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Lars Klingbeil,  Bundesvorsitzender der SPD.

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Landrats-Stichwahl in Oder-Spree: SPD-Bundeschef Klingbeil kritisiert CDU

Lars Klingbeil rügte die Partei, weil sie keine Wahlempfehlung abgegeben hatte. SPD-Kandidat Frank Steffen hatte die Wahl gegen AfD-Mann Rainer Galla knapp gewonnen.

Nach dem knappen Ausgang der Landratswahl im Kreis Oder-Spree haben Politiker von SPD, Linke und Grüne die CDU und die Freien Wähler scharf kritisiert. Die beiden Parteien hatten anders als Linke und Grüne vor der Stichwahl am Sonntag keine Wahlempfehlung für den SPD-Kandidaten Frank Steffen ausgesprochen. Die Stichwahl gewann Steffen nur knapp mit 52,4 Prozent der Stimmen gegen den AfD-Kandidaten Rainer Galla, der auf 47,6 Prozent kam. Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD Brandenburg seit 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall.

„Ich bin entsetzt, dass CDU und Freie Wähler in einer solchen Situation nicht einmal eine Empfehlung für die Wahl des demokratischen Kandidaten abgegeben haben“, sagte Linke-Landeschef Sebastian Walter am Montag. „Das ist fahrlässig und unverantwortlich.“

Frank Steffen (SPD) hat die Stichwahl knapp gewonnen.
Frank Steffen (SPD) hat die Stichwahl knapp gewonnen.

© picture alliance/dpa/Bernd settnik

„Diese Wahl und die Ereignisse der letzten Wochen fordern alle demokratischen Parteien in Brandenburg auf, sich gemeinsam klar gegen Rechts zu positionieren“, sagte auch die Co-Chefin der Brandenburger Grünen, Alexandra Pichl. „Darauf haben sowohl die CDU als auch die Freien Wähler in dieser Stichwahl fatalerweise verzichtet, da sie nicht zur Wahl des demokratischen Kandidaten aufgerufen haben.“

Klingbeil richtet Appell an die CDU

Auch der SPD-Bundesparteichef Lars Klingbeil machte der CDU schwere Vorwürfe. „Eigentlich war ich immer davon ausgegangen, es gibt einen Konsens unter den demokratischen Parteien, dass wir die Spielräume der AfD nicht erweitern werden, dass wir uns klar positionieren, dass wir die Brandmauer hochhalten gegen die AfD“, sagte er am Montag.

Rainer Galla (AfD) erlangte 47,6 Prozent der Stimmen.
Rainer Galla (AfD) erlangte 47,6 Prozent der Stimmen.

© AfD Oder-Spree

Die CDU habe sich aber weder vor Ort, noch auf Landesebene und „erst recht nicht durch Friedrich Merz auf der Bundesebene“ positioniert, kritisierte Klingbeil. „Ich kann nur appellieren an die Union, nicht weiter mit dem Feuer zu spielen und an jeder Stelle darauf zu achten, dass die Brandmauer gegen Rechts weiter besteht“, sagte der SPD-Chef.

Dem widersprach der Generalsekretär der Brandenburger CDU, Gordon Hoffmann. „Unser Kandidat im ersten Wahlgang, Sascha Gehm, hat sich für die Stichwahl klar positioniert und den SPD-Kandidaten sogar in seinen Podcast eingeladen, um für ihn Werbung zu machen“, sagte Hoffmann. Der Vorstand des CDU-Kreisverbands Oder-Spree hatte aber keine Wahlempfehlung für Steffen ausgesprochen, sondern nur die Bürger aufgerufen, ihr demokratisches Wahlrecht zu nutzen.

Der Landeschef der Freien Wähler, Péter Vida, hatte zu der Verweigerung einer Wahlempfehlung erklärt, beide Kandidaten seien für die Freien Wähler aus unterschiedlichen Gründen nicht wählbar. Diese Äußerung von Vida kritisierte SPD-Generalsekretär David Kolesnyk am Montag scharf. „Das war eine Gleichsetzung Steffens mit dem AfD-Kandidaten, die sich komplett verbietet“, sagte Kolesnyk.

Diese Wahl und die Ereignisse der letzten Wochen fordern alle demokratischen Parteien in Brandenburg auf, sich gemeinsam klar gegen Rechts zu positionieren.

Alexandra Pichl, Co-Chefin der Brandenburger Grünen

Beide Parteien hätten ihre Wähler nicht zur Stichwahl mobilisiert und darauf spekuliert, dass die Wahl des Landrats wegen zu geringer Wahlbeteiligung im Kreistag laufen müsste, meinte er. „Da wollten sie dann wieder mitentscheiden können“, sagte Kolesnyk. „Sie haben aber riskiert, dass der AfD-Kandidat Galla in der Stichwahl vorne liegt.“

Politikforscher Gideon Botsch spricht von einem „verhängnisvollen Signal“

Auch der Politikforscher Gideon Botsch sprach von einem „verhängnisvollen Signal“. „Was ich wirklich sehr fatal finde, ist, dass wir - anders als in Cottbus bei der Oberbürgermeisterwahl vor einigen Monaten - keine gemeinsame Mobilisierung der demokratischen Parteien hatten“, sagte der Politikprofessor an der Universität Potsdam am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

„Der Effekt, einen AfD-Kandidaten zu verhindern, ist in dieser Wahl offensichtlich nicht eingetreten“, stellte er fest. „Das hatten wir bei den letzten Wahlen in den ostdeutschen Ländern relativ oft, dass die Menschen mobilisiert wurden, um eine AfD als stärkste Kraft zu verhindern, und das auch getan haben.“

Brandenburgs CDU-Chef räumt Fehler ein

CDU-Landeschef Jan Redmann räumte Fehler ein. „Wir alle haben die Stichwahl unterschätzt“, sagte er am Montag auf Anfrage. Das Wahlergebnis müsse ein Weckruf sein. „Einfach nur Unterhaken gegen die AfD ist zu wenig, um sie klein zu kriegen.“ Es gebe eine Entfremdung zwischen der Politik und den Menschen vor Ort, konstatierte Redmann. „Wir müssen dem Frustrationsverstärker AfD ein pragmatisches, positives Angebot entgegenstellen“, forderte er.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gratulierte seinem Parteifreund Steffen zu der Wahl. „Sie sind an die Spitze eines Landkreises gewählt worden, der exemplarisch für die gute Entwicklung Brandenburgs steht“, erklärte Woidke am Montag laut Mitteilung. „Hier trägt die gute Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Landesregierung Früchte.“ Im Kreis Oder-Spree hat sich in Grünheide der US-Elektroautobauer Tesla mit einer Fabrik angesiedelt. (dpa)

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