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Mecklenburg-Vorpommern, Heringsdorf: Sonnenhungrige Urlauber und Tagestouristen kommen in Massen an den Strand des Ostseebades.

© Stefan Sauer/dpa

Zweiter Pandemie-Sommer: Corona überrumpelt uns schon wieder

Die stagnierende Impfkampagne und steigende Infektionszahlen mahnen zur Eile. Die Politik muss klären, was die Bürger im Herbst erwartet. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Benjamin Reuter

Es ist, als hätte jemand die Repeat-Taste gedrückt: Deutschland erlebt einen weitgehend unbeschwerten Corona-Sommer. Doch mit Blick auf den Herbst warnen zahlreiche Politiker und Experten vor dem Schlimmsten. So passiert im Jahr 2020. So passiert es jetzt wieder.

Wieder appellieren die Kanzlerin, Spahn, Lauterbach, Drosten, Wieler und Spahn an die Bürger, vorsichtig zu sein und das Einmaleins des Corona-Schutzes zu beherzigen. Neu ist allein, dass sie jetzt auch zum Impfen aufrufen.

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Die vorhandenen Impfstoffe sind der Fortschritt im Vergleich zum vergangenen Jahr. Aber zu „Gamechangern“, sofern sie die Pandemie absehbar beenden, sind sie bisher nicht geworden, und sie werden es laut den meisten Experten auch nicht mehr.

Der Grund ist die hochansteckende Delta-Variante. Um die zu stoppen, müsste fast die gesamte Bevölkerung geimpft sein. Dem stehen die Impfskepsis und fehlende Impfstoffe für Kinder entgegen.

Statt Freude über das baldige Ende der Pandemie geht deshalb die Furcht vor Inzidenzen im hohen dreistelligen Bereich um. Mutmaßlich mit den entsprechenden Folgen: mit zahlreichen Long-Covid-Patienten und steigenden Todeszahlen.

Ohne Impfstoffe wäre klar, was folgt: Lockdown

Ein Blick nach Großbritannien zeigt, wo der Inzidenzwert in einigen Wochen stehen könnte: bei rund 500. In Fallzahlen übersetzt bedeutet das mehrere zehntausend Neuansteckungen pro Tag. Kanzleramtschef Helge Braun geht sogar von bis zu 100.000 Ansteckungen pro Tag aus. Wie viele der Infizierten ein paar Wochen später in den Kliniken liegen, kann natürlich niemand seriös vorhersagen, aber in Großbritannien sind es um die 900 Klinik-Neueinweisungen täglich.

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Was in der Vor-Impfzeit in diesem Fall in Deutschland passiert wäre, ist klar: Lockdown. Aber den haben Angela Merkel und Jens Spahn schon ausgeschlossen.

Grundrechtseinschränkungen trotz Piks – die Regierenden wissen, dass das den bald 50 Millionen doppelt Geimpften nicht zu vermitteln ist; abgesehen von der Frage, ob die Maßnahmen juristisch Bestand hätten.

Was also stattdessen? Nur die Rechte der Ungeimpften einschränken? Eine solche Maßnahme birgt enormen gesellschaftlichen Sprengstoff. Mehr Werbung fürs Impfen, vielleicht auch mehr Druck oder gar eine Impfplicht in bestimmten Branchen? Bis das Wirkung zeigt, würde es dauern.

Außerdem: Wie erfolgreich diese Maßnahmen sind, lässt sich schwer kalkulieren. Die letzte Möglichkeit wäre, die Ansteckungen ohne Gegenmaßnahmen laufen zu lassen und zu hoffen, dass es ganz so schlimm nicht kommen wird. Wer geimpft ist, wäre dann im Vorteil. Wer keine Spritze will, handelte auf eigene Gefahr.

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Das hat aber mindestens zwei Haken. Was ist mit den Kindern, für die es keine Impfung gibt, und was mit jenen, die aus medizinischen Gründen keine bekommen können? Oder anders gefragt: Wie schützt man die, die sich nicht gegen Corona immunisieren können?

Es braucht einen Plan für den Spätsommer und Herbst

Es ist eine unausweichliche Frage, auf die es auch im zweiten Corona-Sommer keine Antworten gibt. Aber die Zeit drängt. Das Virus schickt sich an, abermals schneller zu sein als die Politik.

Die Regierenden sollten sich umgehend zusammensetzen und einen Plan für den Spätsommer und Herbst aufstellen: Was passiert, wenn bestimmte Inzidenzwerte überschritten werden? Werden wieder Kitas und Schulen geschlossen? Dürfen nur Geimpfte und Genesene ins Fußballstadion? Was macht man mit Getesteten? Das alles vor dem Hintergrund, dass es trotz strenger Hygienemaßnahmen bei Veranstaltungen in den vergangenen Wochen zuletzt immer wieder zu Superspreader-Events kam.

Erste Politiker aus den Bundesländern verlangen das – eine vorgezogene Ministerpräsidentenkonferenz – bereits. Auch die Kanzlerin ist dafür offen.

Was ohne Maßnahmen passiert, zeigt Großbritannien gerade. Aber auch in Deutschland ist der entspannte Corona-Sommer eigentlich schon vorbei: Erste Kreise überschreiten die Inzidenzmarke von 50. Bis der Wert auf 100 geklettert ist, geht es dann ganz schnell. Der Rest ist aus dem vergangenen Jahr bekannt.

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