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Kreisel im Grünen. 1992 wurde am Eingang das Karussell „Roting Cup“ errichtet – auch heute ein beliebtes Fotomotiv. Die Tassen, einst aus dem in Konkurs gegangenen französischen Freizeitpark „Mirapolis“ gekauft, drehen sich noch immer.

© TSP

Freizeitpark: Theaterspuk unterm Riesenrad

Seit 2001 rottet der Spreepark im Plänterwald vor sich hin. Jetzt wollen Künstler das Konzept eines Kulturparks entwickeln

Berlin - Seit 2001 wuchert der Spreepark im Plänterwald zu, jetzt nehmen sich Amerikaner des Parks an. Das Projekt Kulturpark will Ideen sammeln, wie das Gelände wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Das Projekt um die US-amerikanische Kuratorin Stephanie Sherman begann 2009 mit einem Stipendium für vier US-Künstler, die das Gebiet aus künstlerischer Sicht erforschen sollten. Heute ist die Gruppe auf 25 internationale Künstler angewachsen.

Um den Spreepark wiederzubeleben, haben die Künstler Workshops geplant, die in den nächsten Tagen neue Ideen liefern sollen. Am Sonntag wird es einen Think-tank der Künstler geben.

Das rostige Riesenrad als Gerüst für ein Spiegelkunstwerk, eine riesige Familiensandbox, ein zweisprachiger Radiosender, der die Faszination des Spreeparks nach Südamerika vermittelt – solche Ideen werden diskutiert. Ein zweiter Think-tank soll Verwaltung, Programm- und Stadtplaner an einen Tisch bringen. Grün Berlin, IHK, Bauverwaltung und Landschaftsarchitekten sowie Künstler werden sich am Mittwoch im Rathaus Köpenick treffen. Bezahlt wird das Künstlerkollektiv nicht. Die meisten Ausgaben werden durch Crowdfunding, Sammeln im Internet, finanziert. Die Gelder kommen fast ausschließlich von Amerikanern, die sich wie Sherman für den Park begeistern.

„Die Zeit der Achterbahnen ist hier vorbei und soll es auch bleiben“, sagt Sherman. „Die unglaubliche Atmosphäre dieses Dschungels muss erhalten bleiben.“ Das überzeugt auch Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick und Schirmherr der Veranstaltung. Igel erhofft sich dadurch neue Anregungen: „Es ist ein frischer, unverstellter Blick auf ein Thema, das die Bürger aufwühlt.“ Er hofft, dass sich durch die Aufmerksamkeit, die die Künstler für den Park erzeugen, „jemand in den Spreepark verliebt, der mit dem nötigen finanziellen Hintergrund ausgestattet ist“. 15 Millionen Euro Schulden müssten vor dem Spatenstich beglichen werden. Den größten Teil soll die Deutsche Bank fordern.

Das Kulturpark-Projekt ist nur eine Lightversion, es sollte ursprünglich über den gesamten Juni gehen. Jetzt sind nur Treffen geplant, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Das wirtschaftliche Konzept war zu undurchsichtig“, sagt Gerd Emge, der die Anlage mit seiner Sicherheitsfirma kostenlos bewacht. Dafür darf er das Areal vermarkten, so ist der Deal mit Pia Witte, der Chefin der insolventen Spreepark GmbH. Müll und Toilettenversorgung kosteten Geld, die Bezahlung sei nicht sichergestellt gewesen. Obwohl der Veranstaltungskalender des Parks auch für diesen Sommer voll ist, hofft Emge immer noch auf einen Großinvestor, derzeit sei aber keiner in Sicht.

Viel Zeit also für Projekte: Nun kehrt auch der Spuk unters Riesenrad zurück, dorthin, wo er vor 34 Jahren als Fernsehserie begann. Kulturmanagerin Eva-Maria Brück-Neufeld und Schauspielerin Anne Diedering mit dem Verein White Elephant Collective bringen im Spreepark die DDR-Kultserie „Spuk unterm Riesenrad“ als Theaterstück auf die Bühne. Dort, wo die sieben Folgen 1978 gedreht wurden und wo ein Großteil der Handlung spielt. „Das ist genau der richtige spukige Ort, wo das rostige Riesenrad im Wind quietscht“, sagt Brück-Neufeld. Gespielt wird auf einer Freifläche vorm Riesenrad, es gibt eine überdachte Tribüne für die dreiwöchige Spielzeit. Etwa 200 Besucher sollen ab 7. Juli die Abenteuer der Geschwister Tammi und Keks erleben. Die besuchen ihre Berliner Großeltern, die im Plänterwald eine Geisterbahn betreiben. Versehentlich erwecken die Kinder drei Holzfiguren zum Leben. Die Figuren fliehen, besorgen sich im einstigen Centrum Warenhaus am Alexanderplatz einen Staubsauger und fliegen darauf in den Harz. Und Tammi und Keks düsen hinterher. Per Crowdfunding sucht das Team noch nach Spendern.

Künstler, Konzerte, Theater, Dreharbeiten, ob für den Hollywoodfilm „Hanna“ oder den Berliner Vampirfilm „Wir sind die Nacht“ – dass trotz der Schließung 2001 ab und zu Leben in den Park kommt, ist die Aufgabe Gerd Emges. „Mein Wunsch wäre es, den Park als Kultur- und Kunstfläche mit mehreren Bühnen zu öffnen“, sagt Emge. Soweit will Treptow-Köpenicks Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) noch nicht gehen. Er würde am liebsten das denkmalgeschützte Eierhäuschen an der Spree aus der Insolvenzmasse herauslösen, sanieren und darin Gastronomie betreiben. „Momentan vergammelt es nur.“

Ständig erreichen Emge Anfragen von Studenten, die ihre Diplomarbeit schreiben wollen, von Bands, von Veranstaltern. Marc Terenzi, der eher durch seine kurze Ehe mit der Sängerin Sarah Connor bekannt wurde als durch die eigene Gesangskarierre, will mit einem Ableger seiner „Horror Nights“ im August und September unters rostige Riesenrad kommen. Die Show läuft bisher im Freizeitpark „Europapark Rust“ nahe Freiburg. Im Juli geben sich dann die ersten drei Paare das Ja-Wort im Park. Es soll auch wieder Open Air Kino geben. Ende August könnte ein Liedermacher-Event stattfinden, Emge will ein Sommerfest mit Schaustellern veranstalten. Mit Karussells und Schießbuden. Das wollen auch die Theatermacherinnen von „Spuk unterm Riesenrad“. Während der Spielzeit soll es dort Zuckerwatte, Büchsenwerfen und „Hau den Lukas“ geben – ein bisschen Kirmes im Vergnügungspark.

Spuk unterm Riesenrad, 6.-29. Juli, Infos auf www.spuk-unterm-riesenrad.de, Spenden unter www.startnext.de/spuk-unterm.-riesenrad. Am Wochenende und an Feiertagen ist der Eingangsbereich mit Imbiss Café Mythos von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt frei. Parkeisenbahn (2 Euro), Führungen (15 Euro). Infos zum Kulturpark auf www.kulturpark.org, zum Spreepark an sich auf www.berliner-spreepark.de

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