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Dixi-Klos für Flüchtlinge. Die Opferperspektive kritisiert die Verhältnisse.

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Notunterkunft in Vetschau: Flüchtlinge protestieren

Rassistische Anfeindungen, zu wenig Essen, Dixi-Klos: Flüchtlinge beschweren sich über die Zustände in einem Flüchtlingsheim in Vetschau. Die Opferperspektive Brandenburg fordert, die Verhältnisse dort prüfen zu lassen.

Vetschau - Flüchtlinge aus der Notunterkunft in Vetschau haben sich über unzumutbare Verhältnisse dort und rassistische Anfeindungen beschwert. „Es gibt keine Sicherheit für uns in Vetschau und auch nicht im Heim“, heißt es in einem offenen Brief. Einwohner aus der 8500-Einwohner-Kommune hätten Heimbewohner angegriffen, Flüchtlinge seien grundlos aus dem Supermarkt geworfen worden.

Im Heim selbst gebe es keine sauberen Toiletten, stattdessen Dixi-Klos, außerdem nur Campingduschen und ein improvisiertes Essenszelt. „Das Essen ist zu wenig und nicht genießbar. Es gibt kein sauberes Trinkwasser“, wie es in dem offenen Brief weiter heißt. Wenn es kalt wird, werde nicht ausreichend geheizt, Briefe würden nicht rechtzeitig zugestellt. „Wir bekommen keine Termine beim Facharzt und für jeden Krankenschein müssen wir nach Senftenberg fahren“, schreiben die Flüchtlinge. Die Kosten, 11.40 Euro, bekämen sie nicht erstattet. „Wir wollen nach Cottbus oder Lübbenau oder einen anderen Ort in Brandenburg umziehen.“

Vier rechtsmotivierte Angriffe und zahlreiche Anfeindungen im Ort

Betreiber des Heims, das von einem örtlichen Bauern vermietet wird, ist der Landkreis Oberspreewald-Lausitz mit dem Kreisverband Calau des Deutschen Roten Kreuzes, der am Donnerstagnachmittag nicht erreichbar war. Im Heim sollen zurzeit 160 Flüchtlinge leben. Die Opferperspektive Brandenburg bestätigte die Schilderungen der Flüchtlinge. Im Rahmen der Beratungstätigkeit sei man vor Ort gewesen, die Flüchtlinge hätten von mindestens vier rechtsmotivierten Angriffen seit April und häufigen rassistischen Beleidigungen und Anfeindungen im Ort berichtet, ein Fall sei angezeigt worden.

Bei einem Rundgang habe man sich auch ein Bild von den Zuständen im Heim machen können, so  Martin Vesely von der Opferperspektive. Er forderte die Verantwortlichen im Landkreis auf, die Flüchtlinge anzuhören und die Zustände im Heim von einer unabhängigen Kommission prüfen zu lassen, „insbesondere unter dem Fokus, ob die durch den Landkreis an den Betreiber der Unterkunft bezahlten und vertraglich zugesicherten Leistungen seit Inbetriebnahme erbracht wurden“.

Der Flüchtlingsrat Brandenburg unterstützt die Forderungen. „Angesichts der stark gesunkenen Flüchtlingszahlen sollte die Unterbringung in schlecht ausgestatteten und abgelegenen Notunterkünften lange hinfällig sein“, so Sabrina Baumann-Tossou. Vetschaus Bürgermeister Bengt Kanzler (parteilos) betonte derweil, dass die Notunterkunft beim Flüchtlingszustrom dringend gebraucht wurde. Der Mietvertrag laufe nur noch ein halbes Jahr. „Das ist nicht schön dort, aber ein festes Dach über dem Kopf ist besser als ein Zelt.“ Nach seinem Dafürhalten würden alle Vorschriften eingehalten, zuständig sei der Landkreis. Auf dem Gemüsehof, auf dessen Anlage das Heim steht, war im Juni eine Halle abgebrannt. Deshalb müssten die Flüchtlinge jetzt im Zelt essen.

Zwar habe es im Ort tatsächlich einzelne verbale Auseinandersetzungen mit Flüchtlingen gegeben, Details würden ihm von der Polizei aber nicht genannt. Zugleich gebe es zahlreiche Ehrenamtliche, die sich über das örtliche Aktionsbündnis in der Flüchtlingsarbeit engagieren, so Kanzler. Viele Heimbewohner seien erfolgreich in Vetschauer Wohnungen vermittelt worden.

Landkreis: Heim in Vetschau erfülle die Vorgaben

Der Landkreis teilte in einer Reaktion auf die Klagen mit: „Berechtigten Hinweisen seitens der Bewohner wird in allen Einrichtungen nachgegangen und nach Möglichkeit wird entsprechend reagiert.“ Die Einrichtung in Vetschau sei schlicht, jedoch zweckmäßig und erfülle die gesetzlichen Vorgaben. Die Kreis sei überzeugt, dass zumindest für eine vorübergehende Unterbringung die notwendigen Voraussetzungen geschaffen worden seien.

Es ist nicht das erste Mal, dass es Kritik an der Unterkunft gibt. Laut Landkreis sei in den vergangenen Monaten deshalb bereits „nachjustiert“ worden. Dabei sei es unter anderem um die Essensverpflegung und die Warmwasserversorgung gegangen. Zu den Vorwürfen von rassistischen Anfeindungen in Vetschau teilte der Kreis mit, dass die beschriebenen Angriffe nicht bekannt seien. „Wir werden uns diesbezüglich jedoch nochmals rückversichern.“. (mit dpa)

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