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Zahlreiche Ehrungen, aber wenig konkrete Hilfe: So lautet das Fazit der Studie zum Umgang mit Ehrenamtlichen.

© Andreas Klaer

Ehrenamtliche in Brandenburg: Kommunen würdigen zu viel und fördern zu wenig

Eine Studie beklagt, dass es kaum konkrete Hilfen für Ehrenamtliche gibt. Stattdessen werde Zeit aufgewendet für Auszeichnungsveranstaltungen.

In Brandenburg gibt es zu wenig kommunale Fördermaßnahmen für Ehrenamtliche. Das ist das Fazit einer Studie, die die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt und das Brandenburger Institut „Change Centre“ am Freitag in der Potsdamer Landespressekonferenz vorgestellt haben. Basis für die Untersuchungen waren mehr als 2.200 Online-Interviews mit Ehrenamtlichen, mit Fachleuten aus Kommunalverwaltungen sowie mit Fördereinrichtungen. Alle drei Gruppen gaben demnach mehrheitlich an, dass sich das Ehrenamt in ihrem Bereich in den letzten zehn Jahren rückläufig entwickelt habe. 

Kritisiert wurde, dass es in den Kommunen zwar zahlreiche Ehrungen von Ehrenamtlichen, aber kaum konkrete Hilfen für das Ehrenamt gebe. „Nur zwei Prozent der Befragten sagten, dass es in ihrer Kommune eine Kinderbetreuung für die Zeit ihres Ehrenamts gebe“, sagte der Direktor des „Chance Centre“, Prof. Joachim Klewes. Aber rund zehn Mal so viele Befragte würden sich ein solches Angebot wünschen.

Dagegen gebe es nur eine einzige Maßnahme zur Förderung des Ehrenamts, die häufiger angeboten als gewünscht werde: die Übergabe von Auszeichnungen und Preisen durch den Bürgermeister oder andere Lokalpolitiker. „Wir haben aus einer Verwaltung sogar den Hinweis bekommen, dass die Auswahl von Engagierten für die Auszeichnungsveranstaltungen einen beachtlichen Anteil der Arbeitszeit der für das Ehrenamt zuständigen Mitarbeiter verschlingt“, sagte Klewes. Anderes bleibe dafür auf der Strecke.

Ehrenamtliche wünschen sich praktischere Anerkennung

„Die Menschen wünschen sich eher eine Anerkennung im Alltag: Eine offene Tür beim Bürgermeister oder eine schnelle Bearbeitung ihrer Anträge.“ Hilfreich wäre es auch, wenn eine Kommune etwa eine zentrale Verleihstelle für Kraftfahrzeuge, Festgarnituren oder Beamer einrichten würde, die dann von allen ehrenamtlich Tätigen genutzt werden könnten. „Ein motivierter Verwaltungschef kann seine Mitarbeiter zum Beispiel auch zu Sprechstunden an Wochenenden bewegen, wenn die Ehrenamtlichen in ihrem Wohnort sind und Zeit haben“, sagte Klewes. „Wenn man etwas wirklich will, finden sich dafür immer auch Wege.“

Die Menschen wünschen sich eher eine Anerkennung im Alltag: Eine offene Tür beim Bürgermeister oder eine schnelle Bearbeitung ihrer Anträge.

Joachim Klewes, Direktor des „Chance Centre“

Das Vorstandsmitglied der Deutschen Stiftung Engagement und Ehrenamt, Jan Holze, machte deutlich, dass das Land Brandenburg im Unterschied zu Nachbarbundesländern keine Ehrenamtsstragie habe. Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen hätten zudem Stiftungen eingerichtet, um das Ehrenamt niedrigschwellig finanziell unterstützen zu können.

In Brandenburg sei zwar ein Netzwerk Bürgerschaftliches Engagement aufgebaut worden, das „langfristig“ eine Engagementsstrategie aufbauen wolle, ergänzte Klewes. Dabei dürfe es aber nicht bleiben. So sollte man etwa den Vorschlag des Landesseniorenbeirats, die Förderung des Ehrenamts zu einer Pflichtaufgabe der Kommunen zu machen, aufgreifen. „In Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden könnten auch Dinge wie Mindeststandards zur Engagementförderung in Kommunen erarbeitet werden.“ 

Kommunen für bessere Ausfinanzierung

Der Vorsitzende des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, Wittenberges Bürgermeister Oliver Herrmann, hat sich für eine bessere Ausfinanzierung der Ehrenamtsförderung in Städten und Gemeinden ausgesprochen. „Uns ist das Ehrenamt als Kommunen nicht ganz fremd“, sagte Hermann am Montag dieser Zeitung. „Man sollte kein Gegenüber bilden zwischen der Kommune, gedacht als Verwaltung, und den Ehrenamtlern.“ Die gemeindliche Selbstverwaltung bestehe zu einem großen Teil selbst aus Ehrenamtlern, etwa ehrenamtlichen Bürgermeistern oder Ortsbeiräten.

„Das Ehrenamt spielt in der bürgerschaftlich verfassten Gemeinde grundsätzlich eine große Rolle“, so Herrmann. Die Studie sei jedoch eine gute Grundlage, um sich mit dem Thema noch einmal auseinanderzusetzen. Es sei richtig, wenn Ehrenamtsstrategien gefordert werden. „Es ist ja immer gut, wenn man einen Plan hat“, sagte Hermann. Allerdings fehlten vielen Kommunen dafür die nötigen Stellen und die entsprechenden Finanzmittel. Hier sei eine bessere Finanzierung der Kommunen erforderlich.

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