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Zerfetzte Stofftapete, kaputtes Parkett

© Matthias Hahndorf / Netzwerk ostmodern

Denkmalamt übt Kritik: Erste Zerstörungen im Generalshotel am BER

In der Villa ist bei Arbeiten bereits Substanz zerstört worden – deutlich vor dem avisierten Abrisstermin im September.

Zerfetzte Stofftapeten, mit Presslufthämmern durchbohrter Steinfußboden im mondänen Foyer, aufgebrochenes Parkett: Die Lage im bedrohten Generalshotel am Willy-Brandt-Airport spitzt sich weiter zu. Nach Tagesspiegel-Informationen sind bei Arbeiten in dem unter Denkmalschutz stehenden früheren DDR-Regierungsterminal erste Zerstörungen im Inneren angerichtet worden – und damit bereits vor dem vom Bund geplanten umstrittenen Abriss des fast 75 Jahre alten Baudenkmals. Den hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), die Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) untersteht, für „September“ avisiert.

Die Abbruch-Vorbereitungen laufen offenbar auf Hochtouren. Die ersten Schäden an der historischen Originalsubstanz belegen aktuelle Fotos, die am Dienstagabend bei einem Vorort-Termin aufgenommen wurden.

Denkmalschützer üben Kritik. „Das ist ohne unser Wissen geschehen. Uns liegt darüber keine Information vor, auch der unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises nicht“, sagte Haiko Türk vom Brandenburger Landesamt für Denkmalpflege dem Tagesspiegel.

Bergungsliste der Denkmalpflege noch nicht fertig

An sich sei ein derartiges Vorgehen in Objekten, die ohnehin für den Abriss vorgesehen sind, zwar „nicht ungewöhnlich“. Doch im konkreten Fall, so Türk, „hätten wir uns schon gewünscht, dass das mit uns abgestimmt wird“.

Bilder belegen die Schäden: Kaputter Naturstein im Foyer.
Bilder belegen die Schäden: Kaputter Naturstein im Foyer.

© Marco Dziallas / Netzwerk ostmodern

Und zwar auch deshalb, weil bisher mit der Denkmalbehörde noch „nicht abschließend abgestimmt wurde“, welche Objekte und Materialien aus der Villa vor dem Abriss geborgen werden sollen. „Auch die Dokumentationen sind noch nicht komplett.“ In Bezug auf zerfetzte Stofftapeten und den durchbohrten Natursteinboden im Foyer sagte Türk: „So sollte man es nicht machen.“

Wie berichtet, will der Bund noch auf Grundlage veralteter Pläne für den Regierungsflughafen am BER das Baudenkmal abreißen lassen. Doch der Widerstand wächst. Inzwischen haben sich auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und das Deutsche Nationalkomitee von Icomos, einer Beraterorganisation für die Unesco in Welterbefragen, gegen den Abriss ausgesprochen.

Netzwerk „ostmodern“ fordert Erhalt

Rein rechtlich gibt es trotz des Denkmalstatus’ der Villa für die Denkmalbehörde bei den neuen Schäden keine Handhabe. Denn seit 2011 gibt es über eine damalige Änderung des BER-Planfeststellungsbeschlusses eine Abrisserlaubnis, die gegen den Widerstand des Landesdenkmalamtes durchgesetzt wurde. Unklar ist bisher, ob dieses Arbeiten – offenbar Probebohrungen für den Abriss – im Auftrag der BIMA oder eigenmächtig von einer beauftragten Firma vorgenommen wurden. Auf eine Eil-Anfrage erklärte die BIMA am Donnerstagnachmittag, man habe dies an die „zuständige Fachabteilung weitergeleitet“, bemühe sich „schnellstmöglich“ um eine Klärung.

Das Netzwerk „ostmodern“, das sich für den Erhalt von Bauten der Nachkriegsmoderne in Ostdeutschland engagiert, reagierte mit Unverständnis und einem Appell. „Es gibt ein immens großes gesellschaftliches Interesse am Erhalt dieses historisch einzigartigen Bauwerks“, sagte Sprecher Matthias Hahndorf, der bei dem Vorort-Termin dabei war, dem Tagesspiegel. „Gleichwohl scheint die aufgeflammte Diskussion bisher keinerlei bremsenden Einfluss auf das Tempo zu haben, mit dem der Abriss gerade vorangetrieben wird.“

Das Gegenteil wird aber jetzt gebraucht, sagte Hahndorf: „Keine Tatsachen zu schaffen, wo noch viel Rede- und Denkbedarf herrscht. Einbeziehung des Bestandsgebäudes in eine Neuplanung – das wäre Baukultur, von der nicht immer nur in Sonntagsreden gesprochen wird.“

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