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Der bisherige Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, übt seine Ämter in der jüdischen Gemeinschaft und an der Universität Potsdam bis zur Klärung des Sachverhalts nicht aus.

© IMAGO / Jürgen Ritter

Machtkampf um Rabbinerschule: Um die Zukunft des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs gibt es Streit

Zwischen der liberalen „Union progressiver Juden“ und dem Zentralrat der Juden in Deutschland ist ein Machtkampf entbrannt. Es geht um die Zukunft des Kollegs.

Es war eine Kronjuwel der Potsdamer Universität. Doch nach dem Skandal um seinen Direktor Walter Homolka ist um die Zukunft des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs nun ein offener Machtkampf zwischen der liberalen „Union progressiver Juden“ (UpJ), die 1999 zusammen mit Homolka das Kolleg gegründet hatte, und dem Zentralrat der Juden in Deutschland entbrannt.

Am Dienstagabend erklärte die Vorsitzende der UpJ, Irith Michelsohn, die UpJ werde „als Religionsgemeinschaft“ die Verantwortung für die Neustrukturierung des Abraham-Geiger-Kollegs übernehmen. Dies geschehe in enger Kooperation mit dem Weltverband und der europäischen Vereinigung für liberales Judentum (EUPJ).

„Wir werden die bisherigen Neustrukturierungspläne, die noch in vielen Bereichen konkret zu erarbeiten sind, gemeinsam mit Gabriele Thöne, der bisherigen Interimsdirektorin, und ihrem Team weiterentwickeln, und bitten alle Stakeholder, konstruktiv mit uns zusammenzuarbeiten“, kündigte Michelsohn an.

Ich habe die bisherige Interimsdirektorin aufgefordert, den Weg für einen echten Neuanfang am Abraham Geiger Kolleg frei zu machen. 

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Voraussetzung sei allerdings immer die Eigenständigkeit des Rabbinerseminars und „die alleinige Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft des liberalen Judentums.“ Die Ankündigung der UpJ hat allerdings einen Nachgeschmack. Denn die UpJ war in den vergangenen Jahren zugleich die Hausmacht des zurückgetretenen Direktors des Abraham-Geiger-Kollegs, Walter Homolka. Er war seit 2017 Vorsitzender der UpJ, erst vor wenigen Tagen wurde Michelsohn zu seiner Nachfolgerin gewählt.

Zudem ist die UpJ aus Sicht des Zentralrats der Juden keine eigenständige Religionsgemeinschaft: Das Gremium sieht sich vielmehr als Vertretung aller jüdischer Gemeinden in Deutschland. Entsprechend empört reagierte am Mittwoch der Zentralrat, der in der vergangenen Woche bekanntlich ein Zwischengutachten einer Anwaltskanzlei veröffentlicht hatte, das Homolka schwer belastete.

„Die gestrige Meldung der UpJ hat mich doch überrascht“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. „Noch am Mittag habe ich die bisherige Interimsdirektorin des Abraham-Geiger-Kollegs, Frau Gabriele Thöne, im Namen der Zuwendungsgeber aufgefordert, den Weg für einen echten Neuanfang am Abraham Geiger Kolleg frei zu machen.“

Zentralrat spricht von „Foulspiel der Gepflogenheiten“

Ziel sei gewesen, im Rahmen einer gesichtswahrenden Lösung diesen Neuanfang gemeinsam zu kommunizieren. „Die Meldung der UpJ vom Abend war sowohl ein Foulspiel der Gepflogenheiten als auch ein Zeichen, dass mit der UpJ dieser notwendige Neuanfang nicht denkbar ist“, sagte Schuster. „Wer meint, mit alten Gefolgsleuten Homolkas und ihm weiterhin im Hintergrund der von ihm – nicht von der UpJ – gegründeten gGmbHs die Kontinuität der Verstrickungen und Abhängigkeiten in einer Rabbinerausbildung weiterzuführen, der trägt den Ergebnissen der unabhängigen Untersuchungen der Universität Potsdam sowie der Kanzlei Gercke Wollschläger in keiner Weise Rechnung.“

Weswegen Schuster die liberale Dachorganisation frontal angreift: Das Verhalten der UpJ mache aus seiner Sicht deutlich, dass sie „als Organisation, die übrigens keine eigenständige Religionsgemeinschaft darstellt, so keine Zukunft hat.“ Der Zentralrat werde sich auch weiterhin für eine „würdige Vertretung des liberalen Judentums in Deutschland“ einsetzen. „Dazu gehört natürlich auch ein verantwortungsvoller Umgang mit und die Sicherung der liberalen Rabbinerausbildung in Potsdam.“

Homolka lässt Zentralrat abmahnen

Unterdessen lässt Rabbiner Homolka den Zentralrat der Juden in Deutschland abmahnen. Das teilte die Anwaltskanzlei des Rabbiners am Freitag mit. „Sinn und Zweck der Veröffentlichung der vorverurteilenden Executive Summary war es ganz offensichtlich, nicht belegbare Vorwürfe als bereits bewiesen darzustellen“, heißt es in der Mitteilung. „Der Zentralrat wurde nun zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie öffentlichen Richtigstellung von Äußerungen aufgefordert.“

Der Zentralrat habe durch die Veröffentlichung eines Zwischenberichts am 7. Dezember aus Sicht seiner Medienanwälte die Persönlichkeitsrechte Homolkas schwerwiegend verletzt. Homolkas Anwälte drohten unverzügliche gerichtliche Schritte für den Fall an, dass der Zentralrat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht bis zum 20.12. abgeben sollte.

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