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Die deutsche Außenministerin: Annalena Baerbock (Grüne).

© John MACDOUGALL /AFP

„Wir brauchen weiter Gas aus Russland“: Baerbock warnt vor Volksaufständen bei Lieferstopp

Die Außenministerin spricht „etwas überspitzt“ von möglichen Unruhen. Aber Deutschland könne dann „keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten“.

Außenministerin Annalena Baerbock hat vor möglichen innenpolitischen Folgen eines Gaslieferstopps gewarnt – ihre Äußerung anschließend aber als bewusste Zuspitzung bezeichnet. Die Grünen-Politikerin betonte am Mittwochabend in Hannover bei der Veranstaltungsreihe „RND vor Ort“ des Redaktionsnetzwerks Deutschland die Notwendigkeit russischer Gaslieferungen.

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Die Aussage Baerbocks bezog sich auf Gespräche mit Kanada, wo eine Gasturbine für die Pipeline Nord Stream 1 gewartet wurde. Mittlerweile ist sie wieder auf dem Weg zurück nach Russland.

In den Gesprächen ging es um die Einhaltung von Sanktionen gegen Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Denn aufgrund der Strafmaßnahmen war es dem Hersteller Siemens Energy nicht erlaubt, die Turbine wieder nach Russland zu liefern. Dafür war eine Ausnahmegenehmigung der kanadischen Regierung nötig.

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„Wenn wir die Gasturbine nicht bekommen, dann bekommen wir kein Gas mehr, und dann können wir überhaupt keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten, weil wir dann mit Volksaufständen beschäftigt sind“, rekonstruierte Baerbock die Verhandlungen mit Kanada im RND-Gespräch. Dabei sprach sie auch die Belastung durch die hohen Gaspreise für die Bevölkerung an.

Auch wenn ihr Satz „etwas überspitzt“ formuliert war, brauche man doch weiter Gas aus Russland, sagte Baerbock. „Auftrag der Bundesregierung ist es, die sozialen Konsequenzen abzufedern“, erklärte sie weiter.

Füllstände der deutschen Gasspeicher
Füllstände der deutschen Gasspeicher

© Tagesspiegel

Danach gefragt, wie sie ihre Äußerungen genau gemeint habe, sagte Baerbock am Donnerstag bei einem Besuch in Barleben in Sachsen-Anhalt: „Ich habe es bewusst sehr zugespitzt formuliert.“

Sie habe verdeutlichen wollen, warum Deutschland sich gegen ein Komplettembargo für Gas und Öl aus Russland ausgesprochen habe, während andere für ein solches Embargo als Konsequenz des russischen Angriffs auf die Ukraine gewesen seien.

Man hätte den Menschen in so einem Fall dann „von einem Tag auf den anderen“ sagen müssen, dass es kein Gas mehr gebe und das ohne Alternativen, sagte Baerbock. „Das haben wir offensichtlich nicht für den richtigen, für den sicheren Weg gehalten.“

Trotzdem zeigte sich die Außenministerin überzeugt, dass die Hilfsbereitschaft für die Ukraine in Deutschland anhalten wird. „Ich erlebe eine Solidarität in diesem Land, die unvorstellbar ist“, sagte sie auf der Veranstaltung des RND.

[Lesen Sie außerdem zu diesem Thema: Russische Drohungen beim Gas: Ein Liefer-Aus für Europa könnte auch Gazprom in Bedrängnis bringen (T+)]

Nach der Wartung von Nord Stream 1 ist die Gaslieferung durch die deutsch-russische Gaspipeline am Donnerstagmorgen wieder angelaufen. Nord Stream teilte am Vormittag dann offiziell mit, man habe „alle geplanten Wartungsarbeiten innerhalb des vorgesehenen Zeitraums erfolgreich abgeschlossen“.

Zudem zeigte sich Baerbock irritiert über Äußerungen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zum Ukraine-Krieg. Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich entschieden, einen völkerrechtswidrigen Krieg vom Zaun zu brechen, der nicht nur dem ukrainischen, sondern auch dem russischen Volk schade, sagte Baerbock. „Wir haben es hier mit keiner rational handelnden Regierung zu tun.“

Baerbock sagte weiter: „Die Aussagen verwundern mich etwas, denn weder die deutsche Bundesregierung noch irgendein anderes Land in Europa wollten je wieder Krieg auf diesem Kontinent haben.“

Kretschmer hatte am Dienstag gefordert, es müsse gemeinsam versucht werden, auf Putin „einzuwirken“.

Baerbock verwies darauf, dass Deutschland und zahlreiche andere Staaten immer wieder versucht hätten, mit Russland im Gespräch zu bleiben. „Da sagt ein Ministerpräsident, 'redet doch mal', obwohl der Bundeskanzler mehrfach mit dem russischen Präsidenten telefoniert hat und der UN-Generalsekretär in Moskau war“, kritisierte sie.

„Der russische Präsident möchte in diesem Moment nicht reden, alles was er möchte, ist Leid und Krieg über die Ukraine zu bringen", sagte die Außenministerin. Kretschmer hatte zudem gefordert, Deutschland müsse dafür eintreten, dass dieser Krieg „eingefroren wird“. Baerbock sagte dazu: „Ich weiß nicht, was das bedeuten soll.“ (Tsp mit Agenturen)

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