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Brandenburg: Fünfeinhalb Jahre Haft für lebensgefährlichen Angriff auf Italiener

NEURUPPIN .Zu fünf Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe wegen versuchten Mordes und zweifacher Körperverletzung hat gestern die Jugendkammer des Landgerichts Neuruppin den 19jährigen Haupttäter des schweren Angriffs auf einen italienischen Bauarbeiter im uckermärkischen Dedelow im August letzten Jahres verurteilt.

NEURUPPIN .Zu fünf Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe wegen versuchten Mordes und zweifacher Körperverletzung hat gestern die Jugendkammer des Landgerichts Neuruppin den 19jährigen Haupttäter des schweren Angriffs auf einen italienischen Bauarbeiter im uckermärkischen Dedelow im August letzten Jahres verurteilt.Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Martin H.sich der rechtsgerichteten Szene verbunden fühlt und aus ausländerfeindlichen Motiven gehandelt habe."Der Angeklagte ist der Auffassung, daß er etwas besseres ist, weil er Deutscher ist", beschrieb das Gericht die Haltung von Martin H.gegenüber seinem Opfer.Fassungslos zeigte sich die Vorsitzende Richterin über die Brutalität, mit der der geübte Fußballer Martin H.mit seinen Stahlkappenschuhen dreimal gezielt gegen den Kopf des am Boden liegenden 29jährigen Luca V.trat.

"Möglicherweise hörte Martin H.das Brechen des Schädels" seines wehrlosen Opfers, doch das sei ihm offenbar gleichgültig gewesen, "weil das Opfer ein Ausländer war", sagte sie.Mildernde Umstände mochte das Gericht, das in seinem Strafmaß zwei Monate unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe geblieben war, nicht erkennen.Den Beteuerungen des Angeklagten im Prozeß, er habe nichts gegen Ausländer, mochte das Gericht ebensowenig Glauben schenken wie dessen Angaben, er sei von seinem Opfer durch eine Rempelei erst zu den Tritten provoziert worden.Martin H.hatte nach seiner Festnahme erklärt, es sei ihm "egal, ob die Sau stirbt", und angegeben, seine Freunde kämen aus der rechten Szene.In der Untersuchungshaft hatte sich der 19jährige, der vor Gericht mit einem ordentliche Kurzhaarschnitt und betont bürgerlicher Kleidung auftrat, dann den Wahlspruch der Hitlerjugend "Blut und Ehre" eintätowieren lassen.

Martin H.hatte sich schon vor dem lebensgefährlichen Angriff auf Luca V.als Schläger hervorgetan: Zweimal hatte er anderen Jugendlichen mit gezielten Fußtritten teilweise schwere Verletzungen zugefügt und war deshalb auch zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.Strafmildernd wertete das Gericht nur, daß sich der Alkoholblutpegel des Angeklagten nicht genau habe feststellen lassen - ein Sachverständiger hatte von einem möglichen Promillewert zwischen 1 bis 2 Promille bei Martin H.zur Tatzeit gesprochen.

Martin H.s Mittäter, den zur Tatzeit 17jährigen David D., verurteilte das Gericht zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung da seine Tatbeteiligung erheblich geringer gewesen sei.Das Gericht beschrieb den gelernten Fleischerlehrling als einen typischen Mitläufer, der seinen älteren Freund bedingungslos unterstützt habe und der dessen Gesinnung durchaus teile.Sein Verteidiger hatte für eine Ermahnung plädiert.Er kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.

Tritte mit Stahlkappenstiefeln

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, den Aussagen der Angeklagten und von Zeugen ist die Tat folgendermaßend passiert: Auf einem Feuerwehrfest im uckermärkischen Dedelow am 23.August 1998 stellen der Hauptangeklagte Martin H.und sein Kumpel David D.dem 29jährigen Italiener Luca V.nach.Sie haben auf dem Fest etliche Biere getrunken.Der 19jährige Martin H.entdeckt Luca V.außerhalb des Festzeltes und tritt sofort zu.Sein Stahlkappenstiefel trifft Luca V.mit voller Wucht an der linken Hüfte.Zum Motiv sagt der Hauptangeklagte vor Gericht, er sei von dem Italiener zuvor angerempelt worden.Der Italiener fällt um.Nun tritt der 18jährige Mitangeklagte David D.nach und trifft Luca V.am Schienbein.Martin H.tritt den am Boden liegenden Mann mindestens dreimal an den Kopf.Zwei Landsmänner finden den blutenden Luca V.auf dem Festgelände.Zeugen zufolge weigert sich der Wirt des Festzeltes zuerst, die Polizei zu rufen.Vor dem Zelt greift Martin H.den Italiener erneut an, tritt ihm wie ein Karatekämpfer gegen den Hals.Ein Bundeswehrsoldat und zwei Frauen greifen als einzige ein.Nach 20 Minuten kommt die Polizei, noch einmal eine Viertelstunde später der Krankenwagen.Luca V.kommt bewußtlos ins Krankenhaus, sein Leben kann nur durch eine Notoperation gerettet werden.Die Ärzte diagnostizieren einen Trümmerbruch von der linken Schläfe bis zum Auge und einen lebensbedrohlichen Bluterguß auf der Hirnhaut.Einer Zeugenaussage zufolge soll der Hauptangeklagte nach seiner Festnahme gesagt haben, er lehne Ausländer ab, und es sei ihm egal, ob der Italiener sterbe.Vor Gericht streitet er ein ausländerfeindliches Motiv ab.Auch sein Skinhead-Aussehen hätte rein modische Gründe gehabt.Tsp.

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