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Brandenburg: Schweigen, um zu bleiben

Die PDS will heute den Sturz von Innenminister Schönbohm einleiten – Platzeck und die SPD stützen ihn

Die PDS will heute den Sturz von Innenminister Schönbohm einleiten – Platzeck und die SPD stützen ihn Von Michael Mara Potsdam - Die Rolle ist für ihn ungewohnt: Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will schweigen, wenn der Landtag heute über einen Antrag der PDS auf seine Entlassung debattiert und darüber abstimmt. Der spontane Hardliner befürchtet wohl, dass im Rededuell mit den SED-Nachfolgern sein Temperament mit ihm durchgehen, er gar neues Porzellan zerschlagen könnte. Die PDS begründet ihren Entlassungsantrag damit, dass Schönbohm mit „beleidigenden Äußerungen“ über die Ostdeutschen „in schwerwiegender Weise den von ihm geleisteten Amtseid missachtet und dem Ansehen des Landes Brandenburg geschadet“ habe. Gemeint ist seine Äußerung, dass „die von der SED erzwungene Proletarisierung eine der wesentlichen Ursachen ist für Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft“ in Brandenburg. Schönbohm sagte das in einem Interview zu den neun bei Frankfurt (Oder) unmittelbar zuvor entdeckten Babyleichen – und löste damit eine Welle der Empörung im Osten aus. Die Debatte um Schönbohm dauert bis heute an, was auch daran liegt, dass sich nicht nur die PDS, sondern auch der Koalitionspartner SPD bemüht, sie am Köcheln zu halten – schließlich ist Wahlkampf. In den Umfragen ist die märkische CDU nach den Äußerungen Schönbohms prompt um 12 Punkte auf 21 Prozent gerutscht, Schönbohm selbst als unbeliebtester Politiker des Landes gebrandmarkt. Als ob Schönbohm nicht schon genug gestraft wäre, fasste die SPD letzte Woche einen Beschluss, nach dem der CDU-Landeschef und Innenminister der deutschen Einheit „nachhaltig geschadet“ hat. Nicht der Entlassungsantrag der PDS, sondern dieser Vorwurf des Koalitionspartners habe Schönbohm verletzt, wird aus seinem Umfeld berichtet. „Schließlich hat er mit der Überführung der NVA der DDR in die Bundeswehr viel für die Einheit Deutschlands getan und ist stolz darauf.“ Auch heute wird sich Schönbohm im Landtag wohl Kritik der SPD gefallen lassen müssen. Allerdings will die SPD-Landtagsfraktion den PDS-Antrag geschlossen ablehnen. Für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kommt eine Entlassung Schönbohms schon wegen dessen Rolle als Stabilisator der Koalition nicht in Frage. Platzeck wird seinen Stellvertreter deshalb dem Vernehmen nach in der 30-minütigen Debatte gegen die erwarteten PDS-Attacken ausdrücklich in Schutz nehmen. So kann man davon ausgehen, dass Schönbohm am Abend bei der Eröffnung der heißen Wahlkampfphase mit der CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel in Potsdam zu gewohnter Form auflaufen und die PDS-Linkspartei voll ins Visier nehmen wird. Beendet ist die Affäre damit für ihn freilich nicht. Denn verliert die märkische CDU die Bundestagswahl, scheitert am schlechten Abschneiden der Union in Brandenburg gar die schwarz-gelbe Koalition steht Schönbohm in der eigenen Partei als Schuldiger fest.

Michael Mara

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