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Keinen Tropfen ihres Trinkwassers dürfen die Wainsdorfer verwenden.

© Kitty Kleist Heinrich

Duschen verboten: Kein Trinkwasser für mehr als 300 Menschen in Brandenburger Dorf

Seit fast zwei Wochen dürfen die Einwohner von Wainsdorf ihr Wasser nur noch für die Toilettenspülung nutzen. Das Wasser stinkt und ist ölig. Jetzt wurde die Ursache gefunden.

Von Sandra Dassler

War es ein Defekt, Fahrlässigkeit oder vielleicht sogar Vorsatz? Sabotage? Seit Tagen brodelt die Gerüchteküche in dem beschaulichen Örtchen Wainsdorf im Elbe-Elster-Kreis. Wobei es mit der Beschaulichkeit nicht mehr weit her ist, seit die 340 Wainsdorfer eine neue Trinkwasserleitung erhalten haben.

„Hier gab es in der Vergangenheit öfter mal Probleme mit den alten Leitungen, also Rohrbrüche“, sagt Margit Gute-Falkenstern, die in Wainsdorf den Frisiersalon Alles Kopfsache betreibt. „Deshalb waren alle froh über die neue Leitung.“ Doch die Freude schlug vor zwei Wochen in Ärger um. Aus den Wasserhähnen der rund 150 Haushalte kam kein frisches, sondern stinkendes und öliges Wasser. „Da brauchte man kein Duschgel“, sagt ein Wainsdorfer. „Und es hat eindeutig nach Diesel gerochen.“ Als der Mann beim zuständigen Elsterwerdaer Wasser- und Abwasserverband (WAV) anrief, wurde ihm Hilfe versprochen. Er erfuhr auch, dass es offenbar den meisten Einwohnern so ging wie ihm.

Drei Tage später teilte der WAV mit, dass es immer mal wieder zu Qualitätsschwankungen des Trinkwassers kommen könne. Eine Gefahr bestehe aber nicht, man habe das Wasser von einem unabhängigen Labor untersuchen lassen.

Einwohner sollten ihre Leitungen spülen

Trotzdem stellte der WAV Wassertanks im Ort auf. Denn die Situation besserte sich nicht. Am 26. September wurden die Einwohner gebeten, die „Spülmaßnahmen“ zur Reinigung der neuen Leitung zu unterstützen. Sie sollten ihre „Entnahmestelle mehrfach am Tag betätigen und die Zapfstellen mindestens 30 Minuten entleeren“.

Als auch das offensichtlich nicht half, sah sich der WAV zu einer drastischen Entscheidung genötigt. Am 28. September wurde das Trinkwasser zum Brauchwasser herab deklariert. Im Schreiben an die Einwohner hieß es nun: „Die Nutzung des Brauchwassers ist nur noch für Zwecke der Toilettenspülung gestattet. Alle anderen Nutzungen (Essen, Trinken, Duschen, Wäschewaschen etc.) werden untersagt.“

Zum Wäschewaschen zu Verwandten

Und während die Einwohner nun zum Duschen und Wäschewaschen zu Verwandten fuhren oder die eigens für sie eingerichteten Gemeinschaftsduschen nutzten, suchten Experten fieberhaft nach der Ursache des stinkenden und unsauberen Wassers. Es war ein Rätsel. Denn in Merzdorf, wo das Wasser in die neue Leitung floss, war es ohne Makel. Was mit dem Wasser auf den letzten 1600 Meter geschah, blieb zunächst unklar.

Dass die Beeinträchtigung von den Rohren der neuen Leitung selbst verursacht wurde, hatte der Hersteller ausgeschlossen. Dass jemand während der Bauphase zielgerichtet Fremdstoffe in die Leitung gekippt hat, hält WAV-Vorsteher Maik Hauptvogel für unmöglich. Die Leitungen seien fest verschlossen und verplombt, sagt er. Und hat trotzdem Anzeige gegen Unbekannt wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Umweltschädigung gestellt.

Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt

Am Donnerstag endlich wurde die Ursache gefunden. 100 Meter vor dem „Einbindepunkt der Transportleitung in das Ortsnetz Wainsdorf seien unmittelbar vor der Inbetriebnahme Öle oder Fette in die Leitung eingedrungen“, hieß es in einer Mitteilung des WAV. Woher die kamen, weiß freilich niemand. Der Sabotage-Verdacht ist also noch nicht vom Tisch.

Nun soll dort als Übergangslösung eine neue Leitung quasi als Bypass verlegt werden, was wiederum einige Tage in Anspruch nehmen wird. Bis auf Weiteres darf das Wasser weiterhin nur für die Toilettenspülung genutzt werden.

Eigentlich müsste ich meinen Salon schließen.

Margit Gute-Falkenstern, Friseurin

„Eigentlich müsste ich meinen Friseursalon schließen“, sagt Margit Gute-Falkenstern: „Aber das kann ich mir nicht leisten.“ Also hat sie improvisiert, nutzt ihr Brunnenwasser und den Durchlauferhitzer. So lange es warm war, kamen Kunden, die nicht aus Wainsdorf waren, mit bereits gewaschenen Haaren zu ihr oder fuhren mit der Farbe nach Hause und spülten sie dort selbst aus.

Doch jetzt wird es kalt und so langsam sehnen sich nicht nur die Friseurin, sondern viele Wainsdorfer nach einem Ende des Ausnahmezustands. Sie hoffen, dass das viele Ausspülen auch ihre Rohre in den Häusern so reinigt, dass es nicht mehr riecht wie an einer Tankstelle.

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