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Kirchenmitglieder stellen sich in Rochester zwischen „Black Lives Matter“-Demonstranten und die Polizei.

© Michael M. Santiago/AFP

Afroamerikaner starb nach Polizeieinsatz: Wie Kirchenmitglieder die Proteste in Rochester deeskalierten

In Rochester verschärften sich die Proteste, weil ein Afroamerikaner nach einem Polizeieinsatz gestorben war. Bis einige Kirchenmitglieder auf eine Idee kamen.

Die Entwicklungen in Rochester sind ein Lichtblick. Während in vielen US-Städten die Auseinandersetzungen zwischen „Black Lives Matter“-Demonstranten und der Polizei sowie rechtsextremen Gruppen weiter eskalieren, hat sich die Lage in der 200.000-Einwohner-Stadt im Bundesstaat New York tatsächlich vorübergehend beruhigt.

Der Dienstag war der dritte Tag in Folge, an dem es keine gewaltsamen Zusammenstöße gab. Verantwortlich dafür sind Kirchenmitglieder, die sich mit dem Mute der Verzweiflung dazwischen stellten – noch bevor der Protest für Bewegung auf politischer Ebene gesorgt hat.

Am Dienstag (Ortszeit) hat Rochesters demokratische Bürgermeisterin Lovely Warren den Rücktritt von Polizeichef La'Ron Singletary angekündigt. Diesen hatten die Demonstranten gefordert, da sie Warren und La'Ron Singletary vorwerfen, das kriminelle Fehlverhalten der Polizei im Fall Daniel Prude zu vertuschen.

Tagelang hatten sich Demonstranten mit Helmen und Schildern mit der Polizei heftige Auseinandersetzungen in Rochester geliefert. Auslöser war die Veröffentlichung von Videomaterial in der vergangenen Woche, das die Festnahme des Afroamerikaners Prude während eines Polizeieinsatzes im März zeigt. Bis dahin waren die Aufnahmen von der Körperkamera eines der Polizisten nicht an die Öffentlichkeit geraten.

Afroamerikaner Prude starb infolge eines Polizeieinsatzes

Die Einsatzkräfte hatten dem nackten, geistig verwirrten Prude eine Spuckschutzhaube aufgesetzt und ihn mit Gewalt auf den Boden gedrückt. Prude verlor das Bewusstsein und starb eine Woche später an den Folgen des Einsatzes.

Daraufhin waren sieben Polizisten, die am Einsatz gegen Prude beteiligt waren, suspendiert worden. Auch das konnte die Lage nicht beruhigen. Das schafften erst Freiwillige der „Spiritus Christi Church“ am Sonntag.

Sie stellen sich als menschliche Puffer zwischen Polizei und Demonstranten. Dass es anschließend ruhig blieb und beide Seiten sich nicht näherten, führten Bürgermeisterin Warren und das örtliche Polizeibüro auf die Aktion zurück.

„Wir können von keinen Festnahmen berichten“, gab die Polizeibehörde am Sonntagabend bekannt und dankte „einer Gruppe von Gemeindeältesten dafür, dass sie für die Sicherheit des Protests gesorgt haben und es möglich gemacht haben, dass die Stimme aller gehört werden konnte“.

Bürgermeisterin Warren sagte: „Gestern Abend hat die Welt den wahren Geist von Rochester gesehen. Mehr als 1000 Menschen kamen solidarisch zusammen, um Daniel Prude zu gedenken und darauf aufmerksam zu machen, dass wir eine Veränderung brauchen, um strukturellen und institutionalisierten Rassismus zu überwinden.“

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In Portland beispielsweise ist die Lage eine gänzlich andere: Mehr als 1000 Anhänger von US-Präsident Donald Trump, die sich teilweise mit rechtsextremen Gruppen zusammengetan haben, sorgen für neue Spannungen. Hunderte Autos, Trucks, Traktoren, Motorräder und sogar ein Transporter machten sich auf den Weg nach Portland. Das berichtet die „Washington Post“.

Einige Mitglieder des Demonstrationszuges machten einen 50 Kilometer langen Abstecher nach Salem, wo sie sich vor dem Rathaus versammelten. Mit Gewehren, Pistolen, Messern und Knüppeln bewaffnet, stürmten diese Demonstranten dort auf eine eine kleinere Gruppe von Gegendemonstranten zu und schlugen mindestens einen von diesen zu Boden.

Die Organisatoren des Demonstrationszuges sagten, dass sie Unterstützung für den Präsidenten zeigen wollten. In Portland kam es in den vergangenen Wochen bereits mehrfach zu schweren Ausschreitungen zwischen „Black Lives Matter“-Demonstranten und Gegendemonstranten, die für Trump auf die Straße gehen.

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Trotz solcher Fälle, die das Mitwirken seiner Anhänger zeigen, stellte Trump in einem Tweet eine gewagte Behauptung auf. Trump zufolge hängen die gewaltsamen Proteste in Rochester, Brooklyn und Portland damit zusammen, dass diese Gegenden von demokratischen Gouverneuren und Bürgermeistern regiert werden. Trump forderte, dass die lokale Polizei „Vergeltung“ üben sollte gegen Demonstranten, die Objekte nach ihnen werfen.

Rochesters Bürgermeisterin Warren wehrte sich dagegen. Sie drängte die Bürger dazu, die Aussagen Trumps zu ignorieren und warf dem US-Präsidenten vor, „Leute gegeneinander aufzuhetzen“, um seine eigenen politischen Ambitionen im Wahlkampf durchzusetzen. „Wir werden ihm nicht geben, was er will“, sagte Warren. „Wir werden weiter Anstand wahren und alles Wichtige tun, um Rochester und unsere Gemeinde zu unterstützen.“

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