die Leine nehmen. Beim ersten Mal liefen die nämlich frei im Wald herum“, beharrt der Angeklagte. Da er bislang nicht vorbestraft ist, stellt das Gericht das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage von 600 Euro ein. (*Namen geändert.) Hoga

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