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Neonazi in Halbe

© ddp

Neonazis in Brandenburg: "Außerordentlich brutale Szene"

Wissenschaftler schlagen Alarm: Sie halten den Rechtsextremismus für eine Bedrohung für Brandenburg. Die Forscher haben jetzt ein Handbuch herausgegeben, das Vorschläge für ein Vorgehen gegen die Extremisten gibt.

Das Land habe ein Rechtsextremismus-Problem, betonte der Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien (MMZ) in Potsdam, Julius H. Schoeps. Brandenburg habe die Herausforderung jedoch angenommen. Es gebe ein vielfältiges Engagement gegen den Rechtsextremismus. Auch das Handlungskonzept "Tolerantes Brandenburg" der Landesregierung bewähre sich. Um den Kampf gegen den Rechtsextremismus zu unterstützen, haben Wissenschaftler des MMZ ein Handbuch für Analysen, Prävention und Intervention herausgegeben. Darin beschäftigen sich mehr als 40 Autoren mit dem Thema Rechtsextremismus. Neben MMZ-Wissenschaftlern äußern sich unter anderen Ausländerbeauftragte, der Potsdamer Polizeipräsident sowie Vertreter von Vereinen und Verbänden, die sich gegen Rechtsextremismus stark machen. Das Buch enthält einen umfangreichen Adressen- und Serviceteil.

Schoeps betonte, das MMZ sei nicht nur wissenschaftliche Forschungseinrichtung. Es habe auch ein gesellschaftspolitisches Mandat. "Wir mischen uns ein", sagte der Wissenschaftler. Beim Thema Rechtsextremismus sei es zwingend notwendig, Flagge zu zeigen. MMZ-Experte Christoph Kopke sagte, der Rechtsextremismus habe sich seit der Wende auf hohem Niveau stabilisiert. Vor allem in den ländlichen Regionen verbreiteten sich zunehmend rechtsextreme Einstellungen. Es gebe Gebiete, die als "Angsträume" zu bezeichnen seien. Dort könnten sich beispielsweise Menschen anderer Hautfarbe nicht sicher fühlen.

Forscher: NPD wird "Flagschiff" der rechten Szene

Kopke warnte vor allem auch vor einem Erstarken der rechtsextremen NPD. Diese versuche derzeit mit Blick auf die Kommunalwahlen 2008, ihre Aktivitäten auf das ganze Land auszuweiten. Sie entwickle sich zum "Flaggschiff" der rechten Szene. Auch MMZ-Politologe Gideon Botsch sieht ein erhebliches Gefährdungspotenzial im Rechtsextremismus. Allerdings hob er zugleich das große zivilgesellschaftliche Engagement in Brandenburg hervor. Eine Ausländerhatz wie im sächsischen Mügeln sei in der Mark derzeit weniger wahrscheinlich, denn es gebe mehr und vor allem wirksamere Abwehrmechanismen. Viele Städte sendeten deutliche Signale für Toleranz und Vielfalt aus. Zudem sei die Polizei besser sensibilisiert.

Kopke ergänzte, Sachsen habe sein Rechtsextremismus-Problem lange klein geredet oder ignoriert. Brandenburg habe Gegenstrategien wie das Handlungskonzept "Tolerantes Brandenburg" entwickelt. Doch dürfe das Land nicht stehenbleiben, warnte Kopke. Die Instrumente müssten stets neu justiert werden. Nur dann werde es gelingen, eine Ausbreitung der NPD wie in Sachsen zu verhindern. Botsch fügte hinzu, die rechtsextreme Szene in der Region Berlin-Brandenburg sei "außerordentlich brutal". Es gebe einige "lebende Zeitbomben". Es sei außerordentlich wichtig, im Kampf gegen Rechts nicht nachzulassen. Das "Tolerante Brandenburg" müsse sich behaupten.

Susann Fischer[ddp]

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