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Die angeklagte Geschäftsführerin der Lunapharm Deutschland GmbH, Susanne K., erscheint zum Prozessauftakt am Landgericht Potsdam.

© dpa/Soeren Stache

Dubiose Geschäfte mit Krebskranken: Auftakt im Lunapharm-Prozess in Potsdam

Der illegale Handel mit teuren Krebsmedikamenten führte im Sommer 2018 zum Rücktritt von Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke). Fünf Jahre später begann der Prozess.

Die Verunsicherung bei Krebspatienten in Brandenburg und in Berlin, in ganz Deutschland, war riesig 2018: Wurden ihnen Medikamente verabreicht, die gar nicht wirken, sogar schaden? Wurde von Betrügern das große Geschäft mit schwerkranken Menschen gemacht?

Fünf Jahre nach der Aufdeckung des Skandals um den Pharmagroßhändler Lunapharm aus Blankenfeld-Mahlow (Landkreis Teltow-Fläming), der zum Rücktritt von Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) führte, hat am Mittwoch vor der 4. Strafkammer des Potsdamer Landgerichts die juristische Aufarbeitung begonnen. Die Geschäftsführerin von Lunapharm Susanne K. und ein mutmaßlicher Mittäter, der Anwalt Gunter K. aus Hessen, müssen sich wegen illegalen Handels mit Krebsmedikamenten verantworten.

Eine Antwort auf die erste Frage werden die Patienten und Angehörige im Zuge dieses Mammutverfahrens mit 20 Prozesstagen bis Anfang März und 5000 Seiten Akten wohl nicht bekommen. Die 56 Jahre alte Angeklagte Susanne K. beteuert in diesem Punkt ihre Unschuld. Erst beim nächsten Prozesstag am 20. Oktober will sie sich ausführlich äußern.

Doch in einer am Mittwoch von ihren Anwälten verteilten Mitteilung heißt es: „Alle Medikamente waren stets beanstandungsfrei. Irgendeine Täuschung oder gar Gefährdung von Patienten lag nie vor und wird der Geschäftsführerin auch nicht vorgeworfen.“ Proben, die das Gesundheitsamt seinerzeit von bei Lunapharm gelagerten Medikamenten genommen hatte, lieferten keinen Beweis dafür.

Handel mit gefälschter Arznei

Was die Staatsanwaltschaft in ihrer 150 Seiten langen Anklageschrift der gebürtigen Brandenburgerin und mutmaßlichen Mittätern vorwirft: Gefälschte Arznei in den Verkehr gebracht, also Vergehen gegen das Arzneimittelgesetz begangen zu haben. Wobei sich das gefälscht nicht darauf bezieht, dass die Medikamente für Schwerkranke möglicherweise gepanscht waren, sondern nur darauf, dass die Verpackungen umetikettiert und so Bezugsquellen verschleiert worden sein sollen.

Demnach soll Lunapharm zwischen 2015 und Juni 2018 die Krebsmedikamente über eine Apotheke in Griechenland bezogen und in Deutschland vertrieben haben. Diese Apotheke hatte laut Staatsanwaltschaft aber keine Großhandelserlaubnis. Nachdem dieser Handel im Mai 2017 behördlich verboten worden war, seien bis Juli 2018 weitere Lieferungen von der Apotheke über Rechnungen eines Großhändlers aus Zypern verschleiert worden. Das ARD-Magazin „Kontraste“ hatte den Skandal öffentlich gemacht. Die Gesundheitsbehörden und somit auch das Ministerium, so der Vorwurf damals, seien diesem Skandal nicht genügend nachgegangen.

Hat die Arzneimittelaufsicht versagt?

Juristisch belangt werden können jedoch nur Händler wie Susanne K., noch heute Lunapharm-Chefin. Die 56-Jährige habe teure Medikamente, die in europäischen Ländern zu unterschiedlichen Preisen gehandelt wurden, aus dem Ausland bezogen, teils neu verpackt, so die Anklage. Dann sei die Arznei in Deutschland an Apotheken oder Großhändler weiterverkauft worden. Mit satten Gewinnen: Laut Staatsanwaltschaft soll Lunapharm mit dem illegalen Handel Einnahmen in Höhe von 1,1 Millionen Euro erzielt haben. 

Ein Mitangeklagter ist nicht verhandlungsfähig

Der Mitangeklagte Gunter K. soll an der Abwicklung beteiligt gewesen sein. Am Mittwoch ließ er sich jedoch nicht zur Sache ein, sondern machte nur Angaben zu seiner Person. Er ist ein vor der Rente stehender Anwalt „einer Wald- und Wiesenkanzlei“, wie die Vorsitzende Richterin Christiane Hesse-Lang es nannte, Vater von zwei leiblichen und vier Stiefkindern, Hobby: Modellbau.

Das Verfahren gegen den mitangeklagten Mohamed H., Mandant von Gunter K. und Inhaber der griechischen Apotheke, wurde am Mittwoch abgetrennt. Der 76-Jährige ist laut Gutachten aus Hessen schwer krank und nicht verhandlungsfähig.

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