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Französische Kirche in Potsdam

© Andreas Klaer

300 Jahre Französische Gemeinde: Wie Hugenotten die Stadt Potsdam prägten

Im Bouman Haus läuft eine Ausstellung zu den Feiern des 300-jährigen Jubiläums der Französisch Reformierten Gemeinde Potsdam. Erinnert wird dabei an bedeutende Persönlichkeiten.

Die Französisch-Reformierte Gemeinde in Potsdam feiert fast das ganze Jahr über das 300-jährige Jubiläum der Kirchweihe mit Gottesdiensten, Vorträgen oder Konzerten. Obwohl das 1685 in Kraft getretene Edikt von Potsdam die Einwanderung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich bewirkte, kam es erst 38 Jahre danach zur Gründung einer eigenen Kolonie und Gemeinde in Potsdam, im Jahr 1723.

Als erster Pastor wirkte Thomas le Cointe. Er gehörte mit seinen Eltern zu den Hugenotten, die ihr Heimatland Frankreich wegen ihres evangelischen Bekenntnisses verlassen mussten. Die Gottesdienste fanden zunächst in der Potsdamer Stadtschloss-Kapelle statt. König Friedrich II. ließ dann 1753 für die Gemeinde die Französische Kirche am heutigen Bassinplatz bauen, finanziert aus seiner Privatschatulle. Es ist das einzige sakrale Gebäude, das unter der Ägide des Monarchen für Potsdam entstand. Der Rundbau, von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff entworfen und von Jan Bouman ausgeführt, zitiert das antike Pantheon in Rom.

Glaubensflüchtlinge kamen nach Toleranzedikt von 1685

Im Jan-Bouman-Haus in Potsdams Holländischem Viertel wurde anlässlich des Jubiläums unlängst eine kleine, aber feine Ausstellung mit dem Titel „Esprit et Liberté – Geist und Freiheit“ eröffnet. Kuratorin Susanne Marok, die zugleich Leiterin des Museums ist, erzählt auf mehreren Bildtafeln die Geschichte der Hugenotten in Potsdam anhand von Persönlichkeiten.

Ausstellung zum 300. Jubiläum der Französischen Kirche Potsdam im Jan-Bouman-Haus.

© Andreas Klaer

Pastor Le Cointe hatte noch persönliche Erfahrungen mit den Verfolgungen der Hugenotten durch den französischen Staat gemacht. Der französische König Ludwig XIV. verfügte die Aufhebung des Ediktes von Nantes, das den Hugenotten im katholisch beherrschten Land Duldung gewährte. Eine groß angelegte Missionierungsaktion zugunsten der katholischen Kirche wurde 1685 gestartet. Mehr als eine halbe Million französische Protestanten, meist Handwerker und Gewerbetreibende, verließen daraufhin ihr Heimatland. Sie fanden unter anderen in Brandenburg Aufnahme.

Auf den Ruf des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der das Edikt von Potsdam initiierte, ließen sich mehr als 20.000 Hugenotten in Berlin und Umgebung nieder. Der Kurfürst war selbst Calvinist. Er erhoffte durch die Aufnahme der eingewanderten Flüchtlinge einen Aufschwung der Wirtschaft.

Viele bedeutende Mitglieder in der Gemeinde

Die Ausstellung im Bouman-Haus stellt zum Beispiel Anne Marie Baral (1728-1805) vor, die auf einer Maulbeer-Plantage Seidenraupen züchtete und deren Kokons zu Rohseide haspelte. Sie wurde zu einer der wichtigsten Produzentinnen im Seidenbau in Preußen.

Die Malerin Suzette Henry (1763-1819) wiederum genoss in Potsdam Prominenten-Status. Die Tochter des bedeutenden Kupferstechers Daniel Chodowiecki war die Frau des zweiten Pastors der Kirchengemeinde, Jean Henry, der zugleich königlicher Bibliothekar war. Vor allem waren ihre moralisierenden Gemälde mit dem Titel „Die gute und die schlechte Erziehung der Tochter“ beim Potsdamer und Berliner Kunstpublikum beliebt. Ihre Schwester Jeannette heiratete den Pfarrer Jacques Papin (1761-1818). Der Theologe nahm als Vertreter der Stadt Potsdam 1807 an den Friedensverhandlungen zwischen Preußen, Russland und Frankreich im ostpreußischen Tilsit teil.

Erinnert wird in der Ausstellung auch an Wilhelm Sankt Paul, der Potsdams Geschicke als Oberbürgermeister von 1821 bis 1844 leitete, an Gustave Adolphe Briet (1822-1905), der eine Kleinkinderschule gründete und am Aufbau des Oberlinhauses in Babelsberg beteiligt war, an den Pastor Eduard Friedrich Joseph Chambon (1884-1965), der das nationalsozialistische Regime ablehnte und Mitglied der Bekennenden Kirche war.

Die Pfarrer Karl Manoury (1894-1966) und Günter Rutenborn (1912-1976) haben ihre Gemeinden durch schwierige Zeiten auch nach dem Zweiten Weltkrieg geführt. Ihre schriftstellerischen Arbeiten waren sehr geachtet. So verfasste Manoury zwei Bände über die Hugenotten-Geschichte Berlins und Potsdams, Rutenborn schrieb Theaterstücke, die nach 1945 an professionellen Bühnen Erfolg hatten. Auch Hildegard Rugenstein, die 38 Jahre Pastorin in der Französisch-Reformierten Gemeinde war, erhielt in der Ausstellung ebenfalls eine Tafel. Die Theologin hat die Gemeinde mit vielfältigen Impulsen und Ideen in unsere Zeit hineingeführt. Seit 2021 ist sie Pfarrerin auf der Hallig Hooge in der Nordsee.

In der zum Jubiläum erschienenen Festschrift wird angedeutet, dass eine Fusion der Potsdamer mit der Berliner Französischen Gemeinde nicht ausgeschlossen ist. „Gesunkene Mitgliederzahlen und damit verbundene finanzielle Zwänge erfordern strukturelle Änderungen“, teilt die Gemeindeleitung, das Presbyterium, darin den Lesern mit.

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