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Berlin und Brandenburg: Parlamente und Regierung wollen enger kooperieren 

© Ottmar Winter PNN

Der Nächste, bitte: Was Brandenburgs Ministerpräsident mit Berlins Regierendem Kai Wegner vorhat

Der Christdemokrat Kai Wegner ist der vierte Berliner Regierende, mit dem Dietmar Woidke (SPD) zu tun hat. Was steht in der Hauptstadtregion auf der Agenda?

Natürlich hat er den Neuen sofort nach Potsdam eingeladen, und den schwarz-roten Senat gleich mit. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) setzt darauf, mit dem Berliner Regierenden Kai Wegner (CDU) die Zusammenarbeit in der Hauptstadtregion besser auf aktuelle Herausforderungen auszurichten. Die turbulente Wahl Wegners, der es erst im dritten Wahlgang schaffte, sieht Woidke nicht als Hindernis.

„Als Brandenburger muss man nicht alles verstehen, was in Berlins Politik geschieht. Aber umgekehrt ist das ja auch so“, sagte Woidke am Freitag dieser Zeitung. „Entscheidend ist, dass beide Regierungen zum Wohle der Menschen in beiden Bundesländern eng kooperieren. Das galt immer, das gilt auch jetzt.“ Er freue sich auf die Zusammenarbeit.

Als Brandenburger muss man nicht alles verstehen, was in Berlins Politik geschieht. Aber umgekehrt ist das ja auch so.

Dietmar Woidke (SPD), seit 2013 Ministerpräsident Brandenburgs.

Woidke, der Brandenburg mittlerweile seit 2013 regiert und damit dienstältester Länderschef sein dürfte, hat sich an das Kommen und Gehen nebenan in Berlin mittlerweile gewöhnt. „Ich habe ja mittlerweile schon mit einigen Regierenden meine Erfahrungen sammeln können“, sagt er. Noten vergibt er – diplomatisch – natürlich keine.

Der erste Nicht-Sozialdemokrat im Roten Rathaus, mit dem Woidke zu tun hat

Tatsächlich ist Wegner bereits der vierte Regierende im Roten Rathaus, mit dem Woidke zu tun hat. Es ist der erste Nicht-Genosse. Als er einst Matthias Platzeck beerbte, hatte in Berlin noch Klaus Wowereit (SPD) das Zepter geführt. Wie zu Wowereit blieb auch das Verhältnis zum Nachfolger Michael Müller (SPD) eher distanziert.

Das war auf persönlicher Ebene zur Ex-Regierenden Franziska Giffey (SPD) anders. Woidke hatte den Sprung der damaligen Neuköllner Bezirksbürgermeisterin in die Bundesregierung eingefädelt, der Giffey später den Weg ins Rote Rathaus ebnete. Das verbindet.

Dennoch hatten sich Brandenburger Hoffnungen, dass mit Giffey – in Frankfurt/Oder geboren – deutlich mehr möglich sei, in ihrer kurzen Amtszeit nicht erfüllt. So oder so ist es angesichts vielfältiger Berührungspunkte durchaus ein Faktor, ob die Ländechefs auch persönlich einen guten Draht zueinander finden.

Noch ist Kai Wegner für Woidke ein Unbekannter. Umgekehrt dürfte das auch so sein. Beide gelten als bodenständig-pragmatische Typen. Und beide, der Spandauer und der Forster, haben es nicht aus dem politischen Zentrum, sondern vom Rande ihres Bundeslandes an die Spitze geschafft.

Dass sich Woidke – als früherer Innenminister durchaus ein Mann mit konservativen Positionen – mit einem CDU-Länderchef besser versteht als mit eigenen Genossen, wäre zumindest nichts Neues. Das war bereits der Fall, als in Sachsen noch Stanislaw Tillich (CDU) regierte.

„Wir können uns als Hauptstadtregion noch besser aufstellen“

Brandenburgs Regierungschef hat einige Felder im Blick, in denen beide Bundesländer gemeinsam einen Gang hochschalten sollten. „Wir können uns im globalen und europäischen Wettbewerb um moderne, klimaneutrale Unternehmen als Hauptstadtregion noch besser aufstellen“, sagte Woidke. Er verwies auch auf die „Innovationskorridore“ wie der vom Berliner Technologiepark Adlershof bis in die Lausitz nach Cottbus, die ein „Katalysator“ sein könnten.

Seine Liste ist länger. „Es gilt auch, Berlin und Brandenburg als gemeinsame Energiewende- und Klimaschutzregion zu entwickeln und beim Bahnausbau an einem Strang zu ziehen“, sagte Woidke. „Und auch rund ums Thema Wasser machen die Herausforderungen eine engere Abstimmung Brandenburgs und Berlins erforderlich.“

Ein Grund dafür ist, dass mit dem Ausstieg aus der Braunkohle – spätestens bis 2038, wahrscheinlich bis 2030 – das aus den Tagebauen seit Jahrzehnten abgepumpte Wasser nicht mehr die Spree auffüllt, sodass in der Metropole deutlich weniger ankommen wird. Ein Großteil des Berliner Trinkwassers wird aus Uferfiltrat der Spree gewonnen.

Brandenburg ist beim Abwasser auf Berlin angewiesen

Brandenburg wiederum hat eher ein drohendes Abwasserproblem, wird auf Berlin angewiesen sein: Nicht wenige Kommunen im Speckgürtel haben sich darauf verlassen, dass ihr Abwasser dauerhaft von den großen Klärwerken der Berliner Wasserbetriebe entsorgt wird, die, wie in Waßmannsdorf, rings um die Millionenmetropole im Umland entstanden sind. Dass Berlin die Entsorgung dauerhaft übernimmt, ist angesichts des Wachstums der Metropole und wegen des größeren Eigenbedarfs aber kein Automatismus.

Es gibt auch objektiv betrachtet konträre Interessen. Aktuell zeigt sich das im ungeklärten Konflikt, wie die von Berlin angestrebte Verlängerung des 29-Euro-Tickets mit dem gemeinsamen Verkehrsverbund (VBB) in der Hauptstadtregion vereinbar ist. Für Brandenburg hat angesichts des knappen Geldes und der dünnbesiedelten Regionen absolute Priorität, mehr Züge fahren zu lassen.

Manchmal gehen Berlin und Brandenburg bewusst wieder getrennte Wege, wie im Bildungssystem, das Woidke nicht nannte. Unter Giffey war Berlin 2022 aus dem gemeinsamen Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) zur Fortbildung von Lehrkräften ausgestiegen, was Brandenburgs Politik gleichgültig aufnahm.

Doch solche Trennungen sind eher eine Ausnahme angesichts der vielen Wechselbeziehungen in der Hauptstadtregion, vom Verkehrsverbund bis zum gemeinsamen BER-Flughafen. „Im neuen Koalitionsvertrag steht der Satz: Berlin ist ohne Brandenburg nicht zu denken. Das finde ich gut“, sagte Woidke. „Und wir Brandenburger wissen auch, was wir an Berlin in unserer Mitte haben.“

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