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Bundesfinanzminister Christian Lindner im Mai 2022. Damals sprach er auch das Grußwort für die BBBank.

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„Wir haben nichts hinzuzufügen“ : Finanzministerium behindert Aufklärung über Lindners Grußwort

Eine Behörde schuldet Antworten auf Fragen zu ihrem Handeln. Und Wolfgang Kubicki fordert gar den Rücktritt der Berliner Justizsenatorin.

Die BBBank, ehemals „Badische Beamtenbank“ ist nach eigenen Angaben eine der größten Genossenschaftsbanken Deutschlands und stolz auf ihre Tradition.

Deshalb sollte bei ihrer Vertreterversammlung zur Feier des 100-jährigen Bestehens im Mai 2022 ein prominenter Gewährsmann sprechen: Christian Lindner, FDP-Chef und damals erst ein paar Monate im Amt als Bundesfinanzminister. Gegen Honorar hatte er die Bank schon häufiger gepriesen. Jetzt sollte es ein – kostenloser – Minister-Auftritt sein.

Den gab es nicht, jedenfalls nicht in Person. Stattdessen ein Video-Grußwort, das Lindner jetzt in Schwierigkeiten bringt. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft prüft, ob sie mit Blick auf Lindners Abgeordneten-Immunität beim Bundestag ein Ermittlungsverfahren wegen strafbarer Vorteilsannahme anmelden soll. Anlass sind Privatkredite der BBBank an Lindner, die in einem strafbaren Zusammenhang mit der – dienstlichen – Videobotschaft stehen könnten.

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„Das müssen andere bewerten“, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil

Der Antikorruptionsverein Transparency International begrüßt den Schritt: „Der Rechtsstaat muss auch und gerade bei einem Minister kritisch hinschauen“. Die Reaktionen aus der Politik sind verhalten, die Ampel hat genug Probleme. SPD-Chef Lars Klingbeil fiel zu dem Vorgang der Satz ein: „Das müssen andere bewerten“.

Sollte sich nun ein Zusammenhang zwischen dem Kredit für die Privatperson Lindner und dem (...) Grußwort des Bundesfinanzministers Lindner herausstellen, werden die Beteiligten in große Bedrängnis geraten.

Der Antikorruptionsverein Transparency International in einer Stellungnahme

Der Finanzminister selbst sieht die Vorfeldermittlungen „mit Gelassenheit“. Sein Parteifreund Wolfgang Kubicki schießt zurück: Er fordert den Rücktritt der Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) wegen angeblicher Persönlichkeitsverletzung Lindners. Der Politiker geht offenbar davon aus, die Nachricht gehöre nicht in die Öffentlichkeit und sei durchgestochen worden.

Was genau verlangte die Bank von Lindner?

Das ist nachweislich falsch. Vielmehr ist die zuständige Staatsanwaltschaft ihrer Rechtspflicht nachgekommen, in transparenter Weise Recherche-Anfragen des Tagesspiegels zu beantworten. Anders als das Bundesfinanzministerium, das Auskünfte zur nötigen Aufklärung des Sachverhalts seit Wochen verweigert.

Dazu gehört bereits der Umstand, was genau die BBBank von Lindner verlangt hatte. Sollte er selbst erscheinen? Oder nur per Video sprechen? Das Ministerium sagt dazu nichts.

Lindners Anwalt erklärt: „Die Gewährung eines kurzen Grußworts zu Jubiläen wie dem hundertjährigen Bestehen einer Bank gehört zur regulären Amtsführung eines Ministers“.

Wirklich? Das Finanzministerium verweigert die angeforderte vollständige Übersicht darüber, für welche Banken oder sonstige privatwirtschaftliche Firmen Lindner seit Beginn seiner Amtszeit derartige Botschaften eingesprochen hat. Stattdessen wird „beispielsweise“ auf den Neujahrsempfang der Deutschen Bank 2022 verwiesen, bei dem Lindner geredet habe oder ein Videogrußwort aus dem folgenden Mai für die Kapitalmarktkonferenz der DZ Bank.

Einzuordnen, ob Lindners Jubiläumsrede für die BBBank einen eher gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Vorgang in einem Bundesfinanzministerium darstellt, fällt damit schwer. Instruktiv sind die Beispiele dennoch: Die Deutsche Bank, für die Minister Lindner ebenfalls verfügbar war, ist mit einer Bilanzsumme von weit mehr als einer Billion Euro die mit Abstand größte Bank der Bundesrepublik, die DZ Bank folgt auf Platz zwei mit über 600 Milliarden Euro.

Die Commerzbank, für die der damalige Finanzminister Olaf Scholz 2020 laut Ministerium ein Grußwort zum 150-jährigen Bestehen gesprochen haben soll, das dem von Lindner für die BBBank „ähnlich“ sei, liegt auf Platz vier.

Das von Lindner gepriesene Kreditinstitut mit seiner Bilanzsumme von knapp 16 Milliarden landet in diesem Ranking aktuell auf Platz 56. Und die fünf größten Genossenschaftsbanken – wenn es die BBBank als eine große zu würdigen gälte – schaffen es immerhin sämtlich über die 50-Milliarden-Schwelle.

Lindner gratulierte zum großen Jubiläum einer kleinen Bank

Lindner gratulierte folglich zum großen Jubiläum einer vergleichsweise kleinen Bank. Offenkundig zu Entlastung des Chefs teilt sein Ministerium mit: „Der Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, hat ebenfalls eine Grußbotschaft eingesprochen.“ Nun, Karlsruhe ist der Sitz der Bank.

56
ist der Platz der BBBank auf der Liste der größten deutschen Banken

Ein weiterer wichtiger Aspekt, zu dem das Ministerium Auskünfte schuldet, ist der interne Umgang mit den – mindestens bei Lindner persönlich vorhandenen – Kenntnissen um den Millionenkredit, als das Grußwort aufgezeichnet wurde. Hat er Beteiligten davon Mitteilung gemacht, einen Vermerk angelegt? Wahrscheinlich nicht. Hilfreich gewesen wäre es aber. Es immunisiert gegen Kritik, man habe etwas unter der Decke halten wollen.

Wenn es keinen solchen Vermerk gibt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine „Abfrage präsenten dienstlichen Wissens“ unter den behördlich Zuständigen durchzuführen, um den Auskunftspflichten eines Bundesministeriums genüge zu tun. Und zuständig ist hier, neben anderen, der Minister selbst. Wie es aussieht, wurde die nötige Abfrage im Finanzministerium aber von vornherein unterlassen. Auf Anweisung des Ministers oder in Absprache mit ihm?

Auch das wäre aufklärungsbedürftig, wie vieles in diesem Fall. Statt weiterer Informationen übersendet das Bundesfinanzministerium einen Satz, den alle Hauptstadt-Journalisten kennen und den Regierungsbehörden stets übersenden, wenn sie verheimlichen möchten, was sie mitteilen müssten: „Im Übrigen verweisen wir auf unsere bisherigen Antworten und haben nichts hinzuzufügen.“

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