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© Kitty Kleist-Heinrich TSP

„Sonst bleibt nur noch Berlin“: In Brandenburg könnten bald keine Frühgeborenen mehr versorgt werden

Ab 2024 sollen Frühchen unter 1250 Gramm nur noch in Kliniken behandelt werden dürfen, die mindestens 25 solche Fälle pro Jahr haben. Das kann für einige Bundesländer zum Problem werden.

Gibt es in Brandenburg bald keine Kliniken für Frühgeborene mehr? Geht es nach dem „Gemeinsamen Bundesausschuss“ (G-BA), in dem Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäuser über die medizinische Versorgung in Deutschland beschließen, sollen Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1250 Gramm nur noch in Kliniken behandelt werden, die pro Jahr mindestens derartige 25 Fälle versorgen. Die Regel soll ab 2024 gelten.

Für die Brandenburger „Perinatalzentren“ der Stufe 1, wie die Krankenhäuser in der Fachsprache der Gesundheitsbürokratie heißen, wäre das fatal: Weder in Brandenburg (Havel) noch in Cottbus oder Potsdam werden so viele Fälle im Jahr erreicht.

„Die Anhebung hätte zur Folge, dass die drei noch verbliebenen Perinatalzentren Level 1 im Land Brandenburg in Bedrängnis geraten“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). „Nach den Leistungszahlen bis zum 30. Juni 2023 ist davon auszugehen, dass im Land Brandenburg keine Klinik die Mindestmenge von 25 im Jahr 2024 erreichen wird: Damit gäbe es hier gar kein Perinatalzentrum Level 1für die Versorgung von Risikoschwangeren und Frühgeburten mehr.“

Auch Sorgen in anderen Bundesländern

Das wäre für die Gesundheitsversorgung im Flächenland Brandenburg fatal. „Es darf nicht sein, dass der G-BA, in dem die Länder faktisch nicht vertreten sind, solche weitreichenden Entscheidungen am ‘grünen Tisch’ allein entscheidet“, sagte Nonnemacher. „Krankenhausplanung ist Ländersache.“

Mindestmengen seien nur ein Strukturkriterium, dass gerade in bevölkerungsarmen Regionen nur sehr schwer erreichbar sei. „Die medizinische Ergebnisqualität wäre eher ein geeignetes Kriterium“, sagte Nonnemacher. Darin seien die Kliniken in Brandenburg gut. Zudem hätten Level-1-Perinatalzentren auch eine Bindungswirkung für Fachärzte und Fachkräfte in der Region. „Diese Entscheidung hat also weitreichende Folgen.“

Nonnemacher hatte sich deswegen zusammen mit sieben weiteren Gesundheitsministern der Länder an den G-BA gewandt. In dem Schreiben, das federführend von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) erstellt worden war, warnten die Unterzeichner, zu denen auch Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Dreese (SPD) zählte, davor, dass rund ein Viertel der Perinatalzentren in Deutschland die neuen Mengenkriterien nicht erfüllen würden. Vergangenen Woche hat der GB-A die Aussetzung der Mindestfallzahl jedoch abgelehnt.

In Brandenburg erhielt Nonnemacher am Donnerstag auch Unterstützung von der Opposition. „Wir brauchen eine abgestufte Variante für die ländlichen Gebiete, wie sie zuvor gegriffen hat“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Ronny Kretschmer, der selbst ausgebildeter Krankenpfleger ist. „Auch eine Klinik mit weniger als 20 Fällen im Jahr sollte Frühgeburten betreuen dürfen“, sagte Kretschmer. „Sonst bleibt für uns in Brandenburg am Ende nur noch Berlin.“

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