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In der Mobiagentur sollen ab Anfang Oktober keine Fahrscheine mehr für Fernzüge verkauft werden.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bahnhof ohne Fahrscheine: Tickets in Potsdam nur am Automaten und online

Ab Oktober sollen in der Mobiagentur am Potsdamer Hauptbahnhof keine Fernfahrscheine mehr verkauft werden. Dagegen soll sich das Rathaus nun auf Antrag der Stadtverordneten einsetzen.

Im Februar 2020 wurde die Mobiagentur im Potsdamer Hauptbahnhof eröffnet. Seither werden in dem gebündelten Kundenzentrum vom Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP), Reisezentrum der Deutschen Bahn und Touristeninformation Fahrscheine für den Fernverkehr verkauft. Doch damit soll ab Oktober Schluss sein. Dann sollen Tickets für Fernzüge nur noch am Automaten oder online verkauft werden. Das bestätigte Stadtwerke-Sprecher Stefan Schulz auf Anfrage.

100.000
Euro weniger Provision erhält der ViP nach eigenen Angaben durch die Vertragsänderung

Grund für die Einstellung des Verkaufs in der Mobiagentur ist demnach eine Verschlechterung der Konditionen. Der Vertrieb der Deutschen Bahn habe dem Verkehrsbetrieb einen ab Dezember 2022 gültigen Vertrag mit „erheblich verschlechterten Konditionen“ angeboten, so Schulz. „Der Provisionssatz wurde halbiert.“ Für den ViP bedeute das einen Rückgang der Provisionen um rund 100.000 Euro pro Jahr. Somit sei die Wirtschaftlichkeit des Direktvertriebs nicht mehr gegeben.

„Für den Kunden erwartbare Leistung“

Die Bahn, so stellt es Schulz dar, sei nicht gesprächsbereit. Man habe dieser die Unzufriedenheit mit den Entscheidungen mitgeteilt, jedoch keine Reaktion erhalten. Auch auf die Ankündigung der Einstellung des Fahrkartenverkaufs sei keine Kontaktaufnahme seitens der Deutschen Bahn erfolgt. Aus Sicht des ViP sei der Verkauf des kompletten Fahrkartensortiments am Hauptbahnhof der Landeshauptstadt „eine für den Kunden erwartbare Leistung“, die jedoch angemessen vergütet werden müsse.

Immer weniger Kunden haben das Reisezentrum für den Kauf ihrer Fahrscheine oder Auskünfte in Anspruch genommen.

Sprecher der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn hält sich auf Anfrage bedeckt. Zu Verträgen und deren Inhalten äußere man sich nicht öffentlich, so ein Sprecher. Er verweist auf den „anhaltenden Trend zu digitalen Vertriebsplattformen“. So würden „bereits vier von fünf Fahrkarten im Fernverkehr digital gekauft“. Das habe dazu geführt, dass „immer weniger Kunden das Reisezentrum für den Kauf ihrer Fahrscheine oder Auskünfte in Anspruch genommen haben“. Zudem sei der Potsdamer Hauptbahnhof „ausreichend mit Fahrkartenautomaten (an denen man auch Fernverkehrsfahrkarten kaufen kann) ausgestattet“, so der Sprecher weiter.

Die Deutsche Bahn verweist für den Fernverkehr auf die Fahrkartenautomaten am Hauptbahnhof.
Die Deutsche Bahn verweist für den Fernverkehr auf die Fahrkartenautomaten am Hauptbahnhof.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Keine Fahrscheine mit persönlicher Beratung mehr am Hauptbahnhof: Gegen diese Veränderung soll sich Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) nun bei der Deutschen Bahn einsetzen. Das haben Potsdams Stadtverordnete am Mittwochabend auf Antrag der Linken beschlossen. „Es gibt in Deutschland ein unglaubliches Wirrwarr an Tarifen“, erläuterte Ralf Jäkel (Linke) zu dem Antrag. Für die gleiche Strecke gebe es je nach Verbindung, je nach Zeit oder Zugart ganz unterschiedliche Angebote. Das sei gerade für Menschen, die nicht so häufig mit der Bahn fahren, schwer zu durchschauen. „Wer sich nicht auskennt, zahlt schnell 200 Euro zu viel“, sagte Jäkel. Potsdam dürfe sich nicht abspeisen lassen mit einer Erklärung der Deutschen Bahn, so Jäkel.

Halt für umgeleitete ICEs in Potsdam?

Es ist nicht das einzige Anliegen, das Schubert auf Antrag der Stadtverordneten nun an die Bahn herantragen soll. Ebenfalls auf Antrag der Linken soll er sich stark machen dafür, dass alle durch Potsdam umgeleiteten ICE-Züge am Hauptbahnhof Potsdam halten. Das Gleiche soll auch für über Golm umgeleitete Züge gelten, so Jäkel.

Auf Antrag der Fraktion Mitten in Potsdam soll sich das Rathaus zudem bei der Deutschen Bahn dafür einsetzen, dass das Gebäude des Bahnhofs Charlottenhof „zeitnah gesäubert“ und gründlich saniert wird. Der Bahnhof sei heruntergekommen, beschmiert und schäbig, so Wieland Niekisch (Mitten in Potsdam) vor den Stadtverordneten. Das habe man kürzlich in einem Trailer zum Sommerinterview mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eindrucksvoll gesehen. (mit jaha)

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