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Kanzlerin Angela Merkel mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Hamburgs Erstem Bürgermeister, Peter Tschentscher.

© dpa/Michele Tantussi

Virtuelles Treffen zur Coronakrise: Wo sich Bund und Länder einig sind – und wo nicht

Schon vor dem virtuellen Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten deuten sich Probleme an. Beim Thema Reisen ist das Durcheinander besonders groß.

Von Robert Birnbaum

Das virtuelle Treffen ist das erste nach zwei Monaten Funkstille zwischen Merkel und den Ministerpräsidenten. Damals im Juni schieden sie im Streit, der nur notdürftig überdeckt wurde durch ein paar lustlos festgehaltene Prinzipien: Immerhin, die Maskenpflicht sollte bleiben. Zu mehr Gemeinsamkeit waren die Länderchefs nicht mehr bereit.

Vor allem im Osten mit seinen relativ geringen Fallzahlen mochten sie Merkels restriktiv-vorsichtigem Kurs nicht mehr folgen. Schon im Mai war es mühsam. „Ich bin kurz davor aufzugeben“, drohte Merkel in einer besonders zähen Schaltkonferenz. Nach dem letzten Treffen am 17. Juni machte sie sich wenig Mühe, ihren Ärger zu verbergen. Die „neue Phase“ der Pandemieverkämpfung, die Merkel danach verkündete, klang sehr nach: „Dann macht’s doch alleine, wenn ihr alle so schlau seid.“

Was die konkrete Bekämpfung von frischen Ausbrüchen angeht – von Tönnies in NRW bis zu Erntehelfern in Bayern –, hat das Regionalprinzip auch gut funktioniert. Aber Merkel und ihre Leute sahen das Grundproblem immer in einer Frage der Kommunikation: Je kleiner die bundesweite Gemeinsamkeit, fürchteten sie, desto mehr werde jeder einzelne Bürger sich selbst und seine Umgebung stillschweigend als eigene Region definieren.

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Mit der Folge, dass sie sich dort großzügig eigene Regeln geben. Die Skeptiker in der Regierung sehen sich heute bestätigt: Privatfeste und Familienfeiern gelten inzwischen neben Reisen, größeren Veranstaltungen und Arbeits- und Lebensbedingungen in Schlachthöfen oder bei Erntehelfern als größte Gefahrenherde.

An einem Punkt ist das Durcheinander besonders eklatant: Reisen. Dabei war absehbar, was da kommen konnte. Die Journalistin Sandra Maischberger hat am Mittwochabend Söder als Studiogast. Maischberger fragt nach der Testpanne in Bayern. Die Ferientermine, merkt sie an, seien doch lange bekannt – wieso ordnete die Staatsregierung in einer Nacht- und Nebelaktion Massentests an, die denn auch prompt ins Zettelchaos führten?

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Söder passt nicht, dass Spahn die Rückkehrer-Testpflicht zurücknehmen will

Söder mag bei sich keine Verantwortung sehen. Wenn jetzt im Studio gleich ein Scheinwerfer ausfalle, gebe ja auch keiner der Moderatorin die Schuld. Doch Maischberger lässt den Vergleich nicht gelten: Ihre Leute wüssten seit zehn Tagen vom Termin dieser Sendung.

Tatsächlich sind alle hineingestolpert. Im Nachhinein klagen jetzt Ministerpräsidenten wie Manuela Schwesig (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern, es habe keine bundeseinheitliche Strategie gegeben. Das stimmt. Die meisten Länderchefs starrten aber auch nur auf die eigenen Urlaubsregionen. Insofern war Söders Bayern wirklich eine Ausnahme, wo schon alle Rückkehrer getestet wurden, bevor Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor zwei Wochen Testpflicht für Urlauber aus Risikogebieten anordnete.

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Dass Spahn die Pflicht jetzt zurücknehmen will, weil Laboren das Testmaterial auszugehen droht, passt Söder gar nicht. Man könne doch nicht dauernd „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“, raunzt er vor der Kanzler-Runde im ZDF-Morgenmagazin. Und Quarantäne- statt Testpflicht funktioniere nicht.

„So richtig durchdacht scheint das nicht zu sein.“ Doch Spahns Plan setzt sich durch, bei verschärfter Quarantänepflicht. Söder als amtierender Chef der Länderchefs zeigt sich leidlich zufrieden, man habe einen gemeinsamen Pfad gefunden. Das Bild passt: Sehr breit ist ein Pfad nicht.

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