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Breites Bündnis fordert Ende von Klimaplan-Blockade: Franziska Sperfeld, Landesvorsitzende BUND, für das Klimabündnis
Prof. Wolfgang Lucht, Scientists for Future Berlin-Brandenburg
Andreas Bangert, Pessin, Landwirt
Jana Schelte, Jugendforum Nachhaltigkeit (JuFoNa), v.l. Foto: Katharina  Golze

© Katharina Golze

Offener Brief an Dietmar Woidke: Breites Bündnis fordert sofortigen Klimaplan für Brandenburg ohne weitere Abstriche

39 Organisationen und 43 Personen fordern in einem offenen Brief an Brandenburgs Ministerpräsidenten ein Ende der Klimaplan-Blockade und mehr Mut zu Klimaschutz.

Ein breites Bündnis aus Wissenschaft und Jugendorganisationen, Umwelt- und landwirtschaftlichen Anbauverbänden wirft Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) vor, Klimaschutz im Alleingang zu blockieren. In einem offenen Brief an ihn fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner am Freitag, „den Klimaplan unverzüglich und ohne weitere Abstriche im Kabinett zu verabschieden“ und „ihren Koalitionsvertrag ernst [zu] nehmen“.

Zu den 39 Organisationen, die unterschrieben haben, gehören ADFC, BUND, Nabu, Bioland, Demeter, der Landesjugendring und mehrere Gruppen von Fridays for Future und Scientists for Future. Zudem haben 43 Personen unterzeichnet, darunter Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Bernd Hirschl vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, Klimaökonomin Claudia Kemfert und Uta Steinhardt von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.

Laut Landtagsbeschluss hätte der Klimaplan bereits 2021 stehen sollen, sagte Sperfeld am Freitag. Im Januar hatte Woidke den Katalog mit 105 Klimaschutzmaßnahmen, erarbeitet in einer interministeriellen Arbeitsgruppe, auf unbestimmte Zeit verschoben. Dabei seien die Reduktionsziele bereits 2022 vom Kabinett beschlossen worden und durch die Gutachten bekannt, welche Reduktionen bestimmte Maßnahmen bringen würden, um bis 2045 klimaneutral zu werden, sagte Sperfeld. „Bis 2030 sollen 20 Megatonnen CO₂-Äquivalente eingespart werden, das ist in sechs Jahren.“ Auch hatten die einzelnen Ministerien grünes Licht gegeben.

Der Klimaplan müsse Wirtschaftsentwicklung, Wohlstand und Nachhaltigkeit zusammenbringen, hieß es am Freitag dazu aus der brandenburgischen Staatskanzlei in Potsdam. „Außerdem muss er umsetzbar und realisierbar sein“, sagte Regierungssprecher Florian Engels.

Dass Strategien völlig ausfinanziert verabschiedet werden, sei völlig unüblich, widerspricht Sperfeld Woidkes Zweifel an der Finanzierbarkeit. Vor dem Hintergrund der Landtagswahl im September und der Bauernproteste sei es die Aufgabe des Ministerpräsidenten, für den Klimaplan zu werben, bei Zielkonflikten zu vermitteln und nicht gegeneinander auszuspielen.

Auch Landwirtschaftsvertreter fordern eine unverzügliche Umsetzung des Klimaplans. 100 Prozent Ökolandbau bis 2045 sei möglich, sagte etwa Landwirt Andreas Bangert aus dem Havelland. Landwirte bräuchten aber einen verlässlichen Rahmen sowie staatliche Unterstützung. Langfristige Planungssicherheit statt Einzelaktionen wie die Subventionskürzungen.

Zeitdruck in politisch angespannter Zeit

„Klimaschutz trifft auf eine Stimmung in der Bevölkerung, die mit Veränderung ein Problem hat“, sagte Wolfgang Lucht von Scientists for Future Berlin-Brandenburg. Laut jüngster Insa-Umfrage von Mitte Januar bekäme die Kenia-Koalition bei der dieses Jahr anstehenden Landtagswahl derzeit keine eigene Mehrheit, die AfD mit 28 Prozent die meisten Stimmen. Doch biete Populismus keine Lösung, so Lucht.

Sich davor ducken, verschiebt ein Problem in die Zukunft, das jedes Jahr schlimmer wird.

Wolfgang Lucht, Scientists for Future Berlin-Brandenburg

Umso wichtiger sei ein entschlossenes Bekenntnis der Politik für eine solche Zukunftsaufgabe und die Erklärung, was notwendig ist und welche Schäden drohen. Unter anderem Wetterextreme, Ernteausfälle, Trockenheit und hohe Kosten. „Sich davor ducken, verschiebt ein Problem in die Zukunft, das jedes Jahr schlimmer wird“, so der Physiker und Geografieprofessor. „Der Zeitdruck ist enorm, deswegen braucht es einen abgestimmten Plan“, so Lucht. Genau das sei der Klimaplan, sorgfältig erarbeitet, wissenschaftlich begleitet, ein riesiges Bündel an konkreten Maßnahmen, die lange diskutiert und abgestimmt wurden.

Mit viel Engagement, Herzblut und Hoffnung hätten sich junge Menschen des Jugendforums Nachhaltigkeit sowie insgesamt mehr als 1000 Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, darunter etliche Unterzeichner des Briefs, an der Erarbeitung beteiligt, sagte Jana Schelte vom Jugendforum Nachhaltigkeit. Dass der Ministerpräsident blockiere, sei undemokratisch. Ihr Entsetzen und ihre Enttäuschung riesig.

Positive Resonanz von Minister

„Es ist beeindruckend, wie ein breites Bündnis von Wissenschaftlern und Jugendorganisationen, Umwelt- und landwirtschaftlichen Anbauverbänden einen ambitionierten Klimaschutz von der Politik einfordert“, sagte Klimaschutzminister Axel Vogel (Grüne). Am Vorabend hatte sein Ministerium die seit mehreren Wochen angekündigte Stellungnahme der Staatskanzlei zu den Änderungswünschen erhalten und werte diese nun aus. „In der nächsten Woche werden die Gespräche mit der Staatskanzlei dazu stattfinden, in deren Ergebnis der Klimaplan im Kabinett beschlossen werden soll“, so Vogel.

Er sei optimistisch, den Klimaplan in dieser Legislaturperiode zu verabschieden, so der Minister. Er biete den Akteuren in Brandenburg, darunter wirtschaftlichen Unternehmen und Landnutzern, ein hohes Maß an Planungssicherheit auf dem Weg zur Klimaneutralität, sagte Vogel weiter. Laut Bundesklimagesetz muss das Ziel der Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2045 erfüllt sein.

Der offene Brief, der am Freitag an Woidke versandt wurde, richte sich direkt an ihn, weil er die Tagesordnung für die Kabinettssitzung setze, so Sperfeld. „Es fehlt nur noch der Kabinettsentschluss.“ Zeitgleich hat der BUND für die Zivilgesellschaft die E-Mail-Aktion „Herr Woidke, wir brauchen den Klimaplan!“ gestartet. Bisher wurden mehr als 350 E-Mails verschickt. (mit dpa)

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