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Georg Friedrich Prinz von Preußen (Archivbild)

© Ottmar Winter PNN / PNN/Ottmar Winter

Update

Adel verzichtet: Georg Friedrich Prinz von Preußen lässt Vermögensklagen fallen

Das Familien-Oberhaupt der Hohenzollern hat lange um Entschädigung und Tausende Kunstwerke gefochten. Jetzt lenkt er ein.

Paukenschlag im Hohenzollern-Konflikt: Georg Friedrich Prinz von Preußen lässt seine Klagen fallen, bei der öffentlichen Hand eine Millionen-Entschädigung durchzusetzen für von den Sowjets enteignete Schlösser und Villen sowie die Rückgabe deren früheren Inventars samt Kunstwerken.

Das hat das Familienoberhaupt der Hohenzollern, zugleich Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., jetzt überraschend angekündigt.

„Es ist meine persönliche Entscheidung, die ich auch unabhängig von Erfolgschancen getroffen habe“, erklärte Georg Friedrich Prinz von Preußen in einem Interview der „Welt“. „Ich bin an dem Punkt angelangt, dass es nicht richtig sein kann, diese Frage vor Gericht auszutragen.

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Vermutlich würde das Verfahren mindestens zehn Jahre dauern.“ Und: „Ohne das Gerichtsverfahren kann es dann auch endlich wieder eine unbelastete Debatte um die historische Rolle des Hauses Hohenzollern geben.“ Es sei irgendwann „eine Gespensterdebatte daraus geworden.“

Ohne das Gerichtsverfahren kann es dann auch endlich wieder eine unbelastete Debatte um die historische Rolle des Hauses Hohenzollern geben.“

Georg Friedrich Prinz von Preußen, Familienoberhaupt der Hohenzollern

Die beiden am Potsdamer Verwaltungsgericht anhängigen Gerichtsverfahren, bei denen es um das Ausmaß der Kollaboration des früheren Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit dem nationalsozialistischen Regime gegangen wäre, sind wenige Wochen vor dem ersten Verhandlungstermin im Juni damit erledigt.

Es ging unter anderem um rund 70 Immobilien, wie Schloss Rheinsberg auf dem Territorium des Landes Brandenburg, für deren Enteignung unter den Sowjets zwischen 1945 und 1949 die Hohenzollern von der öffentlichen Hand eine nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz (EALG) von 1994 mögliche und übliche Entschädigung samt des früheren Inventars reklamierten.

Brandenburger Bescheide werden rechtskräftig

Beides ist allerdings strikt ausgeschlossen, wenn die damaligen Besitzer der NS-Diktatur „erheblich Vorschub“ leisteten. Mit dieser Begründung, gestützt auf Gutachten zur Rolle des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, hatte Brandenburg die 1,4-Millionen-Entschädigung und die Rückgabe von Inventar abgelehnt. Die beiden Brandenburger Bescheide werden nun rechtskräftig.

Das Hohenzollern-Oberhaupt äußerte Zweifel, dass der frühere Kronprinz der NS-Diktatur objektiv von Nutzen war, erklärte aber: Er sei „sicher ein Sympathisant der Nationalsozialisten“ gewesen, der „ganz klar die Nähe zum NS-Regime gesucht“ habe: „Und wenn sich jemand dem Rechtsextremismus anbiedert, dann kann derjenige nicht für unser Haus traditionsstiftend sein.“

Reichskanzler Adolf Hitler und Kronprinz Wilhelm von Preußen am 21. März 1933 am „Tag von Potsdam“ vor der Garnisonkirche.

© Georg Pahl/Bundesarchiv

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) sieht gordischen Knoten zerschlagen

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) begrüßte den Schwenk. „Mit dieser Entscheidung ist nun gewissermaßen der gordische Knoten im Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden“, erklärte Lange. Es sei ein guter Tag für das Land Brandenburg und auch die Hohenzollern. Allerdings betrifft das nur einen Teil der Vermögensforderungen.

2019 hatten „Spiegel“ und „Tagesspiegel“ aufgedeckt, dass die Hohenzollern Ansprüche auf Tausende Kunstwerke in Schlossmuseen der Hauptstadtregion reklamieren und damals bereits seit Jahren Geheimverhandlungen mit dem Bund, Berlin und Brandenburg über eine gütliche Einigung liefen, die nach den Enthüllungen auf Eis gelegt worden waren.

Hohenzollern wollen über Leihgaben verhandeln

Georg Friedrich Prinz von Preußen spricht von ungeklärten Eigentumsfragen an rund zehntausend Kunstwerken. Viertausend davon fielen unter den nun erledigten Vorschub-Komplex. Die verbleibenden Objekte betreffen zum einen Hohenzollern-Dauerleihgaben für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, für die Leihverträge auslaufen. Zum anderen geht es um Kunstwerke, „die nie enteignet wurden und nach meinem Verständnis uns gehören“, wie Georg Friedrich Prinz von Preußen sagt.

Er sieht eine Chance, „sich womöglich über die beiden ebenfalls noch zu regelnden Komplexe zu verständigen.“ In dem Zusammenhang zeigte er sich offen für ein Hohenzollern-Museum, das einst die öffentliche Hand selbst angeregt hatte. „Ich hielte so ein Museum immer noch für eine gute Idee. Aber ob meine Familie dort mitwirkt oder nicht, ist für mich völlig unerheblich.“

Claudia Roth nach Rückzug offen für Verhandlungen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte wegen der laufenden Prozesse um NS-Verstrickungen der Hohenzollern Verhandlungen abgelehnt, zeigt sich nach dem Rückzug der Klagen nun aber offen. „Damit würde eine notwendige Voraussetzung erfüllt sein, um in gemeinsamen Gesprächen zwischen Bund, Land Brandenburg und Land Berlin mit ihm einen gemeinsamen Weg zum Umgang mit dem kulturellen Erbe des Hauses Hohenzollern zu erarbeiten“, sagte Roth dem Tagesspiegel.

Sie werde in dem Sinne auf die Kolleginnen in Berlin und Brandenburg zugehen. „Ich bin zuversichtlich, dass wir im Interesse des Erhaltes von Kunst- und Sammlungsgegenständen in den öffentlichen Einrichtungen hier einen gemeinsamen Weg finden.“

Ich hoffe, dass die zwischen den Beteiligten noch offenen Fragen in dem Geist, den die heutige Ankündigung atmet, geklärt werden: Ohne Gerichte, ohne Drohungen, in großer Offenheit.

Manja Schüle (SPD), Brandenburgs Kulturministerin

Auch Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD), die wie Roth – im Gegensatz zu Finanzministerin Lange – jedwede Verhandlungen über den Vorschub-Komplex strikt ausgeschlossen hatte, sieht ihre Position bestätigt. „Ich danke auch allen in Wissenschaft und Öffentlichkeit, die mich in meiner Haltung gegen Geheimverhandlungen unterstützt haben“, erklärte Schüle.

„Ich hoffe, dass die zwischen den Beteiligten noch offenen Fragen in dem Geist, den die heutige Ankündigung atmet, geklärt werden: Ohne Gerichte, ohne Drohungen, in großer Offenheit.“ Brandenburgs Ex-Finanzminister Christian Görke (Linke), inzwischen Bundestagsabgeordneter, führte das späte Einsehen des Hohenzollern-Chefs „auf die zahlreiche Kritik an den Forderungen und an seinem Umgang mit Kritikern zurück.“

Schon im vorigen Jahr hatte Georg Friedrich Prinz von Preußen der Schlösserstiftung eine Ausstellung im Schloss Cecilienhof zur NS-Rolle seiner Vorfahren und der Geschichte der Schlösser in der Weimarer Republik und der NS-Zeit vorgeschlagen: „Man hatte auch zugesagt, eine Ausstellung zu konzipieren, da ist aber bis heute nichts passiert.“

Für den 9. März hat Georg Friedrich Prinz von Preußen zu einem Historiker-Podium in der Bundespressekonferenz eingeladen. Dort soll nach seinen Worten auch eine digitalisierte Quellensammlung zum politischen Wirken des Kronprinzen vorgestellt werden. „Diese Veranstaltung könnte vielleicht der Auftakt zu einem größeren Symposium über die politische Verantwortung meiner Familie im 20. Jahrhundert sein.“

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