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Gläubige in der Mevlana-Moschee in Berlin-Kreuzberg, die 2014 nach einem Brandanschlag ausgebrannt war.

© Christoph Soeder/dpa

Zentralrat der Muslime warnt: „Hass macht sich breit“

Was bedeutet der Anschlag in Neuseeland für Muslime in Deutschland? Ein Gespräch mit Zentralratschef Aiman Mazyek.

Herr Mazyek, was bedeutet der Anschlag in Neuseeland für die Muslime in Deutschland?

Wir sehen den Anschlag mit großer Sorge. Die Terroristen haben mit äußerster Brutalität gehandelt, keine Mühen gescheut, dieses Massaker live gefilmt und in bestimmten Kreisen einzuspeisen. Das ist für mich IS 2.0. Das heißt, sie setzen auf Trittbrettfahrer und Racheakte, dass heißt sie wollen Krieg, Krieg gegen die freie Welt, gegen Minderheiten, um die Gesellschaft zu spalten. Die Tatsache, dass es in vielen Teilen der westlichen Welt, auch in Deutschland, Identitäre Bewegungen und andere gibt, die sich einer ähnlichen Rhetorik wie die Attentäter bedienen, zeigt: Sicherheitsbehörden haben das Phänomen unterschätzt.

Sie fürchten Nachahmungstäter in Deutschland?

Das ist ganz sicher eines der Ziele der Terroristen. Damit sie keinen Erfolg haben, dürfen wir die die reale Gefahr nicht länger unterschätzen.

Werden Moscheen hierzulande ausreichend geschützt, tun die Sicherheitsbehörden genug?

Nach unserer Meinung nicht. Der Staat, unsere Gesellschaft, unsere Demokratie müssen sich sichtbarer vor die Muslime stellen. Das ist ein dringend notwendiges Signal an die Muslime und es ist Abschreckung für Rechtsradikale und Terroristen, denn es ist eine real existierenden Gefahr.

Warum ist ein solches Signal notwendig?

Hass macht sich breit, Gewalt ist nicht mehr tabu. Unsere Geschäftsführung und die Geschäftsstelle waren mehrfach das Ziel von Anschlägen und Übergriffen, von den Hassmails und regelmäßigen Mordaufrufe ganz zu schweigen. Rechte Attentäter und Terroristen wie die in Neuseeland wollen die Hemmschwelle weiter senken. Dagegen muss sich die gesamte Gesellschaft auflehnen, unsere Demokratie muss ich wehrhaft erweisen.

Was muss die Bundesregierung tun, um den Schutz der Muslime zu verbessern?

Die Sicherheitsbehörden müssen auf die wachsende Zahl von Anschlägen und Übergriffen reagieren und den Schutz für muslimische Einrichtungen verstärken. Die Bundesregierung soll das kommunizieren. Außerdem muss sich die Politik auch symbolisch schützend vor Minderheiten stellen, ganz gleich ob es um Juden, Homosexuelle oder Muslime geht. Die Gesellschaft ist stark, wenn sie zeigt, dass diese Minderheiten zu ihr gehören. Denn genau das sprechen die Attentäter in Neuseeland in ihren Manifesten ab.

Ist die Gesellschaft indirekt mitverantwortlich für Attentate wie die in Neuseeland oder die des norwegischen Massenmörders Breivik?

Die Welle, die die Attentäter trägt, ist die Welle der Islamfeindlichkeit und der Ressentiments, welches oft im öffentlichen Diskurs tonangebend ist beim Thema Islam. Den Terroristen geht es nicht um die Eliminierung von Extremisten, wie sie behaupten, sondern um die unsere freiheitlichen Ordnung und Gesellschaft.

Letztendlich ist ein Angriff auf eine Moschee ein Angriff auf unsere Demokratie. Das muss viel klarer und deutlicher herausgellt werden, als es bisher der Fall war.

Helge Hommers

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