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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gilt als Initiator der Konferenz zur Zukunft der EU.

© Frederick Florin/AFP

Zukunftskonferenz der EU: Eine Chance für mehr Bürgernähe

Die geplante Debatte über die Zukunft der Gemeinschaft könnte als folgenloses Palaver enden – wenn sich die EU-Bürger nicht beteiligen. Ein Kommentar.

Vor einer Woche hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit einer Rede in Straßburg den Startschuss für die Konferenz zur Zukunft Europas gegeben. Ein Jahr lang soll ab jetzt über ein Sammelsurium von Brüsseler Zukunftsthemen gesprochen werden – von der ambitionierten EU-Klimapolitik bis zur lahmenden europäischen Außenpolitik. Das Besondere dabei: Es sollen bei dieser Europadebatte nicht die „üblichen Verdächtigen“ zu Wort kommen, sondern ein möglichst breites Publikum.

Allerdings scheint das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Zukunft ihrer Gemeinschaft nicht allzu groß zu sein. Gerade einmal gut 12.000 Teilnehmer haben sich auf der Online-Plattform bislang angemeldet – ein verschwindend geringer Anteil bei insgesamt 450 Millionen EU-Bürgern.

Spitzenkandidaten-Prinzip sollte zum Thema werden

Dabei gäbe es durchaus ein Thema, das eine vertiefte Debatte verdient hätte. Es geht um die Wahl der Person, die an der Spitze der EU-Kommission steht. Dies ist durchaus eine bürgernahe Angelegenheit. Allerdings gehört es zur Ironie der Geschichte, dass Macron, der ansonsten immer viel von „europäischer Souveränität“ spricht, nichts von einer engeren Verknüpfung zwischen der Europawahl und der Brüsseler Top-Personalie wissen will. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die nach der Europawahl überraschend ins Amt kam, hat sich zuletzt nicht mehr dazu geäußert.

Macron verhinderte den CSU-Mann Weber als Kommissionschef

Allerdings erinnern sich viele EU-Abgeordnete, die auch in der Plenarversammlung zur EU-Zukunftskonferenz vertreten sind, sehr wohl an die Versuche aus der jüngeren Vergangenheit, das so genannte Spitzenkandidatenprinzip durchzusetzen. 2014 klappte dies, als der Luxemburger Jean-Claude Juncker bei der Europawahl als Spitzenkandidat der konservativen EVP-Parteienfamilie antrat.

Fünf Jahre später vereitelte Macron dann den Durchmarsch des EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) an die Spitze der EU-Kommission. Anschließend gelobte von der Leyen, dass sie die Bürgerbeteiligung bei der Bestellung der Kommissionsspitze thematisieren wolle. Danach blieb es still.

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Letztlich wird es vom Input der Bürgerinnen und Bürger abhängen, wo die Schwerpunkte der Zukunftskonferenz liegen. Ist ihnen die Abschaffung der Vetomöglichkeit einzelner Staaten in der Außenpolitik wichtig? Soll Brüssel neue Kompetenzen in der Gesundheitspolitik erhalten? Wenn es aus der Bevölkerung nur eine geringe Rückmeldung zu derartigen Fragen gibt, dann wächst auch das Risiko, dass die Konferenz als folgenloses Palaver endet.

EU-Mitgliedstaaten wollen möglichst keine Vertragsänderungen

Denn auf Seiten der EU-Mitgliedstaaten, die im Leitungsgremium der Konferenz vertreten sind, gibt es nur eine geringe Neigung, Veränderungen wie die Festschreibung des Spitzenkandidaten-Prinzips in die Wege zu leiten. Dazu bräuchte es eine Reform des EU-Vertrages – eine Mammutaufgabe, die sich auch Macron nicht aufhalsen will.

Dem französischen Präsidenten geht es vor allem darum, 2022 den Abschluss der Konferenz groß zu inszenieren und sich als Pro-Europäer gegenüber seiner Hauptgegnerin, der Rechtspopulistin Marine Le Pen, in Stellung zu bringen. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel? Sie wird aller Voraussicht nach nicht mehr im Amt sein, wenn der Abschlussbericht der Konferenz vorliegt. Europäisches Neuland für die nächste Bundesregierung sozusagen.

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