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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident des Landes Brandenburg.

© imago/Metodi Popow/IMAGO/M. Popow

Nach Israel-Kritik in offiziellem Statement: Woidke entrüstet über Potsdamer Uni-Präsidenten

Brandenburgs Politik distanziert sich von dem Potsdamer Universitätschef Oliver Günther. Er hatte Israel eine Mitschuld am Terrorangriff der Hamas zugeschrieben.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geht klar auf Distanz zu Äußerungen des Präsidenten der Universität Potsdam, Oliver Günther, zum Krieg in Nahost. Günther hatte in einem offiziellen Statement der Universität Israel eine Mitverantwortung an dem Terrorangriff der Hamas zugesprochen und Israels Politik kritisiert.

Zu den Äußerungen Günthers sagte Woidke dieser Zeitung am Dienstag: „Die Hamas und nicht Israel hat diesen Terrorkrieg begonnen und zu verantworten, der so unsägliches Leid verursacht. Die Hamas kann und muss den Terror beenden, alle Geiseln sofort freilassen.“ Weiter stellte Woidke fest: „Was Israel in diesen schweren Stunden nicht braucht, sind Schuldzuweisungen, Belehrungen, Relativierungen oder gar Versuche einer Täter-Opfer-Umkehr ausgerechnet aus Deutschland. Das gilt für alle. Brandenburg steht fest an der Seite Israels.“

Das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sprach von einem „unsäglichen Post“ Günthers, der die Hamas und Israel gleichsetze. Auch Brandenburger Landespolitiker äußerten sich kritisch zu dem Statement des Uni-Präsidenten.

Der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke), der auch Mitglied im Freundeskreis Israel des Brandenburger Landtags ist, sagte am Dienstag auf Anfrage, es sei jetzt nicht die Zeit für Kritik an Israel. In Israel seien mehr als 1000 Menschen von der Hamas hingerichtet worden, das Land stehe weiter unter ständigem Beschuss. „Jetzt ist die Zeit, an der Seite Israels zu stehen“, sagte Büttner. Die Aufarbeitung der Ereignisse könne später stattfinden. „Aber Israel braucht jetzt keine Ratschläge, schon gar nicht aus Deutschland“, so Büttner.

Potsdams Uni-Präsident Oliver Günther.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Der Brandenburger Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke sagte auf Anfrage zu Günthers Aussagen: Es sei richtig, Studierende angesichts der Sicherheitslage zurückzuholen. Doch „jetzt ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen“. Es müsse darum gehen, ein Ausweiten des Konfliktes zu verhindern und ihn zu beenden. „Wir stehen fest an der Seite Israels“, so Raschke. „Es braucht dringend humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen.“

Landtagsvizepräsidentin Barbara Richstein (CDU), ebenfalls Mitglied im Freundeskreis Israel, sagte, Günther habe sich in seinem ersten Statement genau richtig geäußert und sich solidarisch mit Israel erklärt. Die zweite Stellungnahme sei dagegen unklar. Richstein betonte, dass es die Hamas in der Hand habe, die Gewalt zu beenden, in dem sie die Geiseln frei lasse. Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) wollte sich zu Günthers Statement auf Anfrage nicht äußern.

Susanne Krause-Hinrichs, Geschäftsführerin der F.C. Flick Stiftung für Toleranz, sagte dem Tagesspiegel, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland jetzt Solidarität und Mitgefühl wünschten, aber keine Relativierungen. „Das schmerzt und hilft jetzt nicht weiter“, sagte sie.

Günther legte nach Kritik mit zweitem Statement nach

Günther hatte sich am Montag bereits zum zweiten Mal nach den Terrorangriffen zu Wort gemeldet. Zuerst hatte er in der vergangenen Woche sein Mitgefühl mit den Opfern des Terrorangriffs ausgedrückt, sich solidarisch mit Israel erklärt und den Terror der Hamas verurteilt. Das sorgte für Kritik in den sozialen Medien, unter anderem von Wissenschaftlern und Studierenden. Sie warfen Günther unter anderem vor, eine „menschenfeindliche und unterdrückende Politik“ Israels zu unterstützen.

Offenbar fühlte sich der Uni-Präsident nach diesen Vorwürfen genötigt, erneut Stellung zu beziehen. Diesmal kritisierte er unter der Überschrift „zur Menschlichkeit zurückkehren“ Israels „aggressive Siedlungspolitik“ und „Schikanen gegen die Zivilbevölkerung“ in den palästinensischen Gebieten. Die Probleme im Land ließen sich nicht mit Gewalt lösen.

„Ganz im Gegenteil führen solche Maßnahmen, wie wir vor wenigen Tagen gesehen haben, nur zu mehr Gewalt“, sagte Günther und ergänzte: „Wir appellieren an alle Verantwortlichen, zur Menschlichkeit zurückzukehren, anstatt Zivilisten, auch Kinder, zu verschleppen, zu ermorden oder auszuhungern.“ Außerdem schlug der Uni-Präsident eine Zwei-Staaten-Lösung vor.

Die Universität hatte erklärt, beim zweiten Statement Günthers handle es sich um eine Klarstellung. „Wir stehen zu unserer veröffentlichten Stellungnahme“, hieß es.

In den sozialen Medien hat die Universität die Kommentarfunktionen unter dem Günther-Statement ausgeschaltet. Dennoch wird Günther beispielsweise auf X, vormals Twitter, kritisiert. Ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Kassel wirft Günther Relativismus und Antisemitismus sowie die Gleichsetzung von Israel mit der Hamas vor. „Die Richard Davids Prechts dieser Republik haben wohl auch die Leitung der Uni Potsdam inne“, schreibt er.

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